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Neue Fortbildungsaktion schafft Raum für (bio)ethische Reflexion

Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung der wissenschaftlich orientierten Medizin, die zu immer komplexeren Herausforderungen führt, bleibt für tiefgründige ethische Reflexionen im allgemeinen Lehrbetrieb der Medizinischen Universität oft zu wenig Zeit. Iniziiert vom Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten und umgesetzt von den Bereichen "Curriculumsentwicklung sowie Prüfungsent- und -abwicklung" und "Lifelong Learning", zielt eine neue Fortbildungsinitiative auf eine Verbesserung der Situation ab. Die Veranstaltung "Die Angst vor der Ethik" aus der Reihe "Teach the Teacher" wurde in Kooperation mit dem Bioethik-Netzwerk Ethucation und dem Management Center Innsbruck umgesetzt.

In den zeitlich und inhaltlich sehr anspruchsvollen Studiengängen an der Medizinischen Universität Innsbruck gestaltet sich die Integration ethischer Perspektiven häufig schwierig und vor allem zeitraubend. In Anbetracht der mit dem medizinischen Fortschritt stetig wachsenden Herausforderungen ist sie aber absolut notwendig. Die Fortbildung für Lehrende unter ethischen Gesichtspunkten stellt im Prozess der laufenden Implementierung von Ethik und Bioethik in das Medizin-Curriculum eine wichtige Voraussetzung dar.

Perspektiven für Lehrende

Die Präsentation bestehender Lehrveranstaltungen, die ethische Inhalte anbieten, der Austausch unter den Lehrenden darüber und die Umsetzung daraus resultierender Maßnahmen für die Schaffung eines adäquaten Reflexionsrahmens sind Ziele, die mit einer ab dem Wintersemester 2011 angebotenen Fortbildungsreihe erreicht werden sollen. Diese zielt im Besonderen darauf ab, Lehrende in der praktischen Umsetzung dieser notwendigen Verbesserung so gut wie möglich zu motivieren und zu unterstützen. Mit der Veranstaltung unter dem Titel „Die Angst vor der Ethik: Teach the Teacher“ fand diese Initiative kürzlich den Auftakt. Dabei verwies Vizerektor Univ.-Prof. Norbert Mutz in seiner Begrüßung auf einen wesentlichen Punkt, nämlich die häufig unbewusste Vermengung von Ethik und Moral, „die es zunächst aufzulösen gilt, um eine seriöse ethische Reflexion zu ermöglichen“.

Ao. Univ.-Prof.in Sonja Rinofner, Philosophin an der Karl-Franzens-Universität Graz, erläuterte am Beispiel von Sterbehilfehandlungen die komplexen Zusammenhänge von Intention und Handlung, sowie die Wichtigkeit, Begriffe auch sprachlich sehr präzise zu definieren. Univ.-Prof.in Helga Fritsch, Leiterin des Departments Anatomie, Histologie und Embryologie, stellte das begleitende und für Studierende freiwillig zu wählende Ethikseminar zum Sezierkurs vor, das in einer Reihe von Veranstaltungen aus unterschiedlichsten Perspektiven an das Thema Sterben und Tod herangeht und sich großen Interesses seitens der Studierenden erfreut. Univ.-Prof. Josef Quitterer vom Institut für Christliche Philosophie, LFU, verwies auf die Bedeutung von Rahmenbedingungen (Framing), starken Überzeugungen und emotionalen Bewertungen für die Vermittlung von Bioethik, die in der Regel die rein rational begründbare ethische Expertise stärker beeinflussen, als generell angenommen. FH-Prof. Siegfried Walch, Management Center Innsbruck, stellte den interdisziplinären Bioethik-Unterricht im Masterstudium „International Health Care Management“ vor, der auch Studierenden der beiden Innsbrucker Universitäten zugänglich ist und in dessen Rahmen globale und kulturelle Zusammenhänge, die die bioethische Debatte beeinflussen, eine wichtige Rolle spielen. Univ.-Prof. Stephan Leher vom Institut für Systematische Theologie, LFU, informierte über Erfahrungen mit der Entwicklung einer gut begründeten Antwort für medizin-ethische Entscheidungen im Rahmen der interdisziplinären Vorlesung „Stammzellen und Klonen“, die seit mehreren Jahren gemeinsam mit dem Leiter des Innsbrucker Biozentrums, Univ.-Prof. Lukas Huber, abgehalten wird. Univ.-Prof.in Gabriele Werner-Felmayer von der Sektion für Biologische Chemie am Biozentrum präsentierte das Bioethik-Netzwerk Ethucation und verwies auf die diesbezüglichen Aktivitäten der UNESCO, sowie zahlreiche Unterrichtshilfen und Informationsquellen für die Bewusstmachung ethischer Fragestellungen im Medizinstudium. Dr.in Karen Pierer, Stabsstelle für Curriculumsentwicklung, Prüfungsent- und –abwicklung erläuterte schließlich den curricularen Bogen für ethische Inhalte im Medizinstudium.

Resumee

In einer abschließenden Diskussion wurde unter anderem Einigkeit darüber erzielt, dass Ethik nicht allein das Thema von ExpertInnen sein könne, sondern in der pluralistischen, globalisierten Gesellschaft die zunehmende Notwendigkeit bestehe, innere Haltungen zu analysieren, Standpunkte zu überdenken, sich mit berufsrelevanten Themen, die über die jeweilige Fachexpertise hinausgehen, zu beschäftigen, um so in einen fundierten Dialog zu ethischen Fragen mit unterschiedlichsten Gruppen treten zu können. Als Grundvoraussetzung für jede Form des Dialogs wurde die Präzisierung der Sprache im Sinne einer Begriffsklärung genannt. Die Komplexität ethischer Fragen im Bereich der Medizin verlange zudem einen möglichst breit gefächerten Zugang und die Einbeziehung verschiedenster Fachrichtungen, Erfahrungen und Herangehensweisen.