search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

home>mypoint>news>695645.html

Diskutierten zur Medizin-Ausbildung für SüdtirolerInnen: Martha Stocker, Andreas Falger (Hypo Tirol Bank, Sponsor), Walter Obwexer, Helga Fritsch, Artur Wechselberger, Markus Schwab, Christoph Brezinka und Raimund Margreiter. (v. li. n. re.)

Medizin-Ausbildung für SüdtirolerInnen in Innsbruck

Der AbsolventInnenverein der Medizinischen Universität Innsbruck, ALUMN-I-MED (Präsident em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Raimund Margreiter), lud kürzlich zur Diskussion über ein für das Bundesland Tirol wie für Südtirol relevantes Thema: die Ausbildung von Südtiroler MedizinerInnen in Innsbruck. Aktuell brisant wurde das Thema durch die Rückstellung der Anträge auf Anerkennung der im österreichischen Ausbildungssystem erworbenen Facharzttitel an Spitälern in Südtirol durch das Ministerium in Rom.

Welche Rolle die Medizinische Universität Innsbruck, die Tirol Kliniken und die Ärztekammer für Tirol bei der Ausbildung der Südtiroler MedizinerInnen in Zukunft spielen können, wurde im gut gefüllten Hörsaal der Chirurgie ebenso beleuchtet, wie der Stand der Verhandlungen mit dem Ministerium in Rom. Die Moderation der Diskussion übernahm in gewohnt kompetenter Weise Univ.-Prof. Dr. Christoph Brezinka, der als Vorstandsmitglied der Ärztekammer für Tirol mit dem Thema bestens vertraut ist.

Südtiroler Studierende in Innsbruck
Der Universitätsstandort Innsbruck spielt seit jeher eine wichtige Rolle für MedizinerInnen aus Südtirol: Rund drei Viertel der Südtiroler ÄrztInnen studieren in Innsbruck, der Rest in Salzburg, Wien, Graz, in der Schweiz oder in Deutschland. Rektorin Univ.-Prof.in Dr.in Helga Fritsch wartete dazu mit aktuellen Zahlen auf. Von den derzeit ca. 2600 Studierenden an der Medizinischen Universität Innsbruck seien rund 350 SüdtirolerInnen. Für den Aufnahmetest MED-AT konnte man heuer noch eine Quotenregelung sichern. Danach stehen 75 Prozent der Plätze für BewerberInnen mit österreichischem Maturazeugnis zur Verfügung. In die ÖsterreicherInnenquote fallen auch die besten BewerberInnen aus Südtirol, Liechtenstein und Luxemburg.

FachärztInnenausbildung in zwei konträren Systemen
Nach dem Medizin-Studium folgen fünf bis sechs Jahre FachärztInnenausbildung. Erst dann verfügen ÄrztInnen über eine abgeschlossene Berufsausbildung, mit der sie eigenverantwortlich in einem Spital oder in freier Praxis arbeiten dürfen. Der Übergang vom Medizinstudium in die Facharztausbildung stellt dabei eine der wichtigsten und auch schwierigsten Phasen dar. Dies gilt ganz besonders für MedizinerInnen aus der deutschsprachigen Volksgruppe in Südtirol. Beim Medizinstudium sind sie den ÖsterreicherInnen gleichgestellt, Famulaturen und einzelne Pflichtpraktika können an Südtiroler Spitälern absolviert werden.

Die Südtiroler AbsolventInnen haben bei der FachärztInnenausbildung zwei Optionen: Entweder bewerben sie sich an einer italienischen Universität um einen Facharzt-Studienplatz. Die FachärztInnenausbildung ist in Italien ein Hochschulstudium mit strengen Zulassungskriterien, die das Ministerium für Unterricht und Universitäten festlegt und die sehr theoretisch orientiert sind. Als Bezahlung erhalten sie vom Land Südtirol dafür ein monatliches Stipendium in der Höhe von 1800 € (brutto). Die Alternative dazu heißt, nach Österreich, Deutschland oder in die Schweiz zu gehen und die klinisch-praktische FachärztInnenausbildung nach den dort geltenden Bestimmungen zu machen und dann nach Südtirol zurückzukehren.

