search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

info18-3.jpg

 

Inhalt

 

Schwangerschaftserbrechen und Hyperemesis Gravidarum

Ch. Brezinka, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Innsbruck

Rund 70 - 80% aller Schwangeren verspüren in den ersten drei Monaten Unwohlsein mit Nausea und z.T. morgendlichem Erbrechen. Dieses Zustandsbild kann bei 0,5 - 1% der Schwangeren zu einer klinisch relevanten Hyperemesis Gravidarum führen. Die Ätiologie der gastrointestinalen Irritation in der Frühschwangerschaft ist unklar, man vermutet einen durch die Evolution entstandenen protektiven Mechanismus, durch den die Frau vermeidet, potentiell teratogene Nahrungsmittel aufzunehmen, bzw. in einer kritischen Zeit der geschwächten Immunabwehr potentiell kontaminierte Nahrungsmittel (vor allem Fleisch, Fisch und Eier) zu sich zu nehmen (1).

Eine wesentliche Rolle scheint das vom Embryo selbst produzierte humane Chorion-Gonadotropin (hCG) zu spielen: bei hohen hCG-Spiegeln in der Frühschwangerschaft, vor allem bei Molenschwangerschaften, bei Mehrlingen und bei Down-Syndrom wird häufig eine Neigung zu Hyperemesis beobachtet; auch scheint die Stimulation der mütterlichen Schilddrüse durch hCG in einer engen kausalen Verbindung mit Hyperemesis zu stehen.

Die klinisch relevante Hyperemesis gravidarum ist definiert als ElektrolytentgleisungExsikkose, Keton-Körper im Harn und ein Gewichtsverlust von mehr als 5% des Gewichtes vor der Schwangerschaft (2). Tritt in den ersten Wochen einer Schwangerschaft unstillbares Erbrechen mit Gewichtsverlust und Elektrolytentgleisung auf, so darf erst nach Ausschluss der wesentlichen Differentialdiagnosen (gastrointestinale und hepatobiliäre Erkrankungen sowie ZNS-Erkrankungen) auf eine Hyperemesis Gravidarum geschlossen und entsprechend therapiert werden. Eine ausgeprägte therapierefraktäre Hyperemesis kann zu einer Wernicke'schen Enzephalopathie führen, immer wieder finden sich auch heute noch Berichte von Schwangerschaften, die wegen Hyperemesis aus medizinischer Indikation abgebrochen wurden. Die tödlichen Verläufe von früher - die englische Schriftstellerin Charlotte Bronte starb 1855 an Hyperemesis Gravidarum - sieht man heute nicht mehr, das Krankheitsgefühl und der Verlust an Lebensfreude für die Schwangere sind aber auch bei leichten Verläufen nicht zu unterschätzen.

Medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft und hier vor allem in der auf Teratogen-Exposition besonders empfindlichen Phase der Organogenese von der 5. bis zur 10. Schwangerschaftswoche (3. bis 8. Woche nach Konzeption) sollte mit großer Zurückhaltung erfolgen. Seit der Thalidomid-Katastrophe Anfang der sechziger Jahre stehen die meisten Schwangeren der Medikamenteneinnahme in dieser Zeit sehr skeptisch gegenüber, mit Compliance-Problemen für eine konsequente Einnahme ist zu rechnen - auch bei rational verschriebenen, sicher nicht teratogenen Medikamenten.

Bereits bei erstem Auftreten von Symptomatik (einmal Erbrechen am Tag, ständiges Gefühl von Nausea) sollte die Schwangere beraten werden, ihre Ernährung umzustellen: Häufig über den Tag verteilt kleine Mahlzeiten, Einschränkung von Kaffee, Tee, kohlensäurehaltigen Getränken, Sistieren der Einnahme von Eisen-Tabletten.

Zur Therapie des Schwangerschaftserbrechens und der Hyperemesis stehen eine große Anzahl Medikamente zur Verfügung (siehe 3), dazu noch die Akupunktur und Akupressur.

