Medieninformation
Medizin für die Lebenden und die Toten
Seit Juli 2023 steht das renommierte Institut für Gerichtliche Medizin Innsbruck unter einer neuen Leitung: Mit Elke Doberentz hat das Institut eine ausgewiesene Expertin gewonnen, die in ihrem Forschungsgebiet, der forensischen Medizin, einen weiteren Schwerpunkt etablieren möchte. Sie konnte mit ihrem Team schon beachtliche Erfolge verzeichnen: Es ist ihr gelungen, Biomarker bei Brandopfern und zur Bestimmung des Wundalters zu identifizieren.
Pressebilder zum Herunterladen:
Elke Doberentz im Seziersaal des Institutes für Gerichtliche Medizin Innsbruck (Foto: MUI/D. Bullock)
Am Institut für Gerichtliche Medizin Innsbruck ist das Österreichische Referenzlabor für Abwassermonitoring angesiedelt (Foto: MUI/C. Simon)
Innsbruck, 16.1.2024: Von Vaterschaftstests über die Aufklärung von Todesfällen, die Identifikation von Menschen und Tieren mittels DNA-Analyse und Drogenscreening bis zur epidemiologischen Untersuchung von Abwasser: Das Einsatzgebiet des Instituts für Gerichtliche Medizin Innsbruck (GMI) an der Medizinischen Universität ist breit, die herausragende Expertise seiner MitarbeiterInnen über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Nun hat das Institut mit Elke Doberentz im Juli 2023 eine neue Direktorin bekommen. „Es freut mich, dass wir mit Elke Doberentz eine hervorragende Rechtsmedizinerin und Wissenschafterin gewinnen konnten, die das große Spektrum der Innsbrucker Gerichtsmedizin mit den etablierten Forschungsschwerpunkten Forensische Genomik und Toxikologie um weitere wichtige forensisch medizinische Aspekte erweitern wird“, sagt Wolfgang Fleischhacker, Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck. Doberentz, die zuletzt das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Bonn kommissarisch geführt hat, beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Vitalitätsmarkern von Brandopfern. „Es ist mein Ziel, für die verschiedensten rechtlichen Fragestellungen mikromorphologische Marker zu finden, die unmittelbar in die Routine einfließen können“, sagt sie.
(Vermeintlicher) Tod in den Flammen
Ist ein Mensch in den Flammen umgekommen, oder war er möglicherweise schon vor Ausbruch des Feuers tot? Handelt es sich vielleicht um ein Tötungsdelikt, das verschleiert werden sollte? In Ermittlungen sind das wesentliche Fragen, die bei einer Obduktion zunächst oft nicht sicher zu beantworten sind. Doberentz hat sich mit ihren KollegInnen daher auf die Suche nach einem aussagekräftigen Biomarker gemacht – und sie wurden bei der retrospektiven Untersuchung von mehreren hundert Fällen fündig: Das Team hat entdeckt, dass sich Hitzeschockproteine bei extremen Temperatureinwirkungen in den Organen von lebendigen Menschen – hauptsächlich in Nieren und Lungen – vermehrt bilden. „Bei Stress schützt sich die Zelle damit. Anhand von Proben, die bei der Obduktion entnommen und im Labor immunhistochemisch gefärbt werden, kann man diese Proteine sichtbar machen. Es ist ein sehr verlässlicher Marker, der anzeigt, ob eine Person zur Zeit des Brandausbruchs noch gelebt hat“, sagt Doberentz. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei Menschen, die schon vor Brandausbruch verstorben sind, keine Hitzeschockproteine mehr gebildet wurden. Mit ihrem Innsbrucker Team will die Expertin hierzu weitere molekularbiologische Untersuchungen (mRNA, microRNA) anschließen. Außerdem ist die Gerichtsmedizinerin auch auf der Suche nach einem zuverlässigen Marker bei Erfrierungsopfern.
Bei der Untersuchung von Strangmarken von Erhängungstodesfällen hat Doberentz einen wichtigen Marker in Gewebeproben identifiziert: „Aquaporine sind Zellmembran-Strukturen, die sich nach einer Reizung bzw. Verletzung der Haut intensiv anfärben lassen und dadurch Rückschlüsse auf die Vitalität der Verletzung erlauben. Sind sie nachweisbar, ist davon auszugehen, dass die Verletzung der Haut noch zu Lebzeiten entstanden ist. Aquaporine sind daher Vitalitätsmarker, für eine Tatrekonstruktion ist das bedeutsam“, schildert die neue Direktorin. In Zukunft plant sie auf diesem Gebiet Gewebeproben auch auf molekularbiologischer Ebene zu analysieren.
