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Konsenspapier der Medizinischen Universität Innsbruck:

Brennende Fragen & Antworten zur Covid-19-Pandemie

ExpertInnen der Medizinischen Universität Innsbruck beantworten fächerübergreifend wichtige Fragen zur aktuellen SARS-CoV-2 Pandemie. Vieles ist im Fluss, was eindeutige Aussagen erschwert. Aus unterschiedlichen Blickwinkel betrachtet, ergeben sich zudem zum Teil sehr unterschiedliche Ansichten und Meinungen. Ziel dieser Liste mit Fragen & Antworten ist es, den aktuellen Konsens verschiedener Fachrichtungen aufzuzeigen. Die Liste wird laufend überarbeitet, ergänzt und nach Priorität geordnet.

    • Dorothee von Laer, Direktorin Institut für Virologie
    • Cornelia Lass-Flörl, Direktorin Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie
    • Thomas Müller, Direktor der Universitätsklinik für Pädiatrie I
    • Günter Weiss, Direktor Univ.-Klinik für Innere Medizin II

Warum sollte man sich impfen lassen?

Masken: Wie sinnvoll sind sie wirklich?

Wie können FFP2-Masken für den Privatgebrauch aufbereitet werden? (pdf-Download)

Wer sollte auf Sars-Cov-2 getestet werden?

Ist Sars-Cov-2 vergleichbar mit den bekannten Grippeviren?

Wann ist das Infektionsrisiko am größten?

Wie ansteckend sind Schulkinder?

Können Infizierte ohne Symptome andere anstecken?

Sind Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden nach Beendigung der Quarantäne ansteckend?

Warum sollte man sich impfen lassen?

Die aktuellen Impfstoffe schützen zu 60 bis 90 Prozent vor der Infektion mit SARS-CoV-2 und mit einem sogar höheren Prozentsatz gegen schwere Verläufe von Covid-19. Auch gegen die aktuell kursierende Deltavariante bietet die Impfung einen hervorragenden Schutz. Die Impfung zeigt zwar akute Impfreaktionen sowie extrem seltene Gerinnungsstörungen in den ersten drei bis vier Wochen, aber keine Langzeitfolgen. Der Impfschutz scheint aber mit der Zeit nachzulassen, sodass Auffrischungsimpfungen besonders bei älteren Personen und RisikopatienInnen bereits nach neun bis 12 Monaten angezeigt sein können. Wichtig ist zu erwähnen, dass Genesene in den ersten zehn Monaten mindestens den gleichen Immunschutz haben wie Geimpfte und daher beide Gruppen bezüglich der Maßnahmen gleichgestellt werden sollten.

Masken: Wie sinnvoll sind sie wirklich?

Eine Vielzahl von Studien haben klar gezeigt, dass der Mund-Nasen-Schutz die Ausbreitung des SARS-CoV-2 hemmt. Hierbei sind FFP2 Masken effektiver als einfache OP Masken, oder mehrlagige Stoffmasken. Einlagige Stoffmasken oder Visiere bieten alleine keinen guten Schutz.

Masken haben im Wesentlichen zwei Funktionen. Einerseits sollten sie unser Gegenüber vor infektiösen Tröpfchen schützen, andererseits dienen sie in der Klinik oder im Pflegebereich als Schutz von Personen, die mit infizierten PatientInnen in Kontakt treten.

Öffentlichkeit: Es wird geraten Masken (Stoffmasken, chirurgischer Mund-Nasen-Schutz) zu tragen, um die Verbreitung von Tröpfchen durch möglicherweise Infizierte entsprechend zu reduzieren. Dies scheint insbesondere sinnvoll, wenn ein Mindestabstand von ein bis eineinhalb Metern nicht eingehalten werden kann. Ein hundertprozentiger Schutz vor Infektionen ist durch einen textilen Mund-Nasen-Schutz allerdings nicht gegeben. Für Personen, die zur sogenannten Risikogruppe gehören, kann das Tragen einer FFP2 Maske in der Öffentlichkeit ein zusätzlicher Schutz sein. (s. dazu auch: Aufbereitung von FFP2-Masken für den Privatgebrauch, pdf-Download)

Klinik: Masken sind aus dem Klinikalltag nicht mehr wegzudenken, weil diese ein wichtiges Tool in der Infektionsprävention für viele verschiedene Erreger/Krankheiten darstellen. Medizinische Masken (chirurgische Mundschutz) schützen Mensch und Umgebung vor Tröpfchen und anderen großen Partikeln, wie sie beim Husten, Niesen und Sprechen abgegeben werden. Im medizinischen Bereich ist es unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll auch vor luftgetragenen Gefahrstoffe (kleine Partikel, Aerosole) zu schützen. Hier kommen FFP Masken (Partikelfiltrierende Halbmasken) zum Einsatz, welche aus einem leistungsstarken Filtermaterial bestehen. Ein höherwertiger Mund-Nasen-Schutz (NP95, FFP 2 oder FFP 3) stellt eine effektive Maßnahme dar, um beispielsweise medizinisches Personal, das mit Infizierten arbeitet, vor Infektionen zu schützen. Diese Maßnahme hat sich in vielerlei Hinsicht als höchst effektiv erwiesen. In diesem Zusammenhang kann ein höherwertiger Mund-Nasen-Schutz (z.B. FFP 2) auch verhindern, dass infizierte Personen oder Verdachtspersonen infektiöse Tröpfchen an ihre Umwelt abgeben. Daher soll die FFP Maske von direkt exponierten Personen bei Tätigkeiten mit großem Risiko der Aerosolbildung bei Patienten mit Verdacht oder bestätigtem Covid-19 eingesetzt werden.