Antihistaminika:
Am meisten verwendet werden die klassischen älteren Antiemetika, bei denen es nach jahrzehntelanger Anwendung gute Belege für die Wirksamkeit und keinen Hinweis auf Teratogenität gibt (3). In den USA gab es eine jahrelange Diskussion über die potentielle Teratogenität von Bendectin, einer Kombination aus dem Antihistaminikum Doxylamin mit Vitamin B6. Mittlerweile kann mit größter Sicherheit festgestellt werden, dass Dimenhydrinat, Doxylamin, Meclozin und Cyclizin keine teratogenen Wirkungen ausüben (4).

In Österreich registrierte Präparate sind: Dimenhydrinat (Vertirosan, plus B6: Vertirosan Vitamin B6), Meclozin (plus B6Contravert B6) und Cyclizin (Echnatol, plus B6Echnatol B6). Ein Teil der Präparate ist mit Vitamin B6 (Pyridoxin) kombiniert, wobei ein signifikanter Nutzen dieses Zusatzes nie schlüssig erwiesen werden konnte. Andererseits bringt ein Vitamin B6-Zusatz auch kein Risiko für die Schwangerschaft.
Diesen Medikamenten gemeinsam ist, dass sie, offensichtlich als juridische Absicherung der Firmen, laut Fachinformation in der Schwangerschaft nicht verwendet werden dürfen, einzige Ausnahme ist das Meclozin-Präparat Contravert B6.

Die angeführten Antihistaminika wirken stark sedierend, die damit behandelten Schwangeren werden müde, antriebslos und appetitlos, was wiederum einen vernünftigen Kostaufbau erschwert. Vor dem Lenken von Kraftfahrzeugen ist bei der Verschreibung ausdrücklich zu warnen.
Auch Phenothiazine haben eine antiemetische Wirkung, wobei diese teils über eine anti-Histamin-Wirkung (insbesondere Promethazin), aber auch über einen Dopamin-Rezeptoren-Antagonismus wirken. Bei schwerem Schwangerschaftserbrechen ist ihre Wirkung belegt (3), wobei bei starkem Erbrechen die parenterale Verabreichung günstig ist. In Tablettenform sind in Österreich Perphenazin (Decentan) und Triflupromazin (Psyquil) auf dem Markt. Auch für Phenothiazine scheint die Sicherheit in der Schwangerschaft etabliert.
Metoclopramid
: Es gibt nur eine nicht-randomisierte retrospektive Studie, die für eine potentielle Wirkung von Metoclopramid (Gastrosil, Metogastron, Paspertin) in der Behandlung der Hyperemesis spricht: dabei erhielten 646 Schwangere Metoclopramid, das sie mittels eines tragbaren Pump-Systems, bei dem sie selbst die Dosis regulieren konnten, subkutan verabreicht bekamen. 64% der Frauen waren innerhalb kurzer Zeit beschwerdefrei, ein Drittel berichtete von Nebenwirkungen, die durchwegs leicht waren (5). Eine nicht-geblindete Studie erlaubt bei einer zu erwartenden hohen Placeboreaktion aber keine Rückschlüsse auf die Wirkung. Daten zur Sicherheit sind limitiert, es wurden aber keine Hinweise auf Fehlbildungen beobachtet (3).

Serotonin-Rezeptor-Antagonisten:
Für Ondansetron (Zofran) liegt nur eine preliminäre Studie im Vergleich mit dem Phenothiazin Promethazin vor. Es wurde kein Unterschied gefunden, allerdings war keine Placebogruppe inkludiert, sodass eine antiemetische Wirkung bei Hyperemesis nicht gesichert ist (2). In reproduktionstoxikologischen Studien an Nagern zeigte sich auch in hohen Dosen kein teratogener Effekt, am Menschen sind bezüglich der Sicherheit noch nicht genügend Daten vorhanden (3). Noch weniger Erfahrungen liegen zu den anderen 5-HT3-Antagonisten vor (3).

