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Innsbrucker Expertenteam entwickelt revolutionären Prototyp für verbesserte Kopf-Chirurgie

An der Univ.-Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck (Direktor Univ. Prof. Dr. med. Herbert Riechelmann) geht ein interdisziplinäres Forscherteam bestehend aus dem Facharzt für HNO-Heilkunde, Dr. Florian Kral, und dem Medizinphysiker Prof. Wolfgang Freysinger einen völlig neuen Weg in der computerunterstützten Kopf-Chirurgie: Operationen mit 3D-Navigation im besonders heiklen Kopf- und Gesichtsbereich sollen mit Hilfe des Forschungsprojektes "Rhinospider" noch präziser und verlässlicher möglich sein.

Anfang Mai haben das Wissenschafts- und das Wirtschaftsministerium das Innsbrucker Projekt "Rhinospider" neben sechs anderen universitären Entwicklungsprojekten ausgezeichnet. Derzeit läuft die Patentierung, im August startet die Entwicklung des ersten Prototyps, der im Rahmen des Programms "uni:invent" bereits internationale Beachtung gefunden hat.

In der Chirurgie der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ist höchste Präzision bei komplexen Operationen im Kopfbereich, etwa bei Revisionseingriffen an der vorderen Schädelbasis oder im Bereich des Hörorganes, ausschlaggebend für den betroffenen Patienten. Dazu wird heute computerunterstützte 3D-Navigation in Echtzeit als Standard verwendet. "Der Chirurg operiert endoskopisch, mit Hilfe der Navigation ortet er - ähnlich einem GPS-System - in der 3D-Darstellung das OP-Instrument in Relation zur Anatomie des Patienten", erklärt Prof. Freysinger. Das Navigationssystem in der Chirurgie ermöglicht also wertvolle Rückschlüsse über Lage und Orientierung des Operationsinstruments zu besonderen Risikostrukturen - wie zum Beispiel zur Kopfschlagader. Mit den herkömmlichen technologischen Verfahren stoßen optischen Positionsmessverfahren und ihre Kopplung an radiologische 3D-Datensätze (CT/MRT) des Patienten an ihre technischen Grenzen. Die erste Herausforderung besteht darin, immer direkten Sichtkontakt zwischen der 3D-Kamera, dem navigiertem Instrument und dem geortetem Patienten zu garantieren. Die zweite Herausforderung ist die operationsspezifische Gestaltung der maximalen Präzision der Navigationstechnologie: im Operationsgebiet muss die Ortung so perfekt wie möglich sein.

Innsbrucker Forschungsprojekt "Rhinospider": Bisherige Grenzen in der Kopf-Chirurgie überschreiten

"Bei schwierigen Operationen – zum Beispiel im HNO-Bereich des Felsenbeins – können Operationsmikroskope und Operationspersonal oft den unbedingt notwendigen direkten Sichtkontakt zwischen optischer Positionsmessung, Referenzelementen und navigierten OP-Instrumenten blockieren", veranschaulicht HNO-Facharzt Dr. Kral die Schwierigkeiten. Bei modernen minimal invasiven Operationsverfahren werden die Zugangswege immer kleiner und damit auch die immer besser auflösende radiologische Bildgebung, die praktisch nur das Operationsgebiet abdeckt. Sehr kleine anatomische Areale des Patienten bei modernen, minimalinvasiv durchgeführten Operationen können nur schwer in die 3D-Bildgebung eingebunden werden – und sind damit eine besondere Herausforderung für die klinisch erzielbare Präzision. Die Arbeitsgruppe an der Innsbrucker HNO-Klinik hat nun ein alternatives Verfahren entwickelt, das patientenspezifische Merkmale zur Ortung und Kopplung des Patienten an die 3D-Datensätze der Navigation ausnutzt. Ziel dieses innovativen Forschungsprojektes ist die weitere Verbesserung der Präzision bei navigierter Chirurgie im Kopfbereich im Submillimeter-Bereich: "Das Projekt "Rhinospider" wird neben patientenspezifisch optimierter Präzision der 3D-Navigation zudem Technik und klinische Abläufe bei navigierten Eingriffen in der Klinik und im Operationssaal weiter verbessern. Die gesamte Prozesskette wird vereinfacht, dass 3D-Navigationstechnologie reibungsfrei in den klinischen Alltag integrierbar wird. Dies steigert einerseits die Akzeptanz bei Chirurgen,, andererseits ist diese Hochtechnologie im Sinne der betroffenen Patienten", beschreiben der Facharzt für HNO, Dr. Kral, und der Medizinphysiker Freysinger ihr gemeinsames Forschungsprojekt.

