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Inhalt

 

Spezifische Serotoninwiederaufnahmehemmer

Wolfgang Fleischhacker (Univ.-Klinik für Psychiatrie, Innsbruck) 


Basierend auf der Serotoninmangelhypothese der Depression wurden in den letzten 10 Jahren Antidepressiva entwickelt, die spezifisch die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt in die präsynaptischen Nervenenden blockieren. Durch diesen Mechanismus erhöht sich die Verfügbarkeit von Serotonin am Rezeptor, das als depressiogen angesehene Serotonindefizit soll damit behoben werden. Beispielhaft für spezifische Serotoninwiederaufnahmehemmer (Specific-Serotonin-Reuptake-Inhibitors: SSRI's) sind die in Österreich eingeführten Präparate Citalopram (1: Seropram), Fluoxetin (2: Fluctine), Fluvoxamin (3: Floxyfral) und Paroxetin (Seroxat). Im folgenden soll versucht werden, eine Nutzen-Risiko-Analyse dieser Präparate vorzunehmen. Da es derzeit keinerlei konkrete Hinweise für unterschiedliche Wirkprofile oder wesentliche Vorteile einer Substanz aus dieser Gruppe gibt, werden die SSRI's als Gesamtheit diskutiert.Literaturhinweise sind hingegen jeweils meist nur für eine der angeführten Substanzen relevant. Das als Antidepressivum sicher am meisten untersuchte Medikament dieser Reihe ist Fluoxetin (1). Hier sind nach anfänglichen Therapiestudien mit höheren Dosen (bis zum 80 mg/d) eine Fülle von Untersuchungen mit einer täglichen Einmaldosis von 20 mg/d durchgeführt worden. Referenzsubstanzen waren üblicherweise Placebo, trizyklische Antidepressiva oder beides. Eine Zusammenschau der Literatur dokumentiert die Überlegenheit gegenüber Placebo sowie eine antidepressive Wirkung, die mit der von traditionellen Antidepressiva vergleichbar erscheint. Ebenso wird in vielen Studien eine Überlegenheit gegenüber trizyklischen Antidepressiva in Bezug auf die Nebenwirkungsinzidenz ausgewiesen. Insbesondere zeigen SSRI's keine anticholinergen Nebenwirkungen und keine nennenswerte Cardiotoxizität (4). Vier Punkte imponieren bei kritischer Durchsicht der Literatur:
1. Die Dosis der jeweils verwendeten Referenzantidepressiva ist üblicherweise im unteren Bereich der als Standard geltenden Dosierung für Antidepressiva (i.e. 150 mg Imipramin oder Äquivalent) angesiedelt. Dies könnte bedingen, daß in vergleichenden Studien nicht immer eine optimale Wirkung der trizyklischen Substanzen erzielt wird, dadurch würden auch weniger wirksame SSRI's eine mit Trizyklika vergleichbare Wirkung zeigen.
2. Für die vorliegenden Untersuchungen wurden zum Großteil Patienten mit höchstens mittelschweren depressiven Syndromen rekrutiert. Es wurden primär ambulante Patienten in diese Studien aufgenommen. Somit verfügen wir über relativ wenig Informationen die Wirksamkeit dieser Substanzen bei schwer depressiven Patienten betreffend.
3. Zwar ist es richtig, daß SSRI's gegenüber trizyklischen Antidepressiva große Vorteile in bezug auf anticholinerge und cardiotoxische Nebenwirkungen besitzen, dennoch zeigen sie eine relativ hohe Inzidenz von anderen Nebenwirkungen wie z.B. Übelkeit, Erbrechen, sowie Unruhe und akathisieähnliche Syndrome (5), die unter traditionellen Antidepressiva kaum beobachtet werden und für den Patienten subjektiv sehr unangenehm sind. Die anhand von einigen Fallberichten entflammte Diskussion über eine mögliche erhöhte Suizidgefahr im Rahmen der Behandlung mit Fluoxetin erscheint nach neuesten Berichten wohl eines sachlichen Fundaments zu entbehren (6).
4. Wir verfügen noch über viel zu wenig Information über die Langzeitwirkung der SSRI's und deren prophylaktischen Effekt (7). Hier muß der Vergleich mit trizyklischen Antidepressiva, deren phasenprophylaktische Wirkung gut dokumentiert ist, erst noch geführt werden.
Daraus ergeben sich nun folgende Konsequenzen: bei leichten und mittelschweren Depressionen haben SSRI's eine belegte Wirkung, sie haben außerdem gegenüber trizyklischen Antidepressiva sicher den Vorteil der generell besseren Verträglichkeit. Dies ist vor allem bei der Behandlung von Risikopatienten (ältere Menschen, Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen etc.) ein therapeutischer Fortschritt. In diesem Zusammenhang wäre es zu begrüßen, wenn im Zuge von Phase IV Studien die Effizienz dieser Medikamente in diesen schwierig zu behandelnden Patientengruppen noch besser untersucht würde.
Während die antidepressive Kurzzeitwirkung (bis zu 6 Wochen) der SSRI's recht gut dokumentiert ist, haben wir wenig Informationen über deren Langzeiteffekte, und zwar sowohl für erwünschte als auch unerwünschte Wirkungen. Es wird heute in der Depressionsbehandlung empfohlen, diese auch nach erfolgter Remission in etwa gleicher Dosierung noch 4 - 5 Monate fortzusetzen, um ein Wiederauftreten depressiver Symptome zu verhindern (8). Danach ist vor allem bei Patienten mit bipolaren Erkrankungen, aber auch bei unipolaren rezidivierenden Depressionen nach der zweiten Manifestation der Erkrankung eine Phasenprophylaxe angezeigt (9). Hier ist eine der therapeutischen Möglichkeiten ein Weiterführen der antidepressiven Therapie. Wird nun die depressive Phase initial mit einem SSRI behandelt, so ist zur Zeit noch nicht ausreichend untersucht, ob auch hier eine Weiterbehandlung mit derselben Substanz sinnvoll ist, wie dies für trizyklische Antidepressiva gut dokumentiert ist. Hier müßte allenfalls, besonders im Fall der Notwendigkeit einer Phasenprophylaxe, auf alternative Therapiestrategien (z.B. Lithiumsalze) umgestellt werden.
Am Rande sei noch angemerkt, daß derzeit verschiedenste andere Indikationen für SSRI's in der Kinder- und Erwachsenenpsychiatrie untersucht werden. Am meistversprechendsten sind hier die Ergebnisse bei zwangskranken Patienten (3), obwohl auch hier mit Clomipramin (Anafranil) ein Medikament aus dem Spektrum der trizyklischen Antidepressiva bereits zur Verfügung steht. 
Diese Antidepressiva der neuen Generation sind deutlich teurer als die klassischen Substanzen.