Benzodiazepine:
In einer Studie an Frauen mit schwerer Hyperemesis, die stationär behandelt wurden und eine Infusionstherapie mit Vitaminzusatz bekamen, zeigte sich bei der Gruppe, die zweimal täglich 10mg Diazepam (Gewacalm, Psychopax, Stesolid, Umbrium, Valium) in die Infusion bekam, eine signifikante Reduktion der Nausea, während Erbrechen in der Gruppe mit oder ohne Diazepam sich nicht unterschied. Die Frauen, die Diazepam in der Infusion hatten, konnten früher entlassen werden und wurden weniger häufig wieder stationär aufgenommen (6). Von Diazepam sind keine teratogenen Wirkungen bekannt, dennoch gibt diese Studie keine Rechtfertigung für einen routinemäßigen Einsatz von Benzodiazepinen bei Schwangerschaftserbrechen.

Kortison:
Seit 50 Jahren wird Kortison zur Therapie der Hyperemesis Gravidarum verwendet. Die bei Ratten beobachtete Häufung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten des Nachwuchses bei Glukokortikoid-Behandlung des Muttertieres scheint spezies-spezifisch zu sein, beim Menschen wurden diese Beobachtungen nicht bestätigt. Aus der umfangreichen Erfahrung mit der systemischen Kortison-Behandlung Schwangerer mit z.B. Autoimmunerkrankungen weiß man, dass es bei einer Dauertherapie zwar nicht zu Fehlbildungen, aber zur fetalen Wachstumsretardierung kommen kann (7).
Eine rezente Doppelblindstudie (8) kam zu dem Ergebnis, dass Frauen, deren Hyperemesis Gravidarum mit Kortison behandelt wurde, zwar ein besseres subjektives Wohlbefinden, verbesserten Appetit und eine Gewichtszunahme zeigten, aber nur einen Trend zu reduziertem Erbrechen. Auch eine zweite Studie mit nur kleinen Patientinnenzahlen zeigte nur Daten im statistischen Grenzbereich (9).

Ingwer:
Ein Extrakt aus dem Wurzelknollen (Rhizomen) des Zingiber officinale (siehe auch Pharmainfo VIII/2/1993) wird in der chinesischen und indischen Medizin seit Jahrtausenden für unterschiedliche Indikationsstellungen, u.a. auch bei Erbrechen, verwendet. In Europa vom Mittelalter an weit verbreitet, findet er sich als Bestandteil eines "gar guten Magenpulvers" und eines "guten Pulvers für den Schwindel" im Rezeptbuch der Tiroler Landesfürstin Philippine Welser (1527-1580). In verschiedenen Formen gegen See- und Reisekrankheit verwendet, erfreut er sich als pflanzliches Heilmittel einer steigenden Popularität bei der Behandlung des Schwangerschaftserbrechens. In einer soeben erschienenen randomisierten Doppelblindstudie in Thailand wurde 70 Frauen mit Schwangerschaftserbrechen über 4 Tage entweder frische zerkleinerte Ingwerwurzel oder ein Placebo gegeben. Signifikant mehr Frauen der Ingwer-Gruppe berichteten von einer deutlichen Besserung ihrer Symptome (10). Es fällt auf, dass in einigen naturheilkundlichen Web-Seiten ausdrücklich vor der Einnahme von Ingwer in der Schwangerschaft gewarnt wird, da dieser angeblich Wehen auslöse. Von einer völligen Gefahrlosigkeit des Ingwer in der Schwangerschaft kann nicht ausgegangen werden, zumal der eigentliche Wirkmechanismus unklar ist und die Darreichungsformen von frischen Wurzeln zum Kauen bis zum Tee aus getrockneten geriebenen Wurzeln enorm variieren. Zurückhaltung ist daher bei Ingwer derzeit geboten.

