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Durchbruch in der MSA-Genetik

Für die Multisystematrophie (MSA), eine rasch fortschreitende und letztlich tödlich verlaufende neurodegenerative Erkrankung, gibt es bis heute keine erfolgversprechende Therapie. Eine kürzlich im renommierten Annals of Neurology erschienene Forschungsarbeit unter Mitwirkung Innsbrucker Neurologen eröffnet nun mit der Entdeckung einer genetischen Grundlage für die MSA neue Perspektiven.

Etwa 1000 Menschen sind in Österreich von MSA betroffen im Gegensatz zu 20 000 Parkinson-Erkrankten. Die neurologische Erkrankung wird durch einen Untergang von Zellen in bestimmten Regionen des Gehirns verursacht. Klinisch entwickeln MSA-Patienten häufig ein Parkinson-Syndrom sowie autonomes Versagen, sprechen aber nicht auf die Parkinson-Therapie an, was zum raschen Verlauf der Krankheit beiträgt.

Forschungsschwerpunkt MSA

Auf Initiative von Prof. Gregor Wenning und Prof. Werner Poewe von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie (Direktor Univ.-Prof. Werner Poewe) wurde vor 10 Jahren ein MSA-Forschungsschwerpunkt eingerichtet, der sich in wenigen Jahren zu einem europäischen Exzellenznetzwerk ausweiten konnte. „In dieser international erfolgreichen Studiengruppe (European Study Group EMSA-SG) sind inzwischen 22 Partner beteiligt“, betont Wenning, dessen Intention es ist, aus der unheilbaren MSA eine gezielt behandelbare Erkrankung zu machen. Die Hauptziele des Forschungsnetzwerks - die Aufklärung der Ätio-Pathogenese, die Darstellung des natürlichen Krankheitsverlauf und der Progressionsdynamik mittels spezifischer Skalen und bildgebender Surrogatmarker, die Entwicklung transgener MSA-Mausmodelle als Testbett für die Evaluierung von neuroprotektiven und neurorestaurativen Strategien und die Durchführung von Phase II- und III-Therapiestudien innerhalb von EMSA-SG - wurden teilweise bereits errreicht. So ist es gelungen eine krankheitsspezifische Skala (Unified MSA Rating Scale UMSAS) zu entwickeln und MR-basierte Surrogatmarker zu charakterisieren, womit die Schwierigkeit der diagnostischen Unterscheidung von MSA- und Parkinson-Patienten überwunden wird. Darüber hinaus wurden mit Beteiligung der EMSA-SG die diagnostischen Kriterien der MSA im Rahmen einer internationalen Konsenskonferenz überarbeitet (Gilmann et al. Neurology 2008). Mit der Entwicklung eines transgenen Mausmodells durch Prof. Nadia Stefanova in der von Prof. Wenning geleiteten Sektion für klinische Neurobiologie konnte zudem ein geeignetes präklinisches Testbett für die Untersuchung innovativer Therapieansätze wie Gentransfer und Stammzelltransplantation geschaffen werden. Das Innsbrucker MSA-Modell ist weltweit das einzige, welches analog zur humanen Krankheitsentstehung genetische und exogene Faktoren vereinigt.

Genetik-Zeitalter der MSA-Forschung eingeläutet

Eine international Aufsehen erregende, kürzlich im renommierten Annals of Neurology erschienene Forschungsarbeit in Kollaboration mit dem EMSA-Konsortium unter der Erstautorenschaft von Dr. Sonja Scholz, einer ehemaligen Mitarbeiterin der Gruppe um Prof. Wenning und derzeit am NIH in Washington tätig, sowie unter der Leitung von Prof. Thomas Gasser vom Hertie-Institut in Tübingen, konnte mit dem genomischem Assoziationsansatz erstmals zwei Varianten im Alpha-Synuclein-Gen bei einer großen Zahl von MSA-Patienten nachweisen. Die Neuropathologie der MSA zeigt eine charakteristische neuronale Multisystemdegeneration, die mit einer weit verbreiteten intrazellulären Ablagerung von Alpha-Synuclein in Oligodendrozyten, den sogenannten glialen Einschlusskörperchen (GCI), verbunden ist. Alpha-Synuclein ist ein Hauptbestandteil von intrazellulären Proteinaggregaten bei der Parkinson-Krankheit, der MSA und der Lewy-Körper-Demenz. Diese neurodegenerativen Erkrankungen werden deshalb auch als Alpha-Synucleinopathien bezeichnet. Alpha-Synuclein, das im gesunden Gehirn nicht in glialen Zellen gebildet wird, kommt bei der MSA vor allem in oligodendroglialen Zellen vor. „Analog zur Parkinson-Krankheit und passend zu neuropathologischen Befunden mit Alpha-Synuclein-Einschlüssen in der Oligodendroglia von MSA-Gehirnen sprechen die aktuellen Ergebnisse für eine genetische Vulnerabilität in der Entstehung der sporadischen MSA-Erkrankung“, analysiert Prof. Wenning. Zur Identifizierung weiterer genetischer Krankheitsdeterminanten ist eine whole genomic associative study (WGAS) mit 1000en Patienten und Kontroll-DNA-Proben vorgesehen.

„Die gegenwärtigen WGAS-Befunde haben gleichzeitig mit der Beschreibung erster monogener MSA-Familien in Deutschland und Japan das Genetik-Zeitalter der MSA eingeläutet. In den nächsten Jahren geht es darum, gewonnene Erkenntnisse für die Pathogenese-Forschung nutzbar zu machen und derzeitige Neuroprotektionsansätze im Tiermodell zu verbessern“, blickt Gregor Wenning in die Zukunft.