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Raimund Margreiter, Christoph Brezinka, Wolfgang Schobersberger, Toni Innauer, Michael Cepic und Gastgeber Johannes Haid. (v. li. n. re.)

Doping und Arzneimittelmissbrauch im Spitzen- und Leistungssport. Welche Rolle spielt die Medizin?

Ende April lud der AbsolventInnenverein der Medizinischen Universität Innsbruck wieder zu einer prominent besetzten Podiumsdiskussion: Immer wieder sorgt die Einnahme von verbotenen Substanzen zur Leistungssteigerung von SpitzensportlerInnen für Aufsehen. Präsident em.Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Raimund Margreiter begrüßte rund 150 BesucherInnen im Hypo Tirol Center.

Das Thema Doping könnte man als „Dauerbrenner“ bezeichnen. Jüngst gingen wegen des Dopinggeständnisses von Tennis-Star Maria Scharapowa die Wogen hoch. Das Herzpräparat „Meldonium“ ist in Österreich und Deutschland nicht zugelassen, aber in den ehemaligen Staaten der Sowjetunion weit verbreitet. Es führt zu einer Durchblutungssteigerung und Zellregeneration und SportlerInnen erhoffen sich davon eine physische und mentale Leistungssteigerung, die allerdings wissenschaftlich nicht erwiesen ist. Dass prinzipiell jeder Arzt/jede Ärztin mit dem Thema Doping in Berührung kommen kann, betonte Moderator ao.Univ.-Prof. Dr. Christoph Brezinka bereits in seinem Einführungsvortrag. Man müsse jegliches Medikament, das medizinisch indiziert sei auch dahingehend prüfen, ob es für PatientInnen, die trainieren und im Leistungssport an Wettkämpfen teilnehmen, verboten sei. Gerade in seinem Fachbereich, der Reproduktionsmedizin, gebe es einzelne Medikamente, die sich aufgrund ihrer Wirkung auf den Hormonhaushalt auch auf der „Dopingliste“ fänden. Die zentrale Frage, die sich jeder Arzt in diesem Zusammenhang stellen müsse, sei, welches Wissen muss ich haben und wie setze ich es richtig ein? meinte der Vizepräsident von ALUMN-I-MED, ao.Univ.-Prof. Brezinka.

Nationale Antidoping Agentur Austria GmbH
Die offizielle und auch rechtlich verbindliche Instanz in Sachen “Sauberer Sport” heißt NADA. Die Nationale Antidoping Agentur Austria unter der Geschäftsführung von Mag. Michael Cepic klärt und verwaltet die gesetzlichen Bestimmungen rund um das Doping. In erster Linie geht es um die Frage, wann Doping beginnt und wie Kontrolle, Prävention und Sanktionen auszusehen haben. Geregelt sind diese Dinge im Welt-Antidoping-Code und dem nationalen Antidopingbundesgesetz. Jeder Sportverband unterzieht sich freiwillig den gesetzlichen Reglements, weil die Bundesförderungen daran geknüpft sind und die SportlerInnen unterliegen der freiwilligen Kontrolle. Im Falle einer positiven Blut- oder Urinprobe stellt die NADA einen Prüfantrag bei der Österreichischen Rechtskommission und diese wird für den Sportverband tätig. Der Sportverband sperrt dann den betroffenen Sportler oder die Sportlerin. Die NADA sieht sich in erster Linie als Protektor des „sauberen Sports“, zu dem es laut Cepic keine Alternative gebe. Die gänzliche oder teilweise Freigabe von derzeit verbotenen Substanzen wird immer wieder diskutiert, sei aber sinnlos und sogar gefährlich. Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks und den hohen Preisgeldern bestünde ansonsten Gefahr für Leib und Leben für die SportlerInnen. Neben den Aufgaben der NADA versuchte Cepic auch mit einigen Vorurteilen aufzuräumen: Es stimme nicht, dass manche Verbände weniger geprüft werden als andere und es stimme nicht, dass die SportlerInnen rund um die Uhr überwacht würden. Die SportlerInnen müssten lediglich einen so genannnten „Time slot“ definieren, innerhalb dessen sie an einem fixen Ort für eine mögliche Testung anzutreffen sind. Neben der Kontrolle und Prävention hat die NADA auch eine hohe Informationspflicht, der sie mit Website, persönlichen AnsprechpartnerInnen und einer eigenen Smartphone-App, mit der man jedes Medikament selbst testen kann, bestens nachkommt.

