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Wie Angst im Gehirn abgespeichert wird

Neue Einblicke in die Informationsverarbeitung im Gehirn gibt eine Arbeit, die am Institut für Pharmakologie (Direktor: Francesco Ferraguti) der Medizin Uni Innsbruck in Kooperation mit der Forschungsgruppe von Andreas Lüthi am Friedrich Miescher Institut für Biomedizinische Forschung in Basel entstanden ist. Die Studie der beiden Erstautorinnen Enrica Paradiso und Sabine Krabbe wurde in diesem Herbst im renommierte Wissenschaftsjournal Nature Neuroscience veröffentlicht.

Das Gehirn verarbeitet am Tag eine sehr große Menge an Informationen. Allerdings können wir uns nur an einen Bruchteil davon erinnern. Ein Ereignis wird aber dann abgespeichert, wenn es mit einer starken Emotion – positiv oder negativ - verbunden ist. Unerwartete, negative Ereignisse, wie beispielsweise ein Wespenstich in der Kindheit, produzieren besonders starke Erinnerung. Neue Einblicke, welche molekularen Prozesse im Gehirn dafür verantwortlich sind, gibt die aktuelle Forschungsarbeit der beiden Erstautorinnen Enrica Paradiso (Innsbruck) und Sabine Krabbe (Basel). Die beiden Postdocs gehen der Frage nach, wie das Gehirn wichtige Ereignisse in ein neuronales Signal umwandeln kann, das dann wiederum eine Erinnerung formiert, die abgespeichert wird.

Eine zentrale Rolle dabei spielt die Amygdala. Dieser auch Mandelkern genannte Teilbereich des Gehirns ist mit seinem differenzierten Aufbau ein ganzer Komplex, wo Emotionen, aber auch das Angstgedächtnis gesteuert werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine bestimmte Untergruppe von Interneuronen, die sogenannten „VIP+“ (vasocative intestinal polypeptide) Nervenzellen. Wie wichtig diese Nervenzellen tatsächlich sind, konnten die beiden Forschungsgruppen aus Österreich und der Schweiz zeigen. „Wir haben einen Schaltkreis entdeckt, in dem diese VIP Interneuronen exklusiv andere Nervenzellen inhibieren und damit quasi das Tor öffnen für das Abspeichern der Informationen“, erklärt Enrica Paradiso.

Die Neurowissenschafterin Enrica Paradiso hat über sechs Jahre in Innsbruck geforscht und hier bei Francesco Ferraguti auch ihre Doktorarbeit absolviert. Jetzt wird sie ihre Arbeit in Amsterdam fortsetzen. Foto: privat.

Mit Hilfe der „Optogentik“ konnten die WissenschafterInnen die VIP Interneuronen im Mausgehirn gezielt an- und abschalten und damit nachweisen, dass wenn diese Nervenzellen unterdrückt werden, es auch bei einer unangenehmen Stimulation nicht dazu kommt, dass das Ereignis im Angstgedächtnis abgelegt wird. Die „Optogenetik“ ist eine Methode der Neurowissenschaften, bei der es durch den Einsatz von Technologien und Genetik möglich wird, mit großer Präzision die Aktivität von Nervenzellen mit Hilfe von Licht zu kontrollieren. „So lieferten wir den Beweis, dass diese speziellen Zelltypen echte VIPs sind, wenn es darum geht, eine emotionale Erinnerung abzuspeichern“ sagt Paradiso. In ihrer im renommierten Journal „Nature Neuroscience“ veröffentlichten Forschungsarbei, werden die speziellen Interneuronen dementsprechend als sogenannte Pförtner beschrieben, die nur dann andere Nervenzellen inhibieren, wenn eine negative Emotion abzuspeichern, wenn etwas Wichtiges, also Unerwartetes oder Hervorstechendes, passiert. Das Abspeichern dieser Erfahrung soll dazu beitragen, zukünftig vor diesen negativen Erfahrungen geschützt zu sein.

Grundlage für Therapieverbesserungen bei Angsterkrankungen

„Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit sind für die weitere Beschreibung der Angstkonditionierung sehr wichtig“, erklärt Francesco Ferraguti, Direktor des Instituts für Pharmakologie der Medizinischen Universität Innsbruck. „Wir hoffen, damit langfristig einen Beitrag dazu zu leisten, die Therapiemöglichkeiten von Angsterkrankungen zu verbessern. Was wir jetzt herausgefunden haben über diese sogenannten VIP-Interneuronen könnte eines Tages dazu beitragen, beispielsweise fehlgeleitete Lernprozesse, wie sie beispielsweise bei einer generalisierten Angststörung vorliegen, zu verhindern.“ Bei einer Generalisierten Angststörung fühlen sich Betroffene die meiste Zeit ängstlich und besorgt, nicht nur in außergewöhnlichen Belastungsmomenten. Und diese Sorgen stören den normalen Lebensablauf.

Publikation:

Adaptive disinhibitory gating by VIP interneurons permits associative learning

AutorInnen: Sabine Krabbe, Enrica Paradiso, Simon D’Aquin, Yael Bitterman, Julien Courtin, Chun Xu, Keisuke Yonehara, Milica Markovic, Christian Müller, Tobias Eichlisberger, Jan Gründemann, Francesco Ferraguti & Andreas Lüthi

(B. Hoffmann-Ammann)

Weitere Informationen:

https://www.i-med.ac.at/pharmakologie/

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