Wer sollte auf Sars-Cov-2 getestet werden?

Natürlich sollte jeder der Symptome hat, die auf Covid 19 hindeuten, getestet werden. Bei Screening-Untersuchungen kommen aber auch Analysen bei sogenannten engen Kontakten (K1), sowie Personen in Bereichen, wo hohe Infektionsraten bzw. Übertragungsraten vorliegen in Frage. Also bei Altersheimen, Pflegeheimen, MitarbeiterInnen im mobilen Pflegedienst, Flüchtlingsheimen oder bei Bereichen, wo sich häufig Cluster gebildet haben. Sogenannte K1 Personen, müssen rasch auf SARS-CoV-2 getestet werden, auch wenn diese keine Symptome haben. Sie könnten kurz vor Ausbruch der Erkrankung sein, in der sogenannten präsymptomatischen Phase, wo die meisten Infizierten bereits hoch ansteckend sind. Alternativ ist bei mangelnden Ressourcen die behördliche Absonderung in Quarantäne ohne Testung möglich. Bei Auftreten von Symptomen sollte allerdings immer umgehend eine Testung erfolgen.

Wenn man die präsymptomatischen Personen rasch aufspürt, so kann man die weitere Ausbreitung des Virus durch eine Isolierung und Testung von deren engen Kontaktpersonen verhindern. Hierbei ist auch zu bedenken, das SARS-CoV-2 Infizierte, die niemals Symptome entwickeln, durchaus ansteckend sein können, allerdings in geringerem Ausmaß als symptomatische Patienten.

Österreich hat als eines der ersten Länder im Frühjahr 2021 mit breitem Screening mittels Antigentest oder PCR begonnen. Diese Maßnahmen im Zusammenhang mit den sogenannten 3G Regeln haben einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet und sind inzwischen in vielen Ländern eingeführt (3G, Zutritt zu bestimmten Bereichen nur als Getestete, Genesene oder Geimpfte mit jeweiligem Nachweis). 

Ist Sars-Cov-2 vergleichbar mit den bekannten Grippeviren?

Nein.

Einerseits ist zwar ein Großteil der PatientInnen mit SARS-CoV-2 nur mild symptomatisch bzw. kann ambulant behandelt werden, andererseits ist ein doch erheblicher Prozentsatz der Infizierten (10 – 20 Prozent) schwer von der Krankheit betroffen und benötigt eine Hospitalisierung bzw. in weiterer Folge mitunter auch einen Aufenthalt auf einer Intensivstation. Vor allem PatientInnen, die an chronischen Erkrankungen leiden oder höheren Alters sind, haben ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf. Es kommt auch immer wieder vor, dass PatientInnen ohne jegliche Vorerkrankungen in den Altersgruppen unter 60 Jahren schwere Verläufe haben und intensivmedizinisch betreut werden müssen. Schlussendlich leiden im Gegensatz zu Grippe-Erkrankten 10 bis 20 Prozent der Covid-Erkrankten an Langzeitfolgen, dem sogenannten Long-Covid. Hier stehen neurologische, Herzkreislauf- und Lungeneinschränkungen im Vordergrund.

In der Bevölkerung gibt es eine gewisse Immunität gegen Grippeviren, einerseits durch die Impfungen und andererseits aufgrund früher durchgemachter Infektionen, da die Grippeviren, die derzeit kursieren, sich nicht gravierend von den Viren früherer Jahre unterscheiden. Wenn man SARS-CoV-2 freien Lauf ließe, würde sich ein Großteil der Bevölkerung relativ rasch infizieren, mit einem Überlaufen der Intensivstationen und einer durch den Mangel an Beatmungsmöglichkeiten deutlich erhöhten Sterblichkeit an Covid-19 aber auch an nicht mit  Covid19 assoziierten Erkrankungen.

Wann ist das Infektionsrisiko am größten?

Die Übertragungswahrscheinlichkeit ist am höchsten ein bis zwei Tage vor Auftreten der ersten Symptome und bis zu fünf Tage danach. Danach lässt das Infektionsrisiko täglich nach.

Wie ansteckend sind Schulkinder?

