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Autoantikörper im Fokus der aHUS-Ursachenforschung

In einem aktuellen, von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) mit 70.000 Euro geförderten Forschungprojekt legen Dr.in Therese Jungraithmayr und ihre Arbeitsgruppe von der Univ.-Klinik für Pädiatrie I (Leitung Univ.-Prof. Lothar Bernd Zimmerhackl) den Fokus auf die Charakterisierung von Autoantikörpern, die im Rahmen des Komplementsystems eine Rolle bei der Entstehung des atypischen Hämolytisch-Urämischen Syndroms (aHUS) spielen. Die klinisch mit Nierenversagen einhergehende Krankheit betrifft vorwiegend Kinder.

Das atypische Hämolytisch-Urämische Syndrom zählt zu den seltenen Krankheiten, die vorwiegend bei Kindern als chronische Erkrankung vorkommt. Von den jährlich in Österreich und Deutschland etwa 200 bis 250 neu auftretenden HUS-Fällen sind ungefähr fünf Prozent atypisch. Im Gegensatz zum klassischen, infektiös bedingten Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS) wird unter aHUS eine seltene Variante zusammengefasst, die wiederkehrend ist, nicht kausal mit einer Infektion mit dem Darmbakterium Escherichia coli (E. coli) zusammenhängt und mit schlechteren Ergebnissen einhergeht.

"Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem das Komplementsystem als Teil unserer angeborenen Immunität eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Krankheit spielt", weiß Dr.in Therese Jungraithmayr, die an der von Prof. Lothar Zimmerhackl geleiteten Univ.-Klinik für Pädiatrie I zu Nierenerkrankungen im Kindesalter forscht. Die zu erwartenden Forschungsergebnisse sollen die Entwicklung zielgerichteter Maßnahmen für die Behandlung des aHUS begünstigen.

Erstellung eines Antikörperprofils

Ein für aHUS ursächlicher Defekt im Komplementsystem ist wiederum auf genetische und erworbene Störungen im Bereich der Komplementregulation zurückzuführen. Genetische Analysen des Teams um Jungraithmayr (Dr. Johannes Hofer, Dr.in Magdalena Riedl, Dr. Thomas Giner und Dr.in Alejandra Rosales) ergaben eine Deletion für das FHR1-Protein, also eine Mutation eines Komplement regulierenden Faktors. Diese genetischen Veränderungen resultieren in einer verstärkten Aktivierung des Komplementsystems (alternativer Weg) und darausfolgender Zellschädigung. Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang dem Komplementprotein Faktor H zu, der im Komplement als hemmender Regulator wirkt. "Zusätzlich zu den genetischen Varianten gibt es Patientinnen und Patienten, die Antikörper gegen Faktor H bilden. Wodurch eine solche Antikörperproduktion ausgelöst werden kann, ist eine der Fragestellungen der laufenden Untersuchungen" beschreibt Dr.in Jungraithmayr die Zielrichtung des neuen ÖNB-Projekts und ergänzt: "In bisherigen Studien fanden wir die Antikörperproduktion meist in Kombination mit einer Mutation der Faktor H-abhängigen Proteine FHR-1 und FHR-3."

Nachdem HUS-PatientInnen nach einer Nierentransplantation erfahrungsgemäß eine hohe Rekurrenzrate aufweisen, ist das Verhalten der relevanten Antikörper nach Transplantation - also inwieweit Antikörper auch die neue Niere angreifen - von besonderem Interesse", erklärt Jungraithmayr. Vor diesem Hintergund wurde dazu im Labor das Endprodukt der Komplementkaskade, der Terminal Complement Complex (TCC), sowie Antikörper gegen Faktor H und Faktor B (stabilisiert die C3-Konvertase, die durch erschwerten Abbau vermehrt den alternativen Weg des Komplementsystems aktiviert) und die daraus resultierende funktionell veränderte Aktivität der drei Komplementwege mittels Wi-ELISA (eine Mess-Technik, mit deren Hilfe man die Aktivierbarkeit der drei Komplementwege gleichzeitig messen kann) gemessen. Jungraithmayr: "Damit sehen wir, welche Antikörper gegen welche regulatorischen Proteine eine Veränderung der Immunantwort und damit eine klinische Symptomatik bewirken".

Förderung patientenorientierter Forschung

Mit der Identifizierung jener Schlüsselreize, die diese Antikörper in Gang setzen und der Beschreibung der entsprechenden Risikofaktoren soll nun ein charakteristisches Profil erstellt werden, auf dessen Grundlage die Entwicklung zielgerichteter Therapieoptionen ermöglicht wird. Die Forschungsarbeit erfolgt in Kooperation mit Prof. Reinhard Würzner von der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Prof.in Veronique Fremeaux-Bacchi in Paris, Prof. Michael Kirschfink vom Institut für Immunologie, Heidelberg sowie Priv. Doz. Andreas Janecke von der Sektion für Klinische Genetik der Medizinischen Universität Innsbruck.

Im Bereich der von der Österreichischen Nationalbank direkt vergebenen Mitteln im Rahmen des "originären" Jubiläumsfonds werden seit 1966 schwerpunktmäßig wissenschaftliche Arbeiten hoher Qualität aus dem Bereich Wirtschaftswissenschaften sowie klinische krankheits- bzw. patientenorientierte Forschungsvorhaben aus dem Bereich der Medizinischen Wissenschaften gefördert, daneben aber auch Projekte aus den Sozial- und Geisteswissenschaften. Dem Projekt von Dr.in Therese Jungraithmayr wurde eine Förderung von knapp 70.000 Euro zugesprochen.