Die Österreichische Ärztekammer kann im Ausland erworbene Facharztausbildungen anerkennen – dafür muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen, etwa die Anzahl der ausbildenden FachärztInnen, Bettenzahl, PatientInnenendurchlauf,  ie für eine Ausbildung in Österreich gelten würden, auch im Ausland erfüllt wurden. Für Südtirol wurde zu Beginn der 1990iger Jahre dieser Prozess der Ausbildungsanerkennung umgedreht und die einzelnen Spitäler und ihre Abteilungen einem den österreichischen Spitälern entsprechenden Ausbildungsüberprüfungsprozess unterzogen. Um den nördlich wie südlich des Brenners denkbaren Missbrauch, etwa dass mehrereÄrztInnen sich eine einzige Ausbildungsstelle teilen, zu verhindern, müssen die ÄrztInnen in Ausbildung monatlich der Ärztekammer für Tirol gemeldet werden. Fehlende Ausbildungszeiten können dann noch an österreichischen Spitälern vervollständigt werden, die Facharztprüfung muss in Österreich absolviert und bestanden werden. Die Rechtmäßigkeit dieser seit 25 Jahren praktizierten Vorgangsweise wurde zuletzt vom italienischen Ministerium angezweifelt, weshalb man in Bozen, Innsbruck und Wien an einer einvernehmlichen Lösung mit Rom arbeitet, die die weitere Ausbildung der Südtiroler ÄrztInnen sichert.

Politische Lösung angestrebt
Der Europarechtsexperte Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer erläuterte den rechtlichen Standpunkt, der so auszulegen sei, dass die von Österreich anerkannten Facharzttitel auch von Italien anerkannt werden müssten. Der Experte betonte jedoch, dass eine Austragung der Auffassungsunterschiede mit Rom auf dem Klagsweg erhebliche Zeit in Anspruch nähme und eine EuGH-Entscheidung frühestens nach 6-8 Jahren zu erwarten sei. Deshalb präferiere er ebenfalls die von der Südtiroler Landespolitik angestrebte, politische Lösung. Die Südtiroler Landesrätin für Gesundheit Dr.in Martha Stocker betonte vor allem die gute Ausbildungssituation der Südtiroler ÄrztInnen und dass sie sich weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit den Tirol Kliniken und den österreichischen Stellen wünsche. Mag. Dr. Markus Schwab, Prokurist und Personaldirektor der Tirol-Kliniken, betonte die Wichtigkeit des Bildungsstandorts Tirol mit der Medizinischen Universität einerseits und den Tirol Kliniken andererseits, der höchste medizinische Versorgungsstufe für Südtirol biete. Derzeit seien 7 Südtiroler FachärztInnen als direkt von Südtirol finanzierte „StipendiatInnen“ in Ausbildung, 45 weitere Ausbildungsärzte sind auf österreichischen Stellen angestellt. Die „StipendiatInnen“ haben die Verpflichtung, nach Abschluss der Ausbildung nach Südtirol zurückzukehren und dort im öffentlichen Gesundheitsdienst zu arbeiten. Schwab erwähnte auch die rund 5.000 PatientInnen aus Südtirol, die pro Jahr ambulant oder stationär in den Häusern der Tirol Kliniken in Behandlung sind. Als zeitlich ungünstige Koinzidenz mit der Anerkennung der FachärztInnenausbildung betrachtet er die „Ärztliche Ausbildungsverordnung neu“, die mit 1. Juni 2015 in Kraft trat. Dies stelle die Tirol Kliniken vor enorme Herausforderungen, da alle anerkannten Lehrkrankenhäuser und -abteilungen neu evaluiert werden müssten. Der Präsident der Österreichischen und der Tiroler Ärztekammer, Dr. Artur Wechselberger, wies darauf hin, dass die neue Ausbildungsordnung gesetzlich geregelt ist und umgesetzt werden muss, weiters erläuterte er die Rolle der Ärztekammer, die die Gleichwertigkeit der Ausbildung nach den von der Europäischen Union für alle Mitgliedsstaaten erlassenen Berufsrichtlinien, in den jeweiligen Ausbildungskommissionen zu prüfen habe.

Südtirol hat in ganz Italien das am besten funktionierende Gesundheitssystem – nicht zuletzt, weil der Großteil seiner FachärztInnen praxisnahe ausgebildet werden. Damit dies weiter funktioniert, darin waren sich auch bei der Diskussion mit den zahlreichen Südtiroler JungärztInnen und Medizinstudierenden alle einig, müssen die Südtiroler Spitäler ihre Ausbildungskompetenz beibehalten. Dies geht nur in enger Zusammenarbeit der Südtiroler Gesundheitsverwaltung und der Südtiroler Spitäler mit Österreich und hier vor allem mit den Tirol Kliniken und der Medizinischen Universität Innsbruck sowie der Tiroler Ärztekammer.

 

(Petra Paur)

Weiter Informationen:

https://www.i-med.ac.at/alumn-i-med/

Aktuell