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ESC Paris 2011: Innsbrucker HerzspezialistInnen präsentierten wesentliche Erkenntnisse

Unter den zahlreichen zukunftsweisenden Forschungserkenntnissen, die im Rahmen des Europäischen Kardiologenkongresses (ESC) Ende August in Paris präsentiert wurden, fanden sich auch essentielle, therapierelevante Beiträge von WissenschafterInnen der Univ.-Klinik für Innere Medizin III (Direktor Univ.-Prof. Otmar Pachinger) und der Univ.-Klinik für Herzchirurgie (Direktor Univ.-Prof. Michael Grimm) der Medizinischen Universität Innsbruck.

Die international anerkannten Leistungen der Innsbrucker Medizin in den Bereichen der Kardiologie und der Herzchirurgie entsprechen der Etablierung des kardiovaskulären Schwerpunktes an der Medizinischen Universität Innsbruck. Das Renommee der Innsbrucker Herzmedizin stützt sich dabei nicht nur auf die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen - die sich mitunter auch durch die exakt abgestimmte Kooperation am Operationstisch auszeichnet - sondern auch auf wichtige kardiologische und herzchirurgische Forschungsleistungen - wie jene drei Studien, die am ESC 2011 Ende August in Paris vorgestellt wurden.

Koronarer Bypass: Innere Brustwandarterie überbrückt am bestens

Univ.-Prof.in Elfriede Ruttmann von der Univ.-Klinik für Herzchirurgie fokussierte in ihrer Studie auf die Frage, welche arteriellen Bypass-Gefäße am besten zur Überbrückung erkrankter Herzkranzarterien geeignet sind und kommt darin zu einem unerwarteten Ergebnis. „Die innere Brustwandarterie ist das deutlich besser geeignete Gefäß für eine Bypass-Operation“, so Prof.in Ruttmann.

In der Behandlung der koronaren Herzkrankheit hat die Bypass-Operation trotz großer Fortschritte in der interventionellen Kardiologie und des in der OP-Technik minimal-invasiven Schwerpunktes an der Innsbrucker Universitätsklinik einen wichtigen Stellenwert. Im Rahmen der Operation wird ein durch Atherosklerose verschlossener Abschnitt eines Herzkranzgefäßes chirurgisch durch ein Stück eines gesunden, an einer anderen Körperstelle entnommenen Gefäßes überbrückt. Werden im Rahmen einer Operation mehrere Bypässe gelegt, so verwendet man heute in der Regel zwar eine Arterie – meist die innere Brustwandarterie – für die wichtigste Gefäßstrecke am Herz, jedoch Venen für die übrigen Bypässe, obwohl arterielle Gefäße definitiv bessere Langzeitergebnisse zeigen. Eine Verwendung der vorhandenen zweiten inneren Brustwandarterie fand aufgrund der aufwändigeren chirurgischen Technik und der Befürchtungen von Wundheilungsstörungen im Gegensatz zur Unterarm-Arterie wenig Absatz. „Die weltweite Praxis zeigt, dass die Unterarmarterie (Radialis) am häufigsten als zweiter arterieller Bypass zum Einsatz kommt, die rechte Brustwandarterie jedoch in weniger als fünf Prozent aller Bypass-Operationen und nur an wenigen herzchirurgischen Zentren in der klinischen Routine herangezogen wird“, weiß Studienautorin Ruttmann. Im Rahmen der an der Innsbrucker Herzchirurgie untersuchten Fallserie zeigte sich nun an 1001 PatientInnen, die sich einer Bypass-Operation unterzogen hatten, dass die Brustwandarterie hinsichtlich Komplikationen und Sterblichkeit signifikant besser abschneidet als die Unterarmarterie. „Im Vergleich zur Radialis-Gruppe traten in der Innsbrucker Kohorte auch keine vermehrten Wundheilungsstörungen nach Entfernung der zweiten inneren Brustwandarterie auf, was wohl auf die spezielle Präparation der Brustwandarterien zurückzuführen ist“, erklärt Prof.in Ruttmann. Die Studiendaten belegen, dass die Unterarmarterie in der Durchführung zukünftiger Bypass-Operationen keine gleichwertige Alternative zur rechten Brustwandarterie mehr darstellt.

Nach dem Herzinfarkt: Auf die kleinen Gefäße kommt es an

Eine neue Studie aus der Univ.-Klinik für Kardiologie belegt die Relevanz winziger Mikro-Gefäße für das Langzeitergebnis überlebender HerzinfarkpatientInnen. Zwar ist der Verschluss von Mikrogefäßen als Risikofaktor nach einem akuten Herzinfarkt bekannt, doch gab es bislang kaum Studien, die Aussagen über die langfristige Bedeutung erlauben.