Zusammenfassung
Unter Berücksichtigung aller diskutierten Faktoren sollten SSRI's nur bei ausgewählten Patienten als Antidepressiva erster Wahl verwendet werden: es sind vor allem leichte bis mittelschwere depressive Syndrome zu nennen, und besonders auch Patienten, bei denen aufgrund früherer Erfahrungen eine schlechte Toleranz gegenüber trizyklischen Antidepressiva bekannt ist sowie Patienten, bei denen somatische Grunderkrankungen (z.B. Glaukom, Prostatahypertrophie, cardiovaskuläre Erkrankungen aber auch hartnäckige Obstipationen oder Miktionsstörungen) vorliegen, die die Anwendung einer trizyklischen Substanz ungünstig bzw. kontraindiziert erscheinen lassen. Bei schwer erkrankten, hospitalisierungsbedürftigen Patienten sind trizyklische Antidepressiva, v.a. aufgrund der besser belegten Wirksamkeit, allerdings nach wie vor Medikamente erster Wahl. Insgesamt stellen aber spezifische Serotoninaufnahmehemmer bei kritischer Indikationsstellung sicher eine Bereicherung der psychopharmakologischen Interventionsmöglichkeiten dar.

Literatur:
(1) Drugs 41,450,1991
(2) Pharmacotherapy 7,1,1987
(3) Drugs 43 (suppl.2) 11,1992
(4) New Engl J Med 325,633,1991
(5) J Clin Psychiatry 51 (12,suppl.B) 9-1990
(6) Pharmacoepidemiol Drug Safety 1,111,1992
(7) Brit Med J 306,693,1993
(8) J Clin Psychiatry 52 (5,suppl.), 28,1991
(9) Bibliotheca Psychiatrica 161,396,1981

 

Therapie der akuten Infektion des oberen Respirationstraktes

Wir setzen hiermit dieses Thema von der letzten Pharmainfo fort:

 