Rhinospider eröffnet neue Perspektiven im Hinblick auf Sicherheitsmaßnahmen und inhärente Qualitätskontrolle für navigierte Operationen im Kopfbereich. Die Umsetzung des Prototyps startet im August.

Hintergrundinformation

Was bedeutet Operieren mit 3D-Navigation?

Die 3D-Navigation in der Chirurgie besteht aus einem Computer, Berechnungsprogrammen und aus Positions-Messeinheiten: Vor einer Operation liefern Untersuchungen wie MRT (Magnetresonanztomographie) und/oder eine CT (Computertomographie) oder ähnliche 3D-Schnittbildverfahren Bilder und Informationen über die Anatomie des Patienten. Unmittelbar vor der Operation werden am benötigten chirurgischen OP-Instrument sowie – z.B. bei HNO-Operationen - am Kopf des Patienten Reflektoren zur exakten Vermessung der Anatomie angebracht. Während des chirurgischen Eingriffs senden diese Reflektoren – vom Instrument und vom Patienten - simultan Informationen an den Navigationscomputer. Dieser verknüpft die Infos mit den voroperativen Informationen von MRT und CT. Damit wird die aktuelle Position eines chirurgischen Instrumentes im Patienten in den radiologischen 3D-Bidlern und in einem individuellen 3D-Modell des Patienten am Bildschirm dargestellt. Dadurch erhält der Chirurg wertvolle Rückschlüsse während der Operation, über die Nähe des chirurgischen Instrumentes zu kritischen Arealen, wie beispielsweise der Kopfschlagader.

Schlüssel-Info Projekt "Rhinospider"

Nach einem internationalen Begutachtungsprozess wurden Dr. Florian Kral (HNO-Facharzt) und Univ. Prof. Dr. Wolfgang Freysinger (Medizinphysiker) der Univ. HNO Klinik Innsbruck für das Projekt "Rhinospider" ausgezeichnet. Das Projekt "Rhinospider" (Projektvolumen 250.000,- €, aus Mitteln beider Ministerien und der Medizinischen Universität Innsbruck) hat die Entwicklung eines Prototypen zur Optimierung von Präzisionsanwendungen von computerunterstützter Chirurgie im Kopf zum Ziel. Derzeit wird die Idee zur Patentierung eingereicht, im August startet die Entwicklung des Prototyps. Die Entwicklungen finden in der HNO Klinik (Direktor Univ. Prof. Dr. Herbert Riechelmann) im interdisziplinären Team der Arbeitsgruppe 4D Visualisierung statt. Das Projekt "Rhinospider" wurde möglich durch die enge Kooperation zwischen Klinikern und Naturwissenschaftlern / Technikern.

RHINOSPIDER löst die Hauptprobleme klinischer 3D-Navigation: Anwendungsgenauigkeit und intraoperative Zuverlässigkeit.

RHINOSPIDER erlaubt die Demonstration einer submillimetrischen und zuverlässigen Anwendungsgenauigkeit für computerunterstützte Eingriffe im Kopfbereich.

Auszeichnung durch Bundesministerien für Wirtschaft & Wissenschaft - über "uni:invent"

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung getragenen universitären Patent- und Lizenzierungsprogramms uni:invent unterstützt die aws (Austria Wirtschaftsservice GmbH) österreichische Universitäten bei der Bewertung, Patentierung und Verwertung von Erfindungen. Die aws zeichnet im Auftrag des Wirtschaftsministeriums sieben universitäre Entwicklungsprojekte aus. Damit wird der Wissenstransfer von der Forschung in die Wirtschaft gefördert.