Zahlen und Fakten zum Institut für Gerichtliche Medizin Innsbruck
Insgesamt gibt es in Österreich vier Institute für Gerichtsmedizin. Die Gerichtliche Medizin Innsbruck ist das größte Institut mit aktuell mehr als 70 MitarbeiterInnen.
Obduktionen für Tirol und Vorarlberg
Im Institut sind derzeit sieben ÄrztInnen beschäftigt, die gemeinsam mit SektionsassistentInnen pro Jahr mehr als 600 Obduktionen durchführen. Zwei Obduktionen – durch jeweils ein/e ÄrztIn und ein/e SektionsassistenIn – können im Sektionssaal parallel stattfinden. Dort werden Todesfälle aus Tirol und Vorarlberg untersucht. Obduktionen sind Untersuchungen zur Klärung der Todesursache und vieler weiterer rechtlich bedeutsamer Fragestellungen. Durchgeführt werden vor allem gerichtlich oder sanitätspolizeilich angeordnete Obduktionen. Ihnen liegt der Verdacht auf eine nicht-natürliche (mit äußerer Einwirkung, z.B. Unfall, Suizid, Tötung) oder zunächst unklare Todesursache zugrunde.
Außerdem werden regelmäßig auch Lebende, die Opfer von Gewalteinwirkungen wurden, zur Dokumentation und Beurteilung von Verletzungen untersucht.
Österreichisches Referenzlabor für Abwassermonitoring
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Herbert Oberacher werden im Rahmen des Abwassermonitorings die Abwässer von österreichweit mehr als 50 Kläranlagen auf die Belastung mit SARS-CoV-2, Influenza und RSV (Respiratorisches Synzytial Virus, Hand-Fuß-Mundkrankheit) analysiert. Die aktuellen Daten, die Rückschlüsse auf das aktuelle Infektionsgeschehen erlauben, werden dem Gesundheitsministerium zur Veröffentlichung durch die Österreichische Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit (AGES) weitergeleitet.
Seit 2016 analysiert Oberacher mit seinem Team am Institut jährlich die Abwässer von rund einer Million Menschen in Österreich und Südtirol auf Rückstände illegaler Substanzen (Cannabis, Kokain, Amphetamine und Metamphetamin), aber auch Alkohol und Nikotin. Dafür ist das Institut für Gerichtliche Medizin Innsbruck Mitglied des europäischen Netzwerks SCORE und arbeitet mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zusammen. Herbert Oberacher leitet zudem die Core Facility für Metabolomics.
Toxikologie für Lebende und Tote
Im toxikologischen Labor werden u.a. Proben auf Gifte, Alkohol, Medikamente und Drogen untersucht, die bei Obduktionen entnommen wurden. Das Portfolio ist groß und umfasst alle gängigen Substanzen. „Aber auch Proben von Lebenden werden analysiert, und beispielsweise werden Blut und Urin auf Substanzen (u.a. Alkohol, Suchtgifte, Medikamente) untersucht, deren Nachweis und Wirkung im menschlichen Körper im Zusammenhang mit einem strafrechtserheblichen Sachverhalt stehen.“
Zudem läuft am GMI seit mehreren Jahren mit dem Land Tirol das Pilotprojekt Drug-Checking, das im Jahr 2023 auch auf das Land Vorarlberg ausgedehnt wurde: DrogenkonsumentInnen können Substanzen in den Suchtberatungsstellen abgeben, deren Zusammensetzung am GMI untersucht wird.
Forensische Genetik und Spurenkunde
Jährlich werden im akkreditierten Prüflabor unter der Leitung von Martin Steinlechner viele tausende DNA-Untersuchungen vorgenommen, die vom Vaterschaftstest über Spurenanalysen (nicht nur bei Tötungsdelikten, sondern bspw. auch Einbruchsspuren), Identifizierungen bis hin zu Speziesidentifizierung von Tieren reichen. Bereits seit 1997 ist das Institut das Österreichische DNA-Zentrallabor für die Nationale DNA-Datenbank des Innenministeriums für die Untersuchung von Proben (Mundhöhlenabstrichen und biologischen Tatortspuren) aus ganz Österreich.
Unter der Leitung von Walther Parson besteht der renommierte Forschungsschwerpunkt “Forensische Genomik”.
Mehr über Elke Doberentz: https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/768915.html
PR & Medien
Medienkontakt:
Medizinische Universität Innsbruck
Public Relations und Medien
Theresa Mair
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 71833
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at
Medienkontakt:
Medizinische Universität Innsbruck
Public Relations und Medien
Theresa Mair
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 71833
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at