Pharyngitis und Tonsillitis

Margarete Hamm-Pauler, HNO, Innsbruck

Eine akute Pharyngitis kann bakteriell, viral, aktinisch, toxisch oder physikalisch verursacht sein.
Die Unterscheidung, ob es sich um eine bakteriell oder viral verursachte Pharyngitis handelt, ist von Bedeutung, da sich das therapeutische Vorgehen bei beiden Formen grundsätzlich unterscheidet. Erreger einer bakteriellen akuten Pharyngitis sind in erster Linie beta-haemolysierende Streptokokken der Gruppe A, Haemophilus influenzae, Streptokokkus pyogenes bzw. Corynebacterium haemolyticum. Die Therapie der Wahl besteht in Penicillin V, Erythromycin, sowie bei entsprechendem Antibiogramm Amoxycillin plus Clavulansäure, oder Ciprofloxacin.
Zusätzlich zur antibiotischen Therapie empfiehlt sich eine symptomatische Therapie entsprechend dem Beschwerdebild mit Analgetica und Inhalationen.
Die virale Pharyngitis ist bedingt durch Myxoviren, Adenoviren, Enteroviren oder Herpesviren. Die virale Pharyngitis ist typischerweise vergesellschaftet mit Symptomen wie Konjunktivitis, Husten, Rhinitis und eventuell mit einem Exanthem oder Enanthem.
Die Behandlung der viralen Pharyngitis unterscheidet sich grundsätzlich von der bakteriellen. Eine gezielte virostatische Therapie ist meist nicht möglich. Daher beschränkt sich die Behandlungsmöglichkeit nach wie vor auf eine symptomatische Therapie, um die Beschwerden zu mildern. Gurgellösungen und Lutschtabletten (pflanzliche Extrakte oder entzündungshemmende Substanzen enthaltend) können auf die subjektive Symptomatik (z.B. durch verstärkten Speichelfluß und Entzündungshemmung) lindernd wirken (ohne antibakterielle Zusätze: Bronchostop Spray, Drovitol- Mund- und Rachentropfen, Tantum verde Gurgellösung, Lutschtabletten) . Die Zugabe von Antiseptika und Antibiotika (Angisan, Betaisodona, Bradosol, Chlorhexamed, Cional-Kreussler, Colda, Dequadin, Dequalinetten, Dequonal, Dr. Schmidgall Halsweh-Lutschtabletten, Gurfix, Halset, Hexatin "Agepha", Hexoral, Hibident, Lemocin, Locabiosol, Methyment Gurgellösung, Mucidan, Neo-Angin, Primal, Sanoral, Sorot, Tonsillol, Tyrothricin + "Provita" comp.) ist bei Virusinfektionen sinnlos und kann bei bakteriellen Infektionen eine allfällige systemische Antibiotika-Therapie keinesfalls ersetzen (siehe Kommentar zu Fusafungin: Locabiosol in Pharmainfo VIII/2/1993 und 5).