Akupunktur:
Auch die chinesische Medizin kennt Kombinationen bestimmter Akupunkturpunkte, die gegen Schwangerschaftserbrechen wirken sollen. In einer Studie einer englischen Arbeitsgruppe wurden 55 Frauen mit Schwangerschaftserbrechen entweder mit Nadeln an den korrekten Punkten akupunktiert oder wahllos mit einem Cocktail-Spießchen gestochen. In beiden Behandlungsgruppen kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome im Lauf der Behandlung. Offenbar hatte das Gefühl, ernst genommen zu werden, die Möglichkeit, mit einem geduldigen Zuhörer ausführlich über die eigenen Beschwerden zu reden, eine ganz wesentliche Wirkung (11). In einer weiteren Studie mit Akupressur (Seabands) wurden in der Gruppe von Seabands mit Akupressur-Punkten bessere Resultate als mit Seabands ohne Druckpunkte gefunden (12).
Dies zeigt einen zentralen Aspekt aller Studien über die Therapie von Schwangerschaftserbrechen: während bei der schweren Hyperemesis mit Ketonurie und Elektrolytentgleisung nur intravenöse Rehydrierung begleitet von Pharmakotherapie Hilfe bringt, zeigt bei Nausea und weniger ausgeprägtem Erbrechen jeglicher Therapieansatz Erfolg - auch die Placebo-Gruppen weisen stets einen beachtlichen Anteil an Frauen mit Besserung der Symptome auf. Dies mag teilweise daran liegen, dass die Therapie erst zu einem Zeitpunkt in der Schwangerschaft begonnen wurde, zu dem die Nausea ohnehin physiologisch zurückging, andererseits hatte die Beschäftigung mit der Schwangeren, das Erklären des Studienkonzeptes, das Eingehen auf Fragen sicher eine positive Wirkung.

Therapieempfehlung:
Bei der seltenen schweren Hyperemesis Gravidarum steht die stationäre Rehydrierung und die Elektrolytsubstitution im Vordergrund (13). 
Kann die wesentlich häufigere Nausea in der Schwangerschaft nicht durch Umstellung der Eßgewohnheiten gebessert werden, so ist bei deutlicher Einschränkung der Befindlichkeit den Antihistaminika mit oder ohne Vitamin B6- Zusatz (z.B. Contravert B6) der Vorzug zu geben. Viele Patientinnen werden von den verängstigenden Warnhinweisen der Beipackzettel abgeschreckt sein; hier muss deutlich erklärt werden, dass in fast 50-jähriger Anwendung kein Zusammenhang mit kindlichen Fehlbildungen festgestellt werden konnte. Höchstens als Mittel zweiter Wahl kann Metoclopramid, dessen Wirksamkeit weniger belegt ist, angesehen werden. Bei schweren Fällen kommen Phenothiazine in Betracht. Die übrigen in dieser Übersicht beschriebenen Medikamente können nicht empfohlen werden. Akupressur und psychosomatische nicht-medikamentöse Ansätze können bei entsprechender Bereitschaft der Patientin angeboten werden, da sie zumindest einen starken Placeboeffekt auslösen. Zurückhaltung muss bei dem Naturheilmittel Ingwer empfohlen werden, da die Wirksubstanz unklar ist und die verwirrende Vielfalt der Darreichungsformen eine klare Empfehlung unmöglich macht.

Literatur:
(1) Q Rev Biol 75,113,2000
(2) Am J Obstet Gynecol 174,1565,1996
(3) Drugs 59,781,2000
(4) Am J Perinatol 14,119,1997
(5) J Perinatol 20,359,2000
(6) Gynecol Obstet Invest 48,232,1999
(7) Trends Endocrinol Metab 10,86,1999
(8) Br J Obstet Gynaecol 108,9,2001
(9) Obstet Gynecol 97,S45,2001
(10) Obstet Gynecol 97,577,2001
(11) Obstet Gynecol 97,184,2001
(12) J Obstet Gynecol Neonatal Nurs 30,61,2001
(13) Cochrane Database Syst Rev CD000145,2002

 

DHEA - Viel Lärm um nichts?

G. Daxenbichler, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Innsbruck,
in Beantwortung einer Anfrage von Dr. K. Hochgatterer, Perg.

