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Yousra El Ghaleb erhielt Dr. Otto Seibert Preis

Der Kalziumkanalforscherin Yousra El Ghaleb ist es am Institut für Physiologie mit Bernhard Flucher gelungen, ein Gen und dessen Varianten als Ursache für eine seltene erbliche Krankheit zu identifizieren. Für diese herausragende Leistung, die im Top-Journal Brain publiziert wurde, erhielt sie nun den Dr. Otto Seibert Preis 2022. Lena Tschiderer, die 2021 mit dem Wissenschaftsförderungspreis ausgezeichnet wurde, durfte die Auszeichnung ebenfalls entgegennehmen.

Am Dienstag war es endlich wieder einmal so weit. Nachdem pandemiebedingt im vergangenen Jahr keine Preisverleihung stattfinden konnte, durften am 22. November zwei Preisträgerinnen den Dr. Otto Seibert Wissenschafts‍‍‍-Förderungspreis in stimmungsvollem Ambiente entgegennehmen: Yousra El Ghaleb für das Jahr 2022 und Lena Tschiderer für 2021. Nach Grußworten von Rektor Wolfgang Fleischhacker stellte Forschungsvizerektorin Christine Bandtlow die Wissenschafterinnen und ihre hervorragenden Forschungsleistungen vor, ehe sie ihnen ihre Urkunden überreichte.

Das Spezialgebiet von Yousra El Ghaleb ist die Kalziumkanalforschung. Die aus den Niederlanden stammende Forscherin ist seit November 2017 bei Bernhard Flucher am Institut für Physiologie tätig. Als Erstautorin einer im Fachjournal Brain publizierten Studie ist es El Ghaleb im Team um Flucher gelungen, Varianten des CACNA1I Gen eindeutig als Ursache für eine seltene erbliche Erkrankung zu identifizieren. Dafür erhält sie den Dr. Otto Seibert Wissenschaftsförderungspreis 2022.  

In Kooperation mit dem Pharmakologen Petronel Tuluc von der Universität Innsbruck und der Humangenetikerin Kerstin Kutsche von der Universität Hamburg-Eppendorf ist es den ForscherInnen gelungen, genetische Defekte für den spannungsaktivierten Cav3.3-Kanal zu beschreiben, die bereits im Kindesalter zu teils schweren intellektuellen Störungen und epileptischen Anfällen führen. „Zunächst wurde nach Mutationen gesucht, die bei den betroffenen Kindern, nicht aber bei deren Eltern vorhanden sind, so genannte De Novo-Mutationen. Bei einigen Patienten wurden solche dann im Cav3.3-Kanal gefunden. Um zu verifizieren, ob die Defekte tatsächlich auf diese Mutationen zurückzuführen sind, habe ich dann im Labor Experimente mit Elektrophysiologie an unserem Zellmodell durchgeführt. Die beobachteten Veränderungen der Kanaleigenschaften erklären das Krankheitsbild bei den PatientInnen mit dem mutierten CACNA1I Gen. Dieses Gen war bisher nur mit Schizophrenie in Verbindung gebracht worden. In unserer Arbeit konnten wir Veränderungen in diesem Gen erstmals als Ursache für seltene neurologische Entwicklungsstörungen beschreiben“, erklärt El Ghaleb das Vorgehen. Die Forschungsarbeit wurde vom renommierten Fachjournal Brain veröffentlicht.

Im Detail brachte das grundlagenwissenschaftliche Projekt der Arbeitsgruppe gleich mehrere bemerkenswerte Ergebnisse hervor. So zeigten die Cav3.3-Varianten funktionelle Veränderungen, die als Verstärkung der Kanalfunktion (gain of function) eingestuft werden konnten. Diese funktionellen Veränderungen deuteten darauf hin, dass ein vermehrter Kalziumeinstrom Neurone schädigt oder abtötet, was die Defekte in der neuronalen und intellektuellen Entwicklung der PatientInnen, die teils dramatisch sein können, erklärt. Des Weiteren führten die Mutationen zu einer erhöhten Erregbarkeit von Neuronen, worauf wiederum die epileptischen Anfälle in stärker betroffenen PatientInnen zurückzuführen sind. Das Ausmaß der veränderten Kanalfunktionen bei den unterschiedlichen Mutationen passte zudem gut mit dem Schweregrad des jeweiligen Krankheitsbildes zusammen.

El Ghaleb, die nach ihrem Studium in den Niederlanden und einem Forschungsaufenthalt an der Karolinska Universität in Stockholm als PhD-Studentin nach Innsbruck gekommen ist, forscht mittlerweile als Post-Doc am Institut für Physiologie. Neben dem Dr. Otto Seibert Wissenschaftspreis hat sie in diesem Jahr auch den „Award of Excellence 2022“ des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung für ihre Dissertation erhalten.

Dr. Otto Seibert-Stiftungspreise

Der aus Deutschland stammende Dr. Otto Seibert war Arzt und wurde 1902 geboren. Als er sich bei einer Bergwanderung in Südtirol überanstrengte, brachte ihn der damalige Vizebürgermeister von Klobenstein, der zufällig in der Nähe war, ins Krankenaus. Als Zeichen seiner Dankbarkeit entschied sich Seibert, eine Stiftung für Südtiroler Studierende zu gründen. Gemeinsam mit dem damaligen Rektor der Universität Innsbruck, Rainer Sprung, arbeitete er einen „Stiftbrief“ aus. Der Arzt stiftete den Wissenschaftsförderungspreis, den Preis für Forschung zur Förderung gesellschaftlich Benachteiligter, den Preis zur Förderung wissenschaftlicher Publikationen sowie Stipendien für Südtiroler Studierende. Der Dr. Otto Seibert Wissenschaftspreis geht nach dem Willen des Stifters jedes Jahr an Forschende aus den Fachbereichen Rechtswissenschaften und Naturwissenschaften. Otto Seibert verstarb im Jahr 1988.

(Innsbruck, 25. Nov. 2022, Text: T. Mair, Foto: D. Bullock)

Forschungsarbeit:
Yousra El Ghaleb, et. al, CACNA1I gain-of-function mutations differentially affect channel gating and cause neurodevelopmental disorders, Brain, Volume 144, Issue 7, July 2021, Pages 2092–2106, https://doi.org/10.1093/brain/awab101

Links:
Dr. Otto Seibert Preis 2021 für Lena Tschiderer

Dr. Otto Seibert Preis für Wissenschaftsförderung

Bericht über die Forschungsarbeit von Yousra El Ghaleb und Bernhard Flucher in MEDINN Ausgabe 2021 (S. 18f)

ForscherInnenportrait über Lena Tschiderer in MEDINN Ausgabe 2022 (S. 26)

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