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Prof. Sperk, Prof. Hausmann, Prof. Angst und Prof. Fleischhacker (v. li.)

6. Symposium: Kontroversielle Fragen zur Bipolaren Störung

Als manisch-depressive Erkrankung ist die Bipolare Störung im Volksmund bekannt. Zahlreiche wissenschaftliche Forschungsarbeiten haben sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Bipolare Störung auseinandergesetzt. Trotzdem gibt es immer noch viele ungeklärte Aspekte dieses