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Von der Ästhetik des gesunden Blutdrucks…

Der Quotient aus dem systolischen und dem diastolischen Blutdruck eines gesunden Herz-Kreislaufsystems entspricht auf vier Nachkommastellen genau der magischen Zahl Phi (1,6180). Mit dieser durch Univ.-Prof. Hanno Ulmer errechneten, überraschenden Erkenntnis gelangte der geschäftsführender Direktor des Departments für Medizinische Statistik, Informatik und Gesundheitsökonomie in die traditionell viel beachtete Weihnachtsausgabe des British Medical Journal.

Der Parthenon in Athen, die Pariser Kathedrale Notre-Dame, Leonardo da Vincis Mona Lisa und George Clooney haben eines gemeinsam: Sie bilden in ihrer architektonischen, künstlerischen wie anatomischen Erscheinung ein ideales, in Zahlen darstellbares Verhältnis ab. Auch der rechnerischen Struktur eines DNA-Moleküls liegt dieses Verhältnis zugrunde. Die in der Mathematik seit dem 19. Jahrhundert als “goldener Schnitt” bezeichnete Proportion gilt als Inbegriff von Harmonie und Schönheit und übt schon seit Jahrtausenden eine besondere Anziehung auf die Menschen aus.

Bereits etwa 300 v. Chr. schrieb Euklid über eine Streckenkonstruktion mit Phi, die er ‘proportio habens medium et duo extrema’ (Teilung nach dem äußeren und mittleren Verhältnis) benannte. “Die Zahl Phi hat den Wert 1,6180339887… und ergibt sich, indem eine Strecke so in zwei Abschnitte geteilt wird, dass der kleinere Teil zum größeren Teil sich genau so verhält wie der größerer Teil zum Ganzen. Luca Pacioli (1445-1514) bezeichnete dieses Verhältnis als ‘divina proportio’ (göttliche Teilung). Der deutsche Naturphilosoph und Mathematiker Johannes Kepler (1571-1630) stellte fest, dass sich der Quotient zweier aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen dem Goldenen Schnitt annähert”, erklärt Medizin-Statistiker Ulmer die Grundzüge des mathematischen Themas (Die Fibonacci-Folge ist eine unendliche Folge von Zahlen, bei der sich die jeweils folgende Zahl durch Addition der beiden vorherigen Zahlen ergibt. Die Reihe ist nach Leonardo Fibonacci oder Leonardo da Pisa, einem der bedeutendsten Mathematiker des Mittelalters benannt).

Die Relevanz von Phi für das Herzinfarktrisiko

Entsprechend der Arbeitshypothese, dass dieses harmonische Zahlenverhältnis auch auf biologische Variablen, wie etwa den arteriellen Blutdruck umgelegt werden könnte, kamen Prof. Ulmer und sein Team zu einer überraschenden Erkenntnis. Wie schon vergangene Projekte des Departments für Medizinische Statistik, Informatik und Gesundheitsökonomie stützt sich auch die aktuelle Analyse auf PatientInnendaten, die im Rahmen des Vorarlberg Health Monitoring and Promotion Programms (VHM&PP) in den vergangenen 20 Jahren gesammelt worden waren. Auf Basis einer sehr großen Stichprobe von über 160.000 Blutdruckmessungen aus der Langzeitstudie errechneten die Statistiker, dass der Quotient aus dem systolischen und dem diastolischen Blutdruck auf vier Nachkommastellen genau der magischen Zahl Phi entspricht. “Diese Entdeckung”, so Prof. Ulmer, “ist aus wissenschaftlicher Sicht insofern interessant, als dass wir zeigen konnten, dass die Ratio bei erkrankten Personen signifikant höher war und im Mittel 1,7459 betrug”. Blutdruckwerte von gesunden Menschen folgen also der Formel des Goldenen Schnitts, während PatientInnen mit Herz-Kreislauferkranken von diesem Muster abweichen.

„Auch wenn diese Erkenntnis weniger für den einzelnen Patienten relevant und vielmehr als epidemiologisches Phänomen zu verstehen ist, machen weitere Analysen in anderen Untersuchungsgruppen durchaus Sinn”, schließt Ulmer.