Die akute Tonsillitis ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Sie entsteht meist als akute Exazerbation einer chronischen Tonsillitis. Als häufigster Erreger der Angina lacunaris finden sich beta-haemolysierende Streptokokken der Gruppe A, seltener Pneumokokken, Staphylokokken, Haemophilus influenzae, beta-lactamasebildende Begleitflora, Chlamydien oder Mykoplasmen. Wenn eine akute Tonsillitis durch beta-haemolisierende Streptokokken der Gruppe A hervorgerufen wird, muß diese umgehend antibiotisch behandelt werden. Dadurch werden Streptokokken-Nachkrankheiten praktisch eliminiert. Bei unbehandelten, durch beta-haemolysierende Streptokokken verursachten Tonsillitiden muß in 0,3 bis 3% der Fälle mit einem rheumatischen Fieber gerechnet werden. Beim 6- bis 15jährigen Patienten wird praktisch jede zweite Tonsillitis durch beta-haemolysierende Streptokokken hervorgerufen. Beim jugendlichen Erwachsenen geht dieser Anteil wieder deutlich zurück. Mit der antibiotischen Behandlung sollte man sich nach der Klinik und nach dem A-Streptokokken-Schnelltest richten (4). Ein gleichzeitig vorzunehmender Abstrich dient noch zur Bestätigung. Das Mittel der Wahl bei der Streptokokkenangina ist Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin, bzw. Benzathin-Phenoxymethylpenicillin). Penicillin V ist gegen Streptokokken fünfmal wirksamer als Aminopenicilline und zehnmal wirksamer als orale Cephalosporine. Außerdem hat es ein so schmales Spektrum, daß es die körpereigene Flora praktisch nicht beeinflußt. Beta-lactamase-stabile Breitspektrum-Antibiotika dagegen haben einen beträchtlichen Einfluß auf die körpereigene Flora. Das bringt die Gefahr der Selektion resistenter Keime mit sich. Wesentlich bei der Therapie der Streptokokkenangina mit Oralpenicillin ist die ausreichende Dosierung, wobei die Therapie 10 Tage erfolgen muß.. Außerdem sollten die Dosierungsintervalle von 8 Stunden eingehalten werden. Ergibt der Abstrich eine andere bakterielle Infektion als A-Streptokokken, ist die Therapie - dem Antibiogramm entsprechend - auf ein anderes Antibiotikum wie ein Aminopenicillin, orales Cephalosporin, beta-lactamasestabiles Antibiotikum, Makrolid oder Clarithromycin umzustellen (1). Bei trotz Penicillinbehandlung rezidivierenden Tonsillitiden besteht bei einer polymikrobiellen aeroben und anaeroben Bakterienflora (3) die Möglichkeit, daß Streptokokken-A sich in den tiefen Krypten der Tonsillen verbergen und durch oberflächliche beta-lactamaseproduzierende Keime geschützt werden (2). Hier käme der Einsatz von beta-lactamasestabilen Antibiotika in Frage. Sulfonamide, Co-Trimoxazol und Gyrase-Hemmer sind wegen teilweiser Erregerresistenz und geringerer Wirkungsintensität dem Penicillin unterlegen. Tetracycline bergen die Gefahr von Nebenwirkungen und des Vorkommens resistenter Streptokokkenstämme. Eine Behandlung mit Ampicillin sollte wegen der hohen Exanthemrate eher vermieden werden.
Eine Lokalbehandlung mit Antibiotika und Antiseptika (siehe Kommentar und Präparate oben) verhindert nicht die gefürchteten Streptokokken-Nachkrankheiten!
Bei Penicillinallergie wäre ein Oralcephalosporin (z.T. aber Kreuzallergie) bzw. Erythromycin bzw. Josamycin oder Clarithromycin zu empfehlen.
Die virale Tonsillitis unterscheidet sich klinisch deutlich von der bakteriell verursachten Tonsillitis. Bei viraler Genese findet sich ein treppenförmiger Fieberanstieg und gleichzeitig bestehender Schnupfen, Husten, Gelenk- und Muskelschmerzen, wohingegen die bakterielle Tonsillitis durch einen abrupten Fieberanstieg mit Schüttelfrost, schmerzhaften Kieferwinkel-lymphknoten, Kopf- und Bauchschmerzen verbunden ist.
Zur analgetisch-antipyretischen Behandlung empfiehlt sich insbesondere bei Kindern Paracetamol (Apacet, Enelfa, Kratofin, Mexalen, Momentum, Paracetamol, Peinfort, Tylenol).
Lutschtabletten und Gurgellösungen (s.o.) sind als Zusatztherapie erwähnenswert, da sie für den Patienten eine durchaus lindernde Wirkung haben.

Literatur:
(1) Clin.. Pediatr. 24, 331, 1975
(2) Ann. Otol. Rhinol. Laryngol. 90, 261, 1981
(3) J. Med. Microbiol. 14, 391, 1981
(4) Wiener klin. Wochenschrift 102, 111, 1990
(5) Arzneimittelbrief 22,8,1988

 

Croup-Syndrom (Krupp-Syndrom):