Bei einem Herzinfarkt kommt es durch den Verschluss eines Herzkranzgefäßes zu einer Schädigung des Herzmuskels. Doch nicht nur der Verschluss großer Arterien führt dazu. Auch die Obstruktion kleinster Mikro-Gefäße spielt eine entscheidende Rolle für das langfristige Outcome der PatientInnen. In der von den Kardiologen Univ.-Doz. Bernhard Metzler und Dr. Gert Klug geleiteten Studie wurden 129 Infarkt-PatientInnen untersucht, deren verschlossenes Herzkranzgefäß mittels Herzkatheter (Reperfusions-Therapie) geöffnet werden musste. Zwei Tage nach dem Infarkt wurden die PatientInnen mittels Magnetresonanz-Imaging (MRI) auf Obstruktion von Mikro-Gefäßen untersucht. Die Beobachtungszeit betrug 52 Monate. Nach dieser Zeit waren Daten von 103 PatientInnen verfügbar. Als Maßzahl für die Prognose der PatientInnen wurde die Zeit bis zum Eintreten eines „Komposit-Endpunktes“ gewählt, also Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, neuerliche Herzkatheter-Behandlung, Angina pectoris, Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz und Spitalseinlieferungen. „Während es bei PatientInnen ohne Obstruktion der Mikrogefäße im Median 1176 Tage dauerte, bis ein derartiges Ereignis eintrat, waren es bei den PatientInnen mit Mikro-Gefäßverschlüssen nur 785 Tage“, bringt Erstautor Dr. Gert Klug die Ergebnisse auf den Punkt. Zwar wurden auch andere Parameter wie die Größe des Infarkts oder die Herzfunktion in die Analyse mit einbezogen, doch „der Verschluss von Mikrogefäßen bleibt der wichtigste Risikofaktor für das Eintreten eines der erwähnten Vorfälle“, schließt Doz. Metzler.

Möglichst frühe Gerinnungshemmung nach Herzinfarkt rettet Leben

Eine weitere Studie aus Innsbruck beschäftigte sich mit der Bilanz von Herzkatheterinterventionen, die heute zu den wichtigsten lebensrettenden Maßnahmen nach einem Herzinfarkt gehören. Dass der Erfolg dieser Eingriffe auch davon abhängt, ob die PatientInnen früh genug gerinnungshemmende Medikamente erhalten, konnte von Dr. Jakob Dörler eindrucksvoll belegt werden.

Seit längerem ist bekannt, dass die Verabreichung der gerinnungshemmenden Substanz Clopidogrel bei einer geplanten Herzkatheter-Intervention, etwa der Aufdehnung eines verengten Herzkranzgefäßes oder der Implantation eines Stent, das Risiko durch Gefäßverschluss verursachter (ischämischer) Komplikationen während des Eingriffs reduzieren kann. Für Notfallinterventionen bei einem Herzinfarkt wird daher eine möglichst frühe Gabe von Clopidogrel empfohlen. Allerdings wusste man bisher nicht, ob diese frühere Gabe auch einen zusätzlichen Vorteil bringt. Die rezente, von Dr. Dörler an der Univ.-Klinik für Innere Medizin III in Zusammenarbeit mit dem Department für Medizinische Statistik, Informatik und Gesundheitsökonomie (Michael Edlinger, MSc MSc) und der Österreichischen Gesellschaft für Kardiologie durchgeführte und als multizentrisches Register ausgelegte Studie dokumentiert nun, dass die frühe Gabe von Clopidogrel auch bei Notfall-Eingriffen besser ist.

In die Untersuchung waren 6.000 PatientInnen eingeschlossen, die sich zwischen Jänner 2005 und Dezember 2009 infolge eines Herzinfarktes einer primären Intervention im Katheterlabor unterziehen mussten. Im Rahmen der Auswertung wurden die PatientInnen in zwei Gruppen aufgeteilt: Solche, die Clopidogrel bereits vor dem Eintreffen im Katheter-Zentrum erhielten, und solche, bei denen der Gerinnungshemmer erst später gegeben wurde. Durch die teilweise Hemmung der Blutgerinnung wird die Bildung von Blutgerinnseln erschwert, die sonst Herzkranzgefäße verschließen und einen Herzinfarkt auslösen oder ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall verursachen könnten. Damit spielt der Einsatz gerinnungshemmender Substanzen heute eine unverzichtbare Rolle in der Behandlung zahlreicher kardiologischer Erkrankungen. „PatientInnen, die schon vor ihrer Einlieferung in ein Herzkatheter-Zentrum mit dem gerinnungshemmenden Medikament Clopidogrel behandelt wurden, hatten ein signifikant geringeres Risiko, im Krankenhaus zu sterben. Auch unter Einbeziehung anderer Risikofaktoren bleibt der Zusammenhang zwischen früher Clopidogrel-Gabe und geringerer Sterblichkeit erhalten“, unterstreicht Dr. Dörler.