Seit Beginn der COVID-19 Pandemie war und ist das die zentrale und „brennende“ Frage. Im Rahmen der ersten beiden Infektionswellen mit der SARS-CoV-2 Wildtyp-Variante, im Frühjahr und Herbst 2020, wurden in Österreich die Schulen aufgrund von Analogien zur Influenza Übertragung geschlossen. In einer österreichweiten prospektiven Kohortenstudie von Willeit et al. von der Medizinischen Universität Innsbruck wurde mittels „Gurgel-PCR“ eine SARS-CoV-2-Infektion bei 1,39 Prozent (95 Prozent CI 1,04-1,85 Prozent) der StudienteilnehmerInnen in der zweiten Untersuchungsrunde im Rahmen der zweiten und stärksten Infektionswelle in Österreich (10.-16. November 2020) festgestellt. Im Vergleich dazu war die Prävalenz von Infektionen bei SchülerInnen etwas geringer als die kommunale Prävalenz von 2,12 Prozent bei Personen im Alter von > 16 Jahren, die in einer anderen landesweiten bevölkerungsbasierten Studie beobachtet wurde.

Aufgrund des sehr unterschiedlichen Studiendesigns schätzen die AutorInnen, dass die Prävalenz in etwa gleich hoch ist, wie in der kommunalen Bevölkerung >16 Jahre war. Nicht zuletzt aufgrund dieser international viel beachteten Studie konnte gezeigt werden, dass die Prävalenz von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Wildtyp in Schulen zwar mit dem Infektionsgeschehen in der Gesamtbevölkerung korreliert, aber keinesfalls höher ist und die ursprünglich Influenza getriebene „Treiber“-Hypothese von Schulkindern widerlegt.

Kontakt-Tracing Daten aus England zeigten, dass die Übertragung des Wildtyp-Virus bei SchülerInnen der Sekundarstufe mit einer „sekundären Attackrate“ von drei Prozent eher selten waren. Das Auftreten von Clustern in Schulen ist international beschrieben, aber insgesamt eher selten und wiederum stark abhängig von der kommunalen Inzidenz sowie von den jeweiligen Präventionsmaßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, geteilten Klassen sowie Screening-Teststrategien zur raschen Identifizierung und Isolation von infizierten SchülerInnen. Die ganz aktuelle Frage für das kommende Wintersemester 2021/22 ist, wie sich im Gegensatz zum Wildtyp Coronavirus die wesentlich ansteckendere Delta-Variante auf das Infektionsgeschehen in den Schulen auswirken wird? Mit Aufkommen der Delta-Variante zeigt sich, dass die Infektionszahlen in den jüngeren Altersgruppen erneut stärker steigen. Die Zahl der bestätigten Infektionen kann aber auch durch das vermehrte Testen der 1,1 Millionen SchülerInnen im Rahmen der Screeningtests seit Schulbeginn zusätzlich beeinflusst werden. Auf der anderen Seite sind bis zu 82 Prozent der LehrerInnen und ca. 35 Prozent der 12- bis 18-jährigen SchülerInnen (Quelle: e-Impfpass 2.9.21) bereits vollständig immunisiert. Bei den derzeit nicht impfbaren unter 12-jährigen SchülerInnen sind jedoch geschätzt ca. 50 Prozent der Fälle beide Eltern geimpft, was Infektionsketten von Haushalten in die Schulen signifikant mindern sollte. Die aktuelle Teststrategie in den Schulen mit zwei nasalen Antigentests und einer zusätzlichen „Spül-PCR“ pro Woche wird zeigen, ob es unter der Delta-Variante zu häufigeren Clusterbildungen in Schulen kommt. Die in den nächsten Wochen erwartete Zulassung der COVID-Impfung für 5- bis 11-jährige sowie eine kontinuierliche Erhöhung der derzeitigen Impfrate von ca. 35 Prozent der 12- bis 18-jährigen und der Erwachsenen könnten jedoch das Infektionsgeschehen in den Schulen zusätzlich eindämmen.

Können Infizierte ohne Symptome andere anstecken?

Das ist möglich, vor allem in der Frühphase der Infektion, wenn ein Infizierter noch keine Symptome entwickelt hat, sich also in der sogenannten präsymptomatischen Periode befindet. Hier hat sich gezeigt, dass bis zu 48 Stunden vor Ausbruch der Infektion eine Ansteckung erfolgen kann. Diese Ansteckung dürfte für ein Drittel bis zu 50 Prozent aller Infektionen verantwortlich sein. PatientInnenen, die durchwegs keine Symptome entwickeln und asymptomatisch bleiben, scheinen für die Infektionsverbreitung eine deutlich untergeordnete Rolle zu spielen, was Untersuchungen zur Infektionsübertragung bei Haushaltskontakten nahelegen. Mindestens 20 Prozent der Infizierten entwickeln keine Symptome, machen also einen asymptomatischen SARS-CoV-2 Verlauf durch.

 

Sind Personen, die positiv auf Covid-19 getestet wurden nach Beendigung der Quarantäne ansteckend?

Nein. Die Beendigung der Quarantäne von Menschen, die eine Covid-19 Erkrankung zu Hause durchgemacht haben, erfolgt frühestens nach 10 Tagen und nur, wenn seit 48 Stunden keine Symptome mehr aufgetreten sind.