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Neue Erkenntnisse zum Tumor-Metabolismus

Unkontrolliertes, schnelles Wachstum ist eine der zentralen Eigenschaften von Krebszellen. Um die dafür notwendige Energieversorgung sicherstellen, adaptieren Tumore ihren Metabolismus. Eine zentrale Rolle in diesem Geschehen spielen die Mitochondrien. Nun konnte zum ersten Mal eine Verbindung zwischen mitochondrialen DNA Mutationen und spezifischen funktionellen Veränderungen im Energiemetabolismus hergestellt werden. Die Erkenntnisse wurden nun in „Nature Communications“ beschrieben.

In einem interdisziplinären Forschungsprojekt hat ein Team, bestehend aus WissenschafterInnen vom Institut für Genetischen Epidemiologie, von der Universitätsklinik für Urologie und vom Institut für Pathologie, Neuropathologie und Molekularpathologie sowie dem Daniel Swarovski Forschungslabor, der Innsbrucker Firma Oroboros, dem DKFZ in Heidelberg und der Translationalen Onkologie an der Universitätsmedizin Mainz, die metabolische Funktion und Veränderungen im Mitochondriengenom von Prostatakrebsgewebe untersucht und dabei interessante neue Erkenntnisse gewonnen.

Die in „Nature Communications“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen in hochmalignen Tumoren eine Verschiebung der mitochondrialen Atmung, weg von Substraten, die über den mitochondrialen Komplex I verstoffwechselt werden, hin zu Succinat, das über den mitochondrialen Komplex II in die Oxidationskette eingeschleust wird. Genaue Messungen, um die spezifischen Veränderungen der mitochondrialen Atmung in Tumorgewebe zu charakterisieren, wurden mit den Geräten der Innsbrucker Firma Oroboros (CEO Erich Gnaiger) gemacht. Wie die ForscherInnen zeigen konnten, sind die beschriebenen Veränderungen der Mitochondrienfunktion fast ausschließlich in aggressiven, sogenannten „high-grade“ Tumoren zu finden und sind mit einer kürzeren tumorfreien bzw. Gesamtüberlebenszeit assoziiert.

Mitochondrialer Stoffwechsel

Mitochondrien haben ein eigenes, ringförmiges Genom, das gegenüber dem Zellgenom eine erhöhte Mutationsrate aufweist. „Wir konnten feststellen, dass ein veränderter mitochondrialer Stoffwechsel mit bestimmten Mutationen im Genom der Mitochondrien einhergeht“, erzählt Erstautor der Arbeit Bernd Schöpf. Die Analysen von Hansi Weissensteiner, der sich schon lange mit den Besonderheiten des mitochondrialen Genoms beschäftigt, zeigten im kodierenden Genbereich im Tumorgewebe fast dreimal so viele Mutationen im Vergleich mit tumorfreiem Prostatagewebe. Von besonderem Interesse sind hier die Mutationen in den Genen von Komplex I Proteinen. Dreidimensionale Strukturmodelle dieser Mutationen geben Hinweise auf Beeinträchtigungen der Funktion des mitochodrialen Komplex I. Jene Tumoren mit den stärksten Auswirkungen der Mutationen zeigten auch die größten Veränderungen der mitochondrialen Atmung.

Interdisziplinarität

In der publizierten Arbeit konnte zum ersten Mal eine Verbindung zwischen mitochondrialen DNA Mutationen, wie sie für eine Reihe von Tumoren schon oft beschrieben wurden, und spezifischen funktionellen Veränderungen im Energiemetabolismus hergestellt werden. Für Helmut Klocker von der Innsbrucker Universitätsklinik für Urologie, dem Koordinator und Seniorautor der Studie, ergibt sich daraus eine neue Sichtweise auf Mitochondrienmutationen und ihren Beitrag zur Tumorbiologie. Ergebnisse und Methoden dieser Arbeit können dabei helfen, neue therapeutische Ansätze, die in den Energiemetabolismus der Tumore eingreifen, für das fortgeschrittenen Prostatakarzinom ― aber auch für andere Tumorarten ― zu entwickeln. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen steht für Klocker auch die Interdisziplinarität in Zentrum der Publikation: "Die Studie zeigt zudem, wie wichtig eine interdisziplinäre Kooperation unter Expertinnen und Experten verschiedener Fachbereiche, wie der Bioenergetik, Molekularbiologie, Genetik, Kristallographie, Bioinformatik und Statistik ist, um komplexe Fragestellungen zu beantworten."

Link zum Paper: https://www.nature.com/articles/s41467-020-15237-5

 

Bilder:

  1. “Fission and fusion in the LEAK state” von Odra Noel, London © Oroboros – MiPArt (https://www.bioblast.at/index.php/MiPArt_Gallery)
  2. Schematische Darstellung der mitochondrialen Atmungskette. Mit den Komplexen CI-CIV und ATP-Synthase, CV

(06.04.2020; H. Klocker)

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