R. Schmitzberger: Kinderheilkunde (Innsbruck)

Mit der Bezeichnung Croup-Syndrom (Krupp Syndrom) werden entzündliche Erkrankungen im Bereich des Larynx, speziell der Subglottis und der oberen Trachea zusammengefaßt. Es lassen sich diesem Überbegriff drei Krankheitsbilder zuordnen: Der einfache Croup, auch synonym als Laryngitis acuta, subglottische Laryngitis und Laryngotracheitis bezeichnet; der rezidivierende Croup, auch als "spasmodic croup" bezeichnet; sowie die maligne Laryngotracheobronchitis, auch als bakterieller Croup oder maligner Croup bezeichnet. Der einfache Croup ist eine Viruserkrankung (Parainfluenza, RS-, Influenza-Viren). Basistherapie ist die einfache Luftbefeuchtung, Beruhigung von Eltern und Kind sowie die Vermeidung jeglicher invasiver diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen. Die etablierte Therapie stellt die Inhalation mit Suprarenin (1 Amp. pro 10 kg KG auf 5-10ml physiologische Kochsalzlösung) dar. Sie bewirkt eine Stimulierung alpha-abhängiger Rezeptoren in der entzündeten subglottischen Schleimhaut und dadurch eine Vasokonstriktion und Reduzierung des Ödems. Als Nebenwirkung kann eine Tachykardie auftreten.
Seit Jahren wird über den Nutzen einer systemischen Steroidtherapie beim Croup z.T. sehr kontroversiell diskutiert. In einer Übersichtsarbeit (1) werden die Ergebnisse bei 1126 Patienten aus 9 Studien zusammengefaßt, welche sowohl für eine einmalige intramuskuläre Injektion von Dexamethason als auch die orale Gabe von Prednisolon Vorteile für Steroide auswiesen. Die einzelnen Studien sind jedoch vom Schweregrad der Erkrankung als auch Studiendesign schwer zu vergleichen. Auch scheint keine verbesserte Sofortwirkung gegeben zu sein (2). Eine jüngst erschienene Arbeit (3) berichtet über eine erfolgversprechende Therapie mittels topischen Steroids (Budenoside: Pulmicort), verabreicht mittels Kompressionsvernebler. Als Vergleichsgruppe diente eine Plazebogruppe. Ob ein wesentlicher Vorteil dieser Steroidtherapie gegenüber der derzeitigen Standardtherapie mittels vernebelten Suprarenins besteht, wird die Zukunft weisen. Dies gilt auch für die Verwendung von Prednisolon in Form von Suppositorien (in Ö nur als magistraliter Verordnung möglich).
Beim rezidivierenden "spasmodic croup" wird eine atopische Diathese diskutiert (4), wobei es derzeit keine etablierte Pharmakotherapie gibt. Für die kleine Gruppe mit bakteriell bedingten malignen Krupp ist eine Intubation und Antibiotikatherapie (z.B. Ampicillin oder Cefotaxim) unumgänglich.

Literatur:
(1) Lancet 340,745,1992
(2) Acta paediatr.Scand. 77,99,1988
(3) Arch.Dis.Child. 68,352,1993
(4) Arch.Dis.Child. 56,336,1981

 

