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Rektor Wolfgang Fleischhacker ludt zur Antrittsvorlesung von Bettina Toth. Foto: MUI/D. Bullock.

Ein Kind um jeden Preis? Antrittsvorlesung von Bettina Toth

Anfang März fand im großen Hörsaal des Kinder- und Herzzentrums die Antrittsvorlesung von Bettina Toth statt. Am 1. Oktober 2016 hatte die Nachfolgerin von Ludwig Wildt die Leitung der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin übernommen. In ihrem praxisnahen Vortrag mit vielen Fallberichten erklärte sie die Möglichkeiten und Grenzen einer verantwortungsvollen Reproduktionsmedizin.

Seit der ersten erfolgreichen In vitro Fertilisation (IVF) 1978 sind weltweit bislang rund 6,5 Millionen Kinder nach IVF/ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) geboren worden. An der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin werden über 400 künstliche Befruchtungen pro Jahr durchgeführt. Mit jährlich über 11.000 Patientenkontakten ist das Angebot der Klinik stark frequentiert. Das steigende Alter bei den Erstgebärenden führt zu einer großen Nachfrage. Die Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin sei dementsprechend eine wichtige Säule der Frauenheilkunde, betonte Rektor Wolfgang Fleischhacker in seinen Begrüßungsworten.  „Für den Medizinstandort Innsbruck ist es eine Auszeichnung für das Fach Endokrinologie und Reproduktionsmedizin eine eigene Univ.-Klinik und Professur zu haben. Es geht ja nicht nur darum, die Patientinnen und Patienten bestmöglich zu betreuen, sondern auch die Ärztinnen und Ärzte von morgen in diesem wichtigen Spezialbereich auszubilden und die Forschung voranzutreiben.“ Der gut gefüllte Hörsaal zeige darüber hinaus, dass Bettina Toth sich bereits gut in Innsbruck etabliert habe. 

Möglichkeiten und Grenzen der Reproduktionsmedizin
In ihrer Antrittsvorlesung versuchte Bettina Toth das breite Feld der Reproduktionsmedizin zu schildern. Immer wieder nutzte die Fachärztin Fallbeispiele, um die Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin aufzuzeigen. Dabei betonte Toth, das bei einer Therapie bei Kinderwunsch immer die Ermöglichung einer spontanen Konzeption, also eine Schwangerschaft ohne künstliche Befruchtung, Insemination oder hormonelle Stimulation im Vordergrund steht. In vielen Fällen sei dies allerdings nicht möglich. Neben den Chancen einer professionellen Kinderwunschbehandlung, ging Toth auch ausführlich auf die Grenzen ein. So bekommen von elf Paaren, die einen IVF- oder ICSI -Zyklus beginnen, 10 Paare auch tatsächlich einen Embryotransfer. Davon werden durchschnittlich vier schwanger und drei Paare gehen mit einem Baby nach Hause.

Die Behandlung von Paaren mit Kinderwunsch ist allerdings nur ein Bereich von mehreren, verdeutlichte die Reproduktionsmedizinerin. „Wir betreuen Patientinnen von der Wiege bis ins hohe Alter.“ Patientinnen mit gynäkologisch-endokrinologischen Erkrankungen, wie unter anderem wiederholte Fehlgeburten, Polyzystisches Ovar Syndrom (PCOS), Zyklusstörungen, Endometriose oder Wechseljahresbeschwerden werden ebenfalls an ihrer Klinik behandelt. Darüber hinaus ist gibt es an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin eine First-Love-Ambulanz, Hormonsprechstunde, Angebote für Transgender sowie Frauen mit Endometriose.

Social Freezing & Designer Babys
Ein wichtiger Bereich ist die Behandlung von Frauen mit mehreren Fehl- oder Totgeburten.  Bettina Toth ist dafür eine ausgewiesene Spezialistin und so beispielsweise auch an der Erstellung von neuen Leitlinien für die Behandlung von Betroffenen im deutschsprachigen Raum beteiligt. Weitere Themen ihrer Vorlesung waren das medial stark diskutierte „social freezing“, also einfrieren von Eizellen um eine Verschiebung des Kinderwunsches nach hinten und Anpassung an die Karriereplanung zu ermöglichen sowie die genetische Intervention an Embryonen vor der Implantation, also die so genannten „Designer Babys“. Die Endokrinologin zeigte hier durchaus kritisch die Limitationen auf, die Frauen beispielsweise durch ihr Alter gesetzt sind oder die durch die Einhaltung von ethischen Grundsätzen geboten sind, die für ÄrztInnen im Vordergrund stehen sollten. So sollte beispielsweise die erhöhte Morbidität von Frauen bei einer Schwangerschaft über 40 oder 50 Jahren mitberücksichtigt werden.

Fertilitätserhalt bei Krebsbehandlungen
Gegen Ende ihrer Vorlesung widmete sich Bettina Toth einem weiteren Schwerpunkt ihrer Klinik:  dem Fertilitätserhalt vor einer Chemo- oder Strahlentherapie. Dieser Bereich wird auch ein Schwerpunkt in den Forschungsprojekten an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin sein. Die gebürtige Baden-Württembergerin schilderte am Beispiel ihrer Patientin in Heidelberg, Bettina Wassermann, wie es möglich ist, bei Frauen die Fruchtbarkeit zu erhalten. Toth hatte die Patientin, die mit 32 an Brustkrebs erkrankt war, in Heidelberg behandelt. Die beiden Kinder sind mittlerweile drei Jahre und sieben Monate alt. Auch in Innsbruck wurde mittlerweile in Zusammenarbeit mit Univ.-Klinik für Frauenheilkunde (Direktor: C. Marth) eine Retransplantation von Eierstockgewebe bei einer Brustkrebspatientin erfolgreich durchgeführt. Toth hatte die Schwangerschaft betreut und wird dieses Angebot in Innsbruck ausbauen. Neben dem Einfrieren von Eizellen, Eierstockgewebe oder befruchtete Eizelle werden auch Spermien eingefroren, um auch Krebspatienten einen Kinderwunsch nach erfolgreich überstandener Tumorbehandlung zu ermöglichen.

Zum Schluss betonte Toth die Bedeutung und enge Zusammenarbeit mit der Univ.-Klinik für Gynäkologie und Frauenheilkunde (Direktor: C. Marth) der Univ.-Klinik für Urologie (W. Horninger) sowie  der Sektion für Humangenetik (Direktor: J. Zschocke).

Karriere: Von Tübingen über München und Heidelberg nach Innsbruck
Bettina Toth hat an der Eberhard-Karls Universität Tübingen studiert und promoviert und war viele Jahre an der Ludwig-Maximilians Universität München tätig, wo sie sich 2008 auch habilitiert hat. Seit 2009 war die 45-jährige gebürtige Baden-Württembergerin als stellvertretende Klinikdirektorin für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen in Heidelberg tätig. Schwerpunkte ihrer bisherigen Forschungsarbeiten waren die Themen vermehrte Fehlgeburten, Implantation, Störungen des Gerinnungssystems sowie die Reproduktionsimmunologie. Zudem ist sie seit vielen Jahren auch berufspolitisch aktiv, unter anderem als Mitglied in deutschsprachigen Gesellschaften und für internationale Fachjournale als Gutachterin tätig. Seit Oktober 2016 ist sie im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) vertreten.

(B. Hoffmann-Ammann)

Weitere Informationen:

Univ.-Klinik für Endokrinologe und Reproduktionsmedizin

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