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Gestresste Zellen im Labor liefern neue Erkenntnisse

Am Institut für Pathophysiologie der Medizin Uni Innsbruck werden Zellen „gestresst“, um neue Erkenntnisse zu grundlegenden Zellmechanismen zu erhalten. Im Rahmen einer gemeinsamen Forschungsarbeit mit internationalen ExpertInnen ist es gelungen, detaillierter zu zeigen, wie Zellen auf mechanischen Stress reagieren. Die Ergebnisse sind insbesondere relevant für die Krebsforschung. Das renommierte EMBO-Journal berichtet über die Arbeit auf dem Titelblatt seiner aktuellen Ausgabe.

Hesso Farhan, Leiter des Instituts für Pathophysiologie, und sein Team stressen in ihrem Labor im Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck Zellen: Sie werden gedehnt und gequetscht. Da Krebszellen sich im Gewebe bewegen und daher vielen mechanischen Stressoren ausgesetzt sind, sollen diese grundlegenden Erkenntnisse, die Krebsforschung voranbringen. Die Innsbrucker ForscherInnen werfen bei ihren Untersuchungen insbesondere einen genauen Blick auf den intrazellulären Transportapparat.  

Proteine sind wichtige Bausteine unserer Zellen, welche mittels komplexer Logistik vom Ort ihrer Entstehung zum Ziel gebracht werden. Das Endoplasmatische Retikulum (ER) ist der Ort, an dem Proteine gebildet werden und hier entstehen auch Vesikel, welche diese Proteine zu anderen Teilen der Zelle transportieren. Da es sich um einen fundamentalen und essenziellen Prozess handelt, ist der Transport von Proteinen aus dem ER streng reguliert. Bisher war unbekannt, ob der Transport aus dem ER durch mechanische Reize reguliert wird. Die medizinische Relevanz dieser Frage ergibt sich aus der Tatsache, dass Krebszellen dafür bekannt sind, vermehrt Proteine zu bilden und gleichzeitig einer Reihe mechanischer Stressoren ausgesetzt sind. Ein besseres Verständnis wie das ER auf mechanische Reize reagiert, ist also von Bedeutung, sowohl für die Grundlagenwissenschaften, als auch in der angewandten medizinischen Forschung.

Neue Erkenntnis: RAC1 Molekül spielt wichtige Rolle
In ihrer aktuellen Forschungsarbeit haben Farhan und seine KollegInnen erstmals zeigen können, dass das Strecken von Zellen dazu führt, dass der Transport aus dem ER beschleunigt wird. Hierbei spielt das RAC1 Molekül eine entscheidende Rolle. „Wenn die Zelle gestresst wird, geht RAC1 zum Endoplasmatischen Retikulum“, erklärt Hesso Farhan. „Dort hilft es dabei, Vesikel zu generieren, also Transportwege zu aktivieren, die Proteine und Lipide zur Zelloberfläche bringen und es den Zellen somit ermöglichen, eine Streckung auf 150 Prozent ihrer ursprünglichen Größe auszuhalten. Wenn dieser Nachschub an Proteinen und Lipiden blockiert wird, beobachten wir, dass Zellen Risse bekommen und dem mechanischen Stress weniger gut standhalten“, sagt Farhan. An dieser Arbeit, die erst kürzlich im renommierten EMBO Journal veröffentlicht wurde, waren ExpertInnen aus Österreich, Spanien, Schweden, Norwegen, Deutschland und den USA beteiligt.

Komplexer Mechanismus einfach erklärt
Den komplexen Mechanismus, der in diesem Paper erstmals beschrieben wird, versucht Farhan zu veranschaulichen, indem er eine Zelle mit einer Stadt vergleicht: „Innsbruck ist eine relativ kleine Stadt und kommt mit einem Flughafen sehr gut aus. Aber, wenn eine Stadt zum Beispiel auf die Größe von London anwächst, dann braucht es mehrere Flughäfen, um den Transportbedarf zu decken. Zellen haben einen Mechanismus, der ihnen sagt, dass sie beim Wachstum mehr Infrastruktur brauchen. Diese Mechanismen, die dafür notwendig sind, untersuchen wir in unserer Forschungsarbeit“, erklärt Farhan. Das RAC1 dabei eine so wichtige Rolle spielt ist eine große Überraschung. RAC1 ist normalerweise dafür bekannt, an der Oberfläche der Zelle zu sein (an der sog. Plasmamembran). Dass man RAC1 am ER findet, kam unerwartet und bedurfte spezieller mikroskopischer Techniken, um es an dieser Lokalisation sichtbar zu machen. Die verwendete Technik nennt sich SRRF (super-resolution radial fluorescence).

 Wie werden Zellen im Labor gestresst und wo finden sich solche mechanischen Reize im Körper?
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Zellen gestresst werden, beispielsweise beim Ein- und Ausatmen werden die Zellen in den Bronchien gedehnt. Ebenso sorgt der systolische Druck in den Adern für eine Dehnung und Streckung der Endothelzellen. Neben diesen physiologischen Beispielen sind auch pathophysiologische Situationen bekannt. „Krebszellen sind sehr beweglich, und diese Beweglichkeit hat ihren Preis. Krebszellen müssen sich im Gewebe ständig zwischen andere Zellen quetschen, was zu Druck und Streckungen der Zelle führt“, sagt Farhan. „Daher sind unsere Forschungserkenntnisse so relevant für die Krebsforschung.“ Im Labor werden Zellen auf unterschiedliche Art und Weise gestreckt. Etwa mit Hilfe eines kleinen Geräts, dessen Funktion Hesso Farhan im Video erklärt: 

 

Publikation:

Mechanical strain stimulates COPII-dependent secretory trafficking via Rac1

(HOF, 21.09.2022)

Weitere Informationen:

Institut für Pathophysiologie

Neuer Professor für Pathophysiologie (18.01.2021) 

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