Tracheobronchitis bei Erwachsenen

C. Prior, Innere Medizin, F. Allerberger, Hygiene, Innsbruck

Die akute Tracheobronchitis im Erwachsenenalter ist nach neueren Erkenntnissen meist eine bakterielle Erkrankung, wobei Virusinfektionen als "Wegbereiter" fungieren können (1). Die häufigsten Erreger sind Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Branhammella catarrhalis und Mykoplasmen. Ensprechend diesem Keimspektrum eignen sich zur antibiotischen Therapie am besten Aminopenicilline (Bacampicillin, Amoxycillin, Amoxicillin + Clavulansäure), orale Cephalosporine (Cefaclor, Cefuroximaxetil, Cefixim) sowie Erythromycin und dessen Derivate Josamycin, Roxithromycin und Clarithromycin. Das letztgenannte ist auch im gramnegativen Bereich (z.B. gegen Haemophilus influenzae) wirksam. Als Alternativpräperate können Tetrazykline oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol verabreicht werden.
Der Prozentsatz an Amipicillin-resistenten Haemophilus-Stämmen liegt in Österreich mit 1,5%, vergleichsweise mit anderen Ländern niedrig (2). Allerdings bildet Moraxella catarrhalis häufig ß-Lactamase (z.B. 50% der an der Bundesstaatlich Bakteriologisch-Serologischen Untersuchungsanstalt in Innsbruck untersuchten Stämme). Da dieser Erreger hauptsächlich bei vorbestehender chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung relevant ist, sollte bei dieser Risikogruppe die Verschreibung eines Nicht-ß-Lactam-Antibiotikums (z.B. Clarithromycin) erwogen werden.
Über den Zeitpunkt des Einsatzes von Antibiotika bei akuter Bronchitis herrscht häufig Unklarheit. Bei vorbestehenden Atemwegs- und Lungenerkrankungen,insbesondere bei Asthma bronchiale, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder Bronchiektasen, sollte nicht zugewartet werden. Beim primär Lungengesunden weisen hohes Fieber, Allgemeinsymptome und ein protrahierter Verlauf auf eine bakterielle Infektion hin.
Im Rahmen der akuten Bronchitis kommt es zu einer vermehrten Produktion von Schleim, der durch einen erhöhten Gehalt von DNA, Glykoproteinen, Lipiden und anderen Makromolekülen eine zähe Konsistenz erhält. Zur Erleichterung der Expektoration wird seit langem eine große Zahl von sogenannten Mukolytika (Expektorantien) angeboten. Die klinische Wirksamkeit dieser Substanzgruppe ist wegen der fehlenden Quanifizierbarkeit des Effekts schwer erfaßbar. Ein sicherer Vorteil einer der angebotenen Substanzen: Bromhexin (Bisolvon, Bisolvotin), Ambroxol (Ambrobene, Ambrolan, Ambroxol "Genericon", Broxol, Mucosolvan, Sekretovit), N-Acetyl-Cystein (Aeromuc, Acedyn, Cimexyl, Mucret, Pulmovent) konnte in kontrollierten Studien bisher nicht nachgewiesen werden (3). 
Antitussiva (Codein: Codelum-Tropfen, Codein-Tbl "Kwizda", Codeinum- phosphoricum-"Antos" Tbl, Codipertussin Saft/Konzentrat/ Hustentropfen, Tussamag-Tropfen mit Ephedrin-Zusatz, Tricodein "Solco" Manteldragees; Dihydrocodein: Paracodin Sirup/Tbl/ Tropfen; Clobutinol: Silomat; Noscapin: nur in Kombination mit Expectorans, Nicocodin: Tusscodin-Hustentropfen, Tusscodin retard-Hustensaft; Isoaminilcitrat: Peracon Tbl/Tropfen) hemmen die erwünschte Expektoration des vermehrt produzierten Schleims und sind daher grundsätzlich nicht zweckmäßig. Allerdings können sie bei quälendem Reizhusten bzw. bei nächtlichen Hustenanfällen lindernd wirken. Codein ist in seiner Wirkung am besten belegt (4). Ein Zusatz von Antihistaminika (Codipront, Longtussin duplex-Kapseln) bringt keinen weiteren Vorteil. Noscapin ist kürzlich wegen mutagener Eigenschaften in Diskussion geraten (5).
Husten ist ein wichtiges Leitsymptom verschiedenster kardialer und pulmonaler Erkrankungen und bedarf bei längeren Bestehen einer fachärztlichen Abklärung, eine ausschließliche symptomatische Therapie ohne Diagnosestellung ist abzulehnen.
Zur Therapie von Atemwegsinfekten wird eine große Zahl von oralen Mischpräparaten, sogenannten Grippemitteln, angeboten (Apracur-Drg, Arbid Drg/Tr, Capramin-Tbl, Influbene, Influvidon-Drg, Nisicur-Drg, Trimedi-Drg), die zum Teil Sympathomimetika sowie Antihistaminika und Antipyretica enthalten. Eine wissenschaftliche Grundlage für die Anwendung dieser Pharmaka zur Bronchitisbehandlung ist nicht gegeben. Auch Kombinationen mit Antibiotika werden angeboten (Eftapan Tetra-Kps, Tetra-Gelomyrtol, Bisolvomycin-Kps, Bisolvonamid, Mucotectan, Vibrabron), wobei hier die notwendige individuelle Dosierung der Einzelkomponenten nicht möglich ist. Auch für den Patienten können solche Kombinationen verwirrend sein und dazu führen, daß er diese Präparate als reine "Hustenmittel" einnimmt.
Besonders widersprüchlich und irrational ist die Kombination von Antitussiva und Mukolytika (Codipront cum Expectorans, Expectal, Resyl mit Codein-Tropfen, Sirup-Famel cum Codein, mit Noscapin: Pneumopect-Sirup und Tuscalman Berna-Supp). Die in einem Beipacktext versprochene Wirkung ("Die Anwendung von ...... führt zur Stillung des Hustenreizes, ohne daß die gewünschte Expektoration blockiert wird" oder "Obwohl ......... die Häufigkeit des Hustens vermindert, kommt es zu keiner nennenswerten Beeinflussung der mukolytischen Wirkung des Expectorans") dürfte wohl einem Wunschdenken entsprechen.