Die Geschwister Sport und Ethik
Skisprunglegende und Olympiasieger Mag. Toni Innauer, der jahrelang als Nationaltrainer und Sportdirektor im ÖSV (Österreichischen Skiverband) wirkte, beleuchtete das Thema sehr persönlich. Sport sei für ihn „eine Insel der Gerechtigkeit“, auf der Leistung gerecht gemessen würde, unabhängig von sonstigem Status und Vermögen. „Der Bessere möge gewinnen“ sei für ihn das Credo des ehrlichen Sports. Beim Skispringen hätten Dopingfälle in den 70er Jahren in der damaligen DDR gezeigt, dass dies auch Nachteile bringen könne. So sei der Einsatz von anabolen Steroiden mit Gewichtszunahme der Athleten verbunden, was beim Skifliegen meist hinderlich ist. Während in dieser Zeit Doping in Österreich undenkbar gewesen sei, wurden in der DDR SportlerInnen, die nicht bereit waren, sich zu dopen, sogar vom Kader ausgeschlossen. In Österreich werde gerade das viel zitierte EPO (Erythropoetin, Substanz zur Bildung roter Blutkörperchen) seit dem Jahr 2000 permanent kontrolliert. Doping ist für Innauer einerseits Sportbetrug und andererseits häufig auch mit strafrechtlichen Belangen, z. B. Beschaffungskriminalität verbunden. Innauer, der als Gründer und Geschäftsführer einer Sportagentur als Berater im Sportbereich Ansehen genießt und in der Ethikkommission der NADA vertreten ist, macht sich seit Jahrzehnten Gedanken, mit welchem Regelwerk Doping zu unterbinden ist und generell die Gesundheit der SportlerInnen geschützt werden kann.

Gefahr durch Missbrauch
Als weiterer wichtiger Referent am Podium fungierte Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger von der Sportmedizin ISAG, der sich der medizinischen Leistungsdiagnostik verschrieben hat und in diesem Zusammenhang auch mit Medikamentenmissbrauch im Sport und den daraus resultierenden Gefahren konfrontiert ist. Aber auch medizinische Ausnahmegenehmigungen müssten möglich sein, damit SportlerInnen im Krankheitsfalle nicht Schmerzen erdulden müssen, nur um dem Dopingvorwurf aus dem Weg zu gehen.
Er brachte auch den Begriff des „Body dysmorphic disorder“ in die Diskussion ein. Dabei handelt es sich um ein psychiatrisches Krankheitsbild, bei dem PatientInnen unter einer Körperbild-Wahrnehmungsstörung leiden und ihren an und für sich gesunden Körper ständig modifizieren und damit schädigen würden. Auch Schobersberger sieht seine wesentlichen Aufgaben in der Beratung und Aufklärung.

Weitere Diskussionspunkte waren Kontrollen im Breitensport, die derzeit weitgehend fehlen, die Verbesserung der Analysemethoden und das Einfrieren von Blut- und Urinproben für eine Testung zu einem späteren Zeitpunkt sowie Grauzonen im Doping. Eine insgesamt sehr facettenreiche Diskussion mit reger Publikumsteilnahme fand mit einem von der Hypo Tirol Bank AG gesponsertem Buffet seinen Ausklang. ALUMN-I-MED Präsident Raimund Margreiter dankte dem Vertreter des Sponsors, Vorstandsdirektor Mag. Johannes Haid, für die Gastfreundschaft und Unterstützung des Events.

 

(P. Paur)

 

Weitere Informationen:

ALUMN-I-MED

 

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