DHEA (Dehydroepiandrosteron) und dessen Sulfatester DHEAS werden hauptsächlich in der Nebennierenrinde (NNR) synthetisiert und stellen die wichtigsten Vorstufen für aktive Östrogene und Androgene dar. Die Konzentration an DHEAS ist 250 500-mal höher als die des DHEA, was sich aus einer unterschiedlichen Clearance erklärt. Die Produktion von DHEA(S) steigt vor der Pubertät stark an, jedoch bereits mit 30 Jahren beginnt der Abfall der NNR-Produktion, kontinuierlich bis ins hohe Alter, um dann nur mehr 1/5 bis 1/10 des jugendlichen Wertes auszumachen (1). Der ständige Niedergang der DHEA(S)-Blutkonzentration wird als Ausdruck und von manchen auch als Ursache des generellen Alterungsprozesses verstanden. Während ersteres zutrifft, zumindest soweit, als eine eindeutige negative Korrelation mit dem Alter besteht, ist letzteres nur Spekulation (2). Darauf beruhend wurde eine weitere Spekulation geboren, dass nämlich die Substitutionstherapie mit DHEA im höheren Alter dem Altern entgegenwirken, ja dieses sogar rückgängig machen sollte. Obzwar dafür keine Beweise vorliegen, wird die Substanz DHEA weltweit tonnenweise konsumiert, allein aus dem Glauben an Obiges heraus. Die Beschaffung der in Europa rezeptpflichtigen Substanz wurde in den USA durch ein Gesetz erleichtert, welches DHEA als Nahrungsmittelergänzung deklariert und somit seinen unkontrollierten Verkauf gestattet. Somit ist die Kontrolle der Qualität und des Gehalts der verschiedenen Präparationen nicht mehr gegeben. Mehrere getestete Präparate enthielten zwischen 0 und 130% des angegebenen Wertes an DHEA. Das Internet stellt auch in Ländern, wo DHEA verschreibungspflichtig ist, einen einfachen Zugang zu DHEA dar. Auf diese Art und weil pharmazeutische Firmen die Substanz nicht patentieren und somit nicht entsprechend vermarkten können, ist das Thema DHEA-Substitution zusehends der wissenschaftlichen Medizin entglitten und in die Hände unseriöser Geschäftemacher übergegangen.

 

Präparate für die DHEA-Substitution

  • Diverse DHEA-Präparate, auch via Internet erhältlich. Der DHEA-Gehalt variiert zwischen 0 und 130% des angegebenen Wertes. 
  • Gynodian Depot (4mg Östradiolvalerat + 200mg DHEA Enantat)

 

Wirkung auf das Endokrinium

50mg/d erhöhen in älteren Personen mit NNR-Unterfunktion die DHEA- und DHEAS-Werte auf Werte von jüngeren Menschen (d.h. auf das 3-5-fache: 3).
Das Testosteron bei älteren Frauen steigt auf ca. das Doppelte, i.e. um ca. 0.3 ng/ml. Ein Anstieg um 0.3 ng/ml fällt beim Mann mit seinen ca. 10-fach höheren Ausgangswerten gar nicht auf. Androstendion und Abbauprodukte von Androgenen, wie Androsteronsulfat und Androstandiolglucuronid, steigen an, bei der Frau bis auf 100% über den Ausgangswert. Dies spiegelt eine erhöhte Androgenwirkung in den Zielorganen wider (4). Östradiol zeigt keine Veränderung oder nur einen schwachen Anstieg, weitere Östrogenfraktionen wie Östronsulfat steigen um ca. 30-50% an, sowohl beim Mann als auch bei der Frau.
Obwohl man die Serum- und Harnkonzentration bezüglich ihrer Bedeutung für den parakrinen Hormonwirkungsmechanismus nur schwer deuten kann, scheint sich doch die DHEA-Substitution bei NNR-Unterfunktion hauptsächlich in einer gesteigerten androgenen Wirkung zu äußern. Die Tatsache, dass das Endometrium unter DHEA-Therapie atroph bleibt, ist ein klarer Hinweis, dass die Gesamt-Östrogenaktivität im Blut, zumindest bei postmenopausalen Frauen, nicht nennenswert erhöht wird (5).