Literatur:
(1) Lancet 341,511,1993
(2) Eur J Clin Microbiol Infect Dis 9,810,1990
(3) Eur Respir Rev 2,292,1992
(4) Schw.med.Wschr. 118,1067,1989
(5) DAZ 131,VI,1991

 

Neu registriert: Carvedilol (Dilatrent)

Für diese Substanz liegen seit 1987 zahlreiche Publikationen vor, die vor kurzem in einem Übersichtsartikel zusammenfassend diskutiert wurden (1), sodaß wir in diesem Fall auf eine detaillierte Zitierung der Originalliteratur verzichten können. Carvedilol blockiert in vitro sowohl Beta-Rezeptoren als auch Alpha1-Rezeptoren. Die Wirkung auf die Beta-Rezeptoren dürfte sowohl Beta1- und Beta2-Rezeptoren erfassen. Die Substanz hat keine intrinsische sympatomimetische Wirkung auf diese Rezeptoren. Neben der Blockade der gefäßverengenden Alpha1-Rezeptoren dürften noch andere Mechanismen zur Gefäßerweiterung beitragen.
Die Substanz ist bezüglich ihrer Rezeptorwirkungen sowohl in vitro als auch in vivo ausführlich untersucht worden (1,2,4). Für die Wirkung am Menschen wäre das Wunschkonzept, daß sich die blutdrucksenkende Wirkung der Beta-und Alpha1-Blockade addieren, negative Effekte dieser Blockade aber ausgleichen. Eine gewisse Skepsis gegenüber diesem Konzept ergibt sich schon daraus, daß Labetalol (Trandate), das ebenfalls beta- und alpablockierende Eigenschaften hat, offensichtlich wegen mangelnder Nachfrage in Deutschland 1992 vom Markt genommen wurde (3). Im Tierversuch zeigt Carvedilol cardioprotektive Eigenschaften. Ob diese nur über die Betablockade vermittelt werden, ist noch nicht klar. Carvedilol soll auch durch Radikale vermittelte Lipidperoxydation blockieren und auch neuroprotektive Eigenschaften in vitro und im Tierversuch haben. Ähnliche Eigenschaften und zusätzliche (wie anti-atherosklerotische Wirkung) werden bei Hochdruckmitteln gerne betont. Die klinische Relevanz kann aber erst durch Versuche am Patienten bestätigt werden. Ob Carvedilol hier besondere Eigenschaften hat, ist unklar. Für Betablocker im allgemeinen ist die Reduzierung der Herzreinfarktrate belegt (siehe Pharmainformation I/1/1986).
Welche klinischen Wirkungen von Carvedilol sind gesichert? Die blutdrucksenkende Wirkung bei Patienten mit Hypertension ist gut belegt (z.B. durch eine Metaanalyse von 36 Studien mit 3.412 Patienten). Die Herzfrequenz sinkt bei diesen Patienten etwas ab, daß Herzminutenvolumen wird meist nur unwesentlich vermindert. Die blutdrucksenkende Wirkung ist vergleichbar mit der von reinen Betablockern, Kalziumantagonisten oder ACE-Hemmern. Carvedilol soll auch bei älteren Patienten (über 60 Jahre) gut wirken. Da hier die Wirkung von reinen Betablockern eher nachläßt, wäre dies eine interessanter Aspekt, benötigt aber noch eine Bestätigung an größeren Patientenzahlen und über längere Zeit. Eine Kombination von Carvedilol mit Diuretika und Calziumantagonisten führt zu verstärkter Wirkung.
Carvedilol erscheint auch bei Angina pectoris Patienten (Anstrengungsangina) günstig zu wirken. Dieser Aspekt ist aber noch wenig untersucht.
In wie weit unterscheidet sich nun Carvedilol von einem reinen Betablocker? Im Gegensatz zu Betablockern führt schon eine akute Gabe von Carvedilol zum Abfall des peripheren Gefäßwiederstandes, offensichtlich durch die direkte (vor allem Alpha1-Blockade) Erweiterung der Gefäße. Ob dies aber z.B. dazu führt, daß zum Vergleich mit einem reinen Beta-Blocker periphere Durchblutungsstörungen ("kalte Füße") seltener Auftreten, ist nicht belegt. Im Vergleich gegenüber Metoprolol einem Beta1-selektiven Blocker wurde die Unterarmdurchblutung weder durch Carvedilol noch durch Metoprolol signifikant verändert (5). Nur eine klinische Langzeitstudie, die im Dauergebrauch einen reinen Betablocker bezüglich Nebenwirkungen und ihrer Frequenz mit Carvedilol vergleicht, könnte sicherstellen, ob theoretische Wunschkonzepte auch von klinischer Relevanz sind.
Verglichen mit reinen Betablockern wird die Herzfunktion weniger beeinflußt, die Senkung der Herzfrequenz und der Herzleistung ist geringer. Die Herzmuskelhypertrophie bei Hypertonikern wird reduziert, dies wird aber auch durch Betablocker, Calziumantagonisten und ACE-Hemmern erreicht. Auf die Blutlipide soll Carvedilol keinen negativen Effekte haben, wie sich aus einer Metaanalyse von 36 Studien die 8-12 Wochen dauerten, ergab. Dies dürfte durch die Alpha1-Wirkung bedingt sein, wenn man bedenkt, daß unspezifische Betablocker Triglyzeridspiegel steigern können und die Cholesterinwerte eher ungünstig beeinflussen. Allerdings sind Beta1-selektive-Blocker und solche mit intrinsischer Aktivität mehr oder weniger stoffwechselneutral (6).
Die Nebenwirkungen, die für Carvedilol beobachtet wurden, dürften einerseits auf die gefäßerweiternde Wirkung zurückgehen, insbesondere Kopfschmerz und vielleicht auch Schwindel. Müdigkeit wird auch bei Beta-Blockern gesehen und natürlich kann ein unspezifischer Beta-Blocker wie Carvedilol die Lungenfunktion negativ beeinflussen. Die bei Alpha1-Blockern typischen akuten Blutdruckabfälle besonders bei der ersten Dosis (siehe Pharmainformation VII/4/1992) sollen bei Carvedilol seltener sein und bei weniger als 1 % der Patienten auftreten. 
Zusammenfassung: Diese Daten zeigen, daß Carvedilol eine gute blutdrucksenkende Wirkung hat. Ob diese Substanz gegenüber einem reinen Betablocker oder vor allem gegenüber Beta1-selektiven-Blockern klinisch relevante Vorteile hat, ist derzeit nicht gesichert. Wenn gegenüber einem reinen Betablocker Nebenwirkungen wie Verschlechterung der peripheren Durchblutung bei Carvedilol reduziert auftreten sollten (was nicht gesichert ist), dann zeigt diese Substanz dafür zusätzliche Nebenwirkungen aus der Alpha1-Komponente wie Kopfschmerz und akute Blutdruckabfälle. Wenn für Hochdruckpatienten eine Betablocker Monotherapie ausreicht, dann ist ein langbewährter Betablocker dafür vorzuziehen. Erst wenn dieser nicht ausreicht, sind Kombinationen (und eine solche starre Kombination stellt Carvedilol dar) zu erwägen, hier gibt es aber neben Betablockern und Alpha1-Blockern viele bewährte Alternativen zur Kombination (Diuretika, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer). Ob Carvedilol solche bewährten Therapien ersetzen kann, ist derzeit skeptisch zu beurteilen. 

