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Intensivmedizin: Wie Nieren und Lunge interagieren

Bei IntensivpatientInnen kommt es häufig zu einer Mehrfachorgandysfunktion. Eine Auffälligkeit, der die Frage folgt, ob die zugrundeliegende Erkrankungen die Ursachen oder andere Faktoren, wie eine Interaktion zwischen den Organen, dafür verantwortlich sind. Mehr Klarheit über das Zusammenspiel von Niere und Lunge schaffen die Untersuchungen von Michael Joannidis und Sebastian Klein et al., deren Ergebnisse aktuell im renommierten Fachjournal „Intensive Care Medicine“ veröffentlicht wurden.

Während Interaktionen von Organen mit dem Herz – Stichwort Kreislaufsystem – bekannt sind, weiß man wenig über die von anderen Organen. Um das Zusammenspiel vor allem von Lunge und Niere bei kritisch kranken PatientInnenen besser verstehen zu können, wurde im Juni 2018 unter der Schirmherrschaft der Medizinischen Universität Innsbruck und der Österreichischen Gesellschaft für internistische und allgemeine Intensivmedizin und Notfallmedizin (ÖGIAIN) ein Meeting (Link: Bericht), mit dem Ziel, die Interaktionen von Lunge und Niere darzustellen, organisiert. Die TeilnehmerInnen dieser Konferenz waren 24 international ausgewiesene ExpertInnen auf dem Gebiet der Intensivmedizin, Nephrologie und Pulmologie. Die aus der Konferenz gewonnen Erkenntnisse wurden in Folge aufgearbeitet und nun veröffentlicht.

Im Bild v.li: Sebastian Klein und Michael Joannidis

Konkrete Ergebnisse

Anhand von langzeit-epidemiologischen Studien und Daten von Intensivstationen sowie Publikationen in Fachjournalen seit 1964, wurden Ergebnisse analysiert; auch tierexperimentelle Studien wurden berücksichtigt. Bekannt ist bisher, dass eine sowohl eine akute Lungen- als auch Nierenschädigung zu vermehrt Komplikationen aber auch erhöhter Sterblichkeit bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten führen kann. Eine sich zusätzlich entwickelnde akute Nierenschädigung im Rahmen eines akuten Atemnotsyndroms kann die Krankenhaussterblichkeit auf fast 60 Prozent erhöhen“, weiß Michael Joannidis, Leiter der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin an der Medizin Uni Innsbruck. Es ist jedoch nach wie vor nicht vollständig geklärt, wodurch diese Komplikationen bedingt sind. Einerseits werden von der geschädigten Lunge entzündungsfördernde Botenstoffe freigesetzt, die zu einer Nierenschädigung führen können, andererseits können auch die durch die Lungenerkrankung bedingte Störungen in der Sauerstoffversorgung zu einer Einschränkung der Nierenfunktion führen. „Darüber hinaus wissen wir, dass bei einer mechanischen Beatmung der Lunge Einschränkungen noch erhöht werden können“, so Joannidis.

Umgekehrt kann es jedoch auch im Rahmen einer akuten Nierenschädigung zu einer zunehmenden Schädigung und Funktionseinschränkung der Lunge kommen. „Dies kann zum Beispiel durch einen Flüssigkeitsüberschuss bedingt sein, wenn die Niere aufgrund ihrer Schädigung eine adäquate Flüssigkeitsausscheidung nicht mehr aufrechterhalten kann. In weiterer Folge kann dies ein Lungenödem zur Folge haben“, erklärt Intensivmediziner Joannidis. Durch entsprechende vorsichtige Flüssigkeitsbilanzierung beziehungsweise Unterstützung der Flüssigkeitsausscheidung mit harntreibenden Medikamenten oder Nierenersatztherapie (Dialyse) könne dieser Komplikation, so ein Ergebnis der Untersuchung, vorgebeugt werden. Des Weiteren konnten verschiedene Effekte von extrakorporalen Systemen, wie eine „künstliche Niere oder Lunge“, auf die Organfunktionen aufgezeigt werden. „Insbesondere die Kombination von extrakorporalen Systemen stellt Ärztinnen und Ärzte vor neue Herausforderungen und Fragestellungen, wodurch auf diesem Gebiet sich einige neue Forschungsfragen ergeben haben“, sagt Michael Joannidis. So konnten insgesamt mit Ergebnissen der Untersuchung sowohl Empfehlungen für die direkte PatientInnenenversorgung als auch weitere Fragestellungen für zukünftige Forschungsschwerpunkte formuliert werden.

Die Niere als Warnsignalgeber

Führend im deutschsprachigen Raum ist die Innsbrucker Uniklinik bei der Behandlung des akuten Nierenversagens, das mehr als 50 Prozent aller IntensivpatientInnen betrifft. „Es stellt sich nicht mehr bloß die Frage, ob man eine Nierenersatztherapie durchführen soll oder nicht, sondern auch wie man die Behandlung der einzelnen Patientinnen und Patienten so optimiert, dass ein Nierenversagen noch verhindert oder zumindest abgefangen werden kann“, sagt Joannidis. Die neuen Erkenntnisse helfen dabei, auch diese Problematiken besser zu verstehen. Nieren sind aber auch in ihrer Eigenschaft gute Warnsignalgeber.  Es sind sehr sensible Organe, die vor allem gut sichtbar auf Veränderungen der Homöostase, dem organischen Gleichgewicht, reagieren. Sie sind essentiell für die Regulation des Säure Basen Haushaltes und des Blutdrucks. Indem die Niere auch das Hormon Erythropoetin, das für das Wachstum roter Blutkörperchen zuständig ist, produziert, dient sie als guter Sensor auch für den Sauerstoffgehalt im Blut und Veränderungen im Herz-Kreislaufsystem. Insgesamt sind Nieren Warnsignalgeber, die frühzeitig auf Funktionsveränderungen reagieren. Neue Biomarkern, die eine akute Nierenfunktionsstörung noch früher als bisher aufzeigen, eröffnen dabei zusätzliche Möglichkeiten zur Optimierung der Präventionsstrategien.

(Text: D. Bullock/M. Joannidis; Foto: MUI/D. Bullock, Grafiken: Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin)

 

Links:

Publikation: https://link.springer.com/article/10.1007/s00134-019-05869-7 (Joannidis, M., Forni, L.G., Klein, S.J. et al. Lung–kidney interactions in critically ill patients: consensus report of the Acute Disease Quality Initiative (ADQI) 21 Workgroup. Intensive Care Med (2019) doi:10.1007/s00134-019-05869-7)

Bericht über das XXI. ADQI („Acute Disease Quality Initiative“) Meeting zum Thema „Lunge-Niere Interaktionen"

Österreichischen Gesellschaft für internistische und allgemeine Intensivmedizin und Notfallmedizin (ÖGIAIN)

Gemeinsame Einrichtung für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin an der Medizin Uni Innsbruck

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