search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

Genetische Ursache für angeborene Knochendysplasie entschlüsselt

Ergebnisse zweier internationaler Studien unter der besonderen diagnostischen Mitarbeit von PDin Dr.in Sabine Scholl-Bürgi von der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde (Pädiatrie IV) und Ass.-Prof.in Dr.in Kathrin Maurer von der Univ.-Klinik für Radiologie I einerseits, sowie der molekulargenetischen Expertise von PD Dr. Andreas Janecke (Pädiatrie II) andererseits konnten erstmals den genetischen Defekt einer seltenen, angeborenen Form der Knochenfehlbildung nachweisen.

Die Spondyloenchondrale Dysplasie (SPENCD) ist eine extrem seltene angeborene Erkrankung („orphan disease“), deren Ursache bislang unerforscht war. Das klinische Erscheinungsbild zeigt sich in neurologischen Symptomen, Veränderungen der Knochenstruktur und Autoimmunerkrankungen (z.B.: Systemischer Lupus Erythematosus, Anämie oder Thrombozytenmangel). Die Erkrankung verläuft mitunter sehr heterogen und auch innerhalb einer Familie oft unterschiedlich schwer. „SPENCD-PatientInnen können bislang ausschließlich symptomatisch behandelt werden“, wissen Dr.in Scholl-Bürgi und Dr. Janecke von den Univ.-Kliniken für Pädiatrie II (Schwerpunkt Onkologie und Gastroenterologie, interim. Direktor: ao. Univ.-Prof. Thomas Müller) und IV (Schwerpunkt Neonatologie, Neuropädiatrie und angeborene Stoffwechselstörungen, interim. Direktorin: ao. Univ.-Prof.in Ulrike Kiechl-Kohlendorfer), wo jeweils ein besonderer Fokus auf der Erforschung und Behandlung von orphan diseases liegt.

Erster Schritt zu spezifischer Therapie

Nun ist es zwei internationalen Forscherteams zeitgleich und unabhängig voneinander gelungen, bei etwa 20 PatientInnen Mutationen im ACP5-Gen auf dem Chromosom 19p13 zu identifizieren. Das Gen kodiert für eine Saure Phosphatase, die „Tartrate-resistant acid phosphatase“. Alle untersuchten PatientInnen hatten zwei Mutationen in dem Gen und die Eltern waren heterozygot. Die Mutationen führen alle zu einem Mangel der „Tartrate-resistant acid phosphatase“ (TRAP).

Mit den klinischen und diagnostischen Daten zweier an der Pädiatrie Innsbruck wegen SPENCD in Behandlung stehender Kinder konnten Sabine Scholl-Bürgi und Kathrin Maurer (Radiologie I, Direktor: Univ.-Prof. Werner Jaschke) einen essentiellen Input zu den Erkenntnissen beisteuern. „Vor allem die kinderradiologische Expertise, die wir von Ass.-Prof.in Maurer einholen konnten, stellt einen besonders wichtigen Schritt in der Bestätigung der SPENCD-Diagnose dar“, unterstreicht Scholl-Bürgi den besonderen Stellenwert der Kinderradiologie als eigenständiges Untersuchungsfeld.

PD Dr. Janecke wurde aufgrund seiner Expertise in der Kartierung (Lokalisierung der Krankheitsursache im Genom) und Genidentifizierung involviert und führte die genetischen Untersuchungen gemeinsam mit einem der federführenden Wissenschaftler in Freiburg durch. Über den Nachweis der Ursache des Krankheitsbildes hinaus konnten neue Zusammenhänge in der Entstehung dieser Erkrankung aufgeklärt werden. Die federführend in Manchester, Lausanne und Freiburg durchgeführten Laboruntersuchungen zeigten nun, dass die Patienten neben niedrigen TRAP-Aktivitäten auch deutlich erhöhte Konzentrationen von Interferon alpha aufwiesen. Interferon ist ein vor allem von weißen Blutkörperchen gebildetes Protein, das eine immunstimulierende, vor allem antivirale und antitumorale Wirkung entfaltet. Mehrere Patienten wiesen zudem eine erhöhte Expression von Interferon-stimulierten Genen auf. Im Gegensatz dazu waren die Interferon gamma-Konzentration und die RNA von Interleukin-10 (verhindert überschießende Entzündungsreaktionen) und Interleukin-12 (besitzt eine wichtige Funktion in der zellulären Abwehr) normal. „Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Mutation zu einer tiefgreifenden Störung der angeborenen Immunabwehr führt“, erklärt Scholl-Bürgi. Für die Entwicklung einer SPENCD-spezifischen und kausalen Therapieoption sind nun diese Mechanismen auf dem Weg von der Mutation zur Erkrankung in noch detaillierterer Weise aufzuklären.

Mit der Veröffentlichung von zwei Beiträgen hierzu im renommierten Nature Genetics finden die Forschungsarbeiten auch internationale Anerkennung.