 

Wirkung auf den Knochenumsatz

In zwei kleinen und unkontrollierten Studien wurde über eine Erhöhung der Knochendichte berichtet (5,6), während in einer placebo-kontrollierten Studie (7) ein Effekt nur bei Frauen und dort nur in einem Teil der Parameter zu beobachten war. Diese Daten sind unzureichend, um einen klinisch relevanten Effekt zu belegen, insbesondere da bezüglich Frakturen keine Untersuchungen vorliegen.

 

Einfluss auf die Befindlichkeit

Nur bei Patientinnen mit Nebenniereninsuffizienz konnte in placebo-kontrollierten randomisierten Studien eine signifikante Verbesserung des Wohlbefindens gefunden werden, allerdings frühestens 3 Monate nach Beginn der DHEA-Therapie (50mg/d: 8,9). Mit der Hälfte dieser Dosis konnte kein Effekt beobachtet werden (10). Bei Männern und bei Frauen ohne NNR-Insuffizienz sind günstige Effekte nicht belegt (11,12,13). Auch eine eindeutige Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit konnte nicht (14) bzw. nicht einwandfrei (15,16) erwiesen werden.
In drei Doppelblindstudien (13,17,18) wurde kein wesentlicher Effekt auf das Sexualverhalten gefunden, nur in einer Studie mit kleiner Patientenzahl und an die 30% Ausfällen wurde bezüglich erektiler Leistung ein positiver Einfluss des DHEA beschrieben (19).

 

Weitere Wirkungen

Für zahlreiche weitere Erkrankungen, wie Diabetes, Fettsucht, kardiovaskuläre Erkrankungen, Altersbeschwerden etc. wurden positive Effekte behauptet, aber nicht bewiesen. Ebenso konnte eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten sowie von Alzheimer-Beschwerden durch DHEA nicht gefunden werden (20,21). 
Eine Placebo-kontrollierte Studie an einer großen Zahl von Patienten/innen mit aktivem Lupus erythematodes ermöglichte in einer Subgruppe von Patienten/innen eine Reduktion der Kortikoiddosis (22). Weitere Studien sind notwendig.

 

Nebenwirkungen

Insgesamt gibt es keine bis nur geringfügige, direkt feststellbare Nebenwirkungen. Dazu zählen leichte Androgenisierungserscheinungen an der Haut, wie Seborrhoe oder leicht verstärkte Aknebildung (7,9).
Die Kardinalfrage, ob sich die DHEA-Therapie auf das Brustkrebsrisiko auswirkt, bleibt vorerst unbeantwortet. Kontrollierte Studien mit längerer Beobachtungszeit und entsprechend großer Probandinnenzahl wurden bis jetzt nicht durchgeführt. Englische Autoren, welche mehrere prospektive Studien auf den Zusammenhang zwischen Sexualsteroiden sowie deren Präkursoren und dem Mammakarzinomrisiko hin untersuchten, fanden, dass erhöhte Serumwerte mit einem erhöhten Risiko verbunden waren (23). Auch wenn diese Daten keine Beweiskraft haben, sind sie doch in einer Kosten/Nutzen-Bewertung zu berücksichtigen.

 

Zusammenfassung

Bei Nebenniereninsuffizienz kann neben der Gluko- und Mineralokortikoid-Substitution eine zusätzliche Gabe von DHEA (50mg/d) in verschiedener Hinsicht vorteilhaft sein (8). Ein Nutzen für andere Indikationen ist nicht ausreichend belegt. Ein erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen (z.B. Brustkrebs) ist zumindest nicht auszuschließen. Dies ergibt eine eindeutig negative Nutzen/Risiko-Bewertung. Gleiches gilt auch für das PräparatGynodian Depot, das für Ausfallserscheinungen im Klimakterium empfohlen wird. Für diese Indikation (Bewertung: siehe Pharmainfo XVII/3/2002) ist eine Östrogentherapie (zumeist mit Gestagenzusatz) derzeit vorzuziehen.