Literatur:
(1) Drugs 45,232,1993
(2) J. Cardiovasc. Pharm. 19, suppl. 1,S18-S22, 1992
(3) DAZ 132, 2564, 1992
(4) Drugs 45, 509, 1993
(5) J. Cardiovasc. Pharm. 10 (suppl.11), 124, 1987
(6) Drugs 26 (suppl.2) 1-5, 1983

In Kürze:

Das Deutsche Bundesgesundheitsamt hat folgenden Bericht einer Expertenkommission (DAZ 133,1402,1993) veröffentlicht:

 

Doxapram (in Ö als Dopram registriert)

Gesamtbeurteilung: Angesichts der möglichen unerwünschten Wirkungen, der unzureichenden pharmakokinetischen Daten, des nicht hinreichend beurteilbaren toxikologischen Risikos, sowie der zweifelhaften klinischen Wirksamkeit als Antidot bei Buprenorphin-Intoxikation sowie der fehlenden klinischen Wirksamkeit zur Verbesserung der postoperativen Spontanatmung muß eine Negativ-Bewertung von Doxapram erfolgen.

 

P.b.b. Erscheinungsort Verlagspostamt 1010 Wien

Donnerstag, 18. August 1994

Pharmainformation

Kontakt:

em.Univ.Prof.Dr.
Hans Winkler 

Tel.: +43 (0)512/9003-71200
Fax: +43 (0)512/9003-73200  

E-Mail: hans.winkler@i-med.ac.at

Peter-Mayr-Straße 1a
A-6020 Innbruck

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