Literatur:
(1) J Endocrinol 163,1,1999 
(2) J Clin Endocrinol Metab 81,59,1996
(3) J Clin Endocrinol Metab 83,1928,1998 
(4) J Clin Endocrinol Metab 82,2403,1997 
(5) J Clin Endocrinol Metab 82,3498,1997 
(6) Clin Endocrinol (Oxf) 53,561,2000 
(7) Proc Natl Acad Sci USA 97,427,2000
(8) NEJM 341,1013,1999 
(9) J Clin Endocrinol Metab 87,2046,2002 
(10) J Clin Endocrin Metab 88,1112,2003
(11) Prescr Int 11,118,2002
(12) Clin Obstet Gynecol 42,883,1999 
(13) J Clin Endocrinol Metab 86,4686,2001 
(14) Arch Intern Med 163,720,2003
(15) J Clin Endocrinol Metab 86,1968,2001
(16) Clin Endocrinol (Oxf) 49,421,1998 
(17) J Clin Endocrinol Metab 78,1360,1994
(18) J Clin Endocrinol Metab 84,1527,1999
(19) Adult Urology 53,590,1999
(20) Brain Res Rev 30,264,1999
(21) Neurology 60,1071,2003
(22)Arthritis Rheum 46,1820,2002
(23) J Natl Cancer Inst 94,606,2002

 

Nachtrag Antiemetika: Droperidol

Wir hatten berichtet (Pharmainfo XVIII/1/2003), dass Droperidol als Antiemetikum bei postoperativem Erbrechen wirksam ist, aber wegen kardialer Nebenwirkungen von der Erzeugerfirma vom Markt genommen wurde. Mag. G. Graninger (Feldkirch) hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass Dehydrobenzperidol (Droperidol) nun mit Lizenz einer anderen Firma in Österreich noch am Markt ist: Dehydrobenzperidol 5mg - Ampullen. Die Situation ist so: Droperidol kann zu QT-Verlängerungen führen und es kam in Folge davon zu Torsades de pointes Episoden und Todesfällen (Med Lett 44,53,2002). In den USA verlangte die FDA für Droperidol deshalb Warnhinweise, dass für Patienten/innen vor Droperidol-Gabe ein EKG durchgeführt und die Patienten/innen für 2 - 3 Stunden danach überwacht werden. Als Folge hat die zuständige Firma das Präparat weltweit zurückgezogen, eine andere Firma hat in Österreich jetzt die Zulassung für diese Substanz, allerdings nur für die Indikation Neuroleptanalgesie. Für diese Indikation dürfte das Risiko der seltenen Nebenwirkungen am Herzen bei Durchführung eines EKG kontrollierbar sein.
Für postoperatives Erbrechen dürfte bei den niedrigen verwendeten Dosen das Risiko gering sein (Med Lett 44,53,2002), eine EKG-Kontrolle dürfte auch möglich sein. Bei fehlender Zulassung für diese Indikation und Vorliegen alternativer Präparate (siehe Pharmainfo XVIII/1/2003) ist aber eine Verwendung problematisch.

 

Nachtrag: Magnesium bei Asthma bronchiale

Wir hatten zu diesem Punkt berichtet (Pharmainfo XVIII/1/2003), dass Magnesium (Mg) bei dieser Erkrankung "keinen gesicherten Effekt hat", allerdings auch, dass diese "negative Aussage nicht sicher belegt ist".
Univ.-Prof. Dr. P. Schenk, Intensivmediziner am AKH, Wien, schrieb uns dankenswerterweise einen Kommentar, in dem er Mg bei Asthma positiver beurteilt. Insbesondere zitiert er eine neuere Arbeit von Silverman et al. (1), die wir bei der damaligen Bewertung noch nicht berücksichtigt hatten.
Diese Arbeit, eine randomisierte Multicenter-Studie, untersuchte 248 Patienten/innen mit schwerem Asthma (FEV1<30%) und fand, dass i.v. Mg zusätzlich zu einem beta2-Sympathomimetikum Aerosol und zu i.v. Methylprednison zu einer Verbesserung des FEV1 führte. Diese Besserung war bei Patienten/innen mit einem FEV1 von weniger als 20% deutlich höher als bei Placebo, bei 20-25% weniger deutlich und bei 25-30% von Placebo nicht mehr zu unterscheiden. Allerdings wurde die Notwendigkeit zu einer stationären Aufnahme der Patienten/innen durch Mg in der Gesamtgruppe nicht verändert. Insgesamt dürfte diese Arbeit erklären, warum in früheren Einzelstudien an Patienten/innen mit unterschiedlich schwerem Asthma uneinheitliche Resultate, oder positive nur bei Subgruppen, erhalten wurden. Wir stimmen daher mit Prof. Schenk überein, dass diese nun vorliegende Datenlage einen positiven Effekt von i.v. Mg bei Asthma bronchiale, allerdings nur bei schweren, akuten Formen, belegt. Die klinische Relevanz dieser Aussage wird durch ein Kommentar von Rodrigo (2) zu dem obigen Artikel von Silverman et al. (1) wieder etwas relativiert. Dieser Autor betont, dass auch die Zugabe von anticholinergem Ipratropium als Aerosol (Atrovent) in obigem Therapieschema die klinischen Daten bei schwerem Asthma verbessert.
Weitere Studien müssen also klären, ob zusätzlich zu Sympathomimetika und Kortikosteroiden Magnesium und/oder Ipratropium die besten Resultate erbringen.

Literatur:
(1) Chest 122,489,2003
(2) Chest 123,1315,2003

 

Phenylpropanolamin und andere gefäßverengende Substanzen

Diese über α-Rezeptoren gefäßverengende und blutdrucksteigernde Substanz war in oralen Schnupfenmitteln (Contac Schnupfenkapseln, Rhinopront Saft) enthalten. In einer amerikanischen Studie (siehe Pharmainfo XVI/1/2001) wurde festgestellt, dass die Zugabe dieser Substanz das Schlaganfallrisiko erhöht. Erfreulicherweise sind nun in Österreich diese beiden Schnupfenmittel vom Markt genommen.

Allerdings finden sich Grippe- und Schnupfenmittel mit anderen blutdrucksteigernden Mitteln noch immer am Markt: mit Pseudoephedrin: Advil Cold Dragees, Aspirin Complex, Cirrus Diffucaps Kapseln, Clarinase Manteldragees, Clarinase Retard Dragees, Duact Kapseln, mit Etilefrin:Influbene und mit Phenylephrin: Neo Citran Pulver, Rhinopront Kapseln, Trimedil Dragees.

Diese oralen Präparate sollen die Gefäße in der Nase verengen und damit Schleimhaut-abschwellend wirken - offensichtlich bei oralen Mitteln nur zusammen mit einer generellen Gefäßverengung und damit Blutdrucksteigerung.

Für Pseudoephedrin, Etilefrin und Phenylephrin gibt es keine epidemiologischen Studien zum Schlaganfallrisiko wie für Phenylpropanolamin. Der Analogieschluss, dass alle diese blutdrucksteigernden Substanzen das Schlaganfallrisiko erhöhen, ist aber pharmakologisch sicherlich gerechtfertigt. In Abwesenheit von Studien werden die Firmen keinen Handlungsbedarf sehen. Sollte man aber nicht im Zweifelsfalle für den/die Patienten/in anstatt für den Umsatz entscheiden?

 

P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien

Montag, 25. August 2003

Pharmainformation

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

Peter-Mayr-Straße 1a
A-6020 Innbruck

Sie finden uns hier.

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

Peter-Mayr-Straße 1a
A-6020 Innbruck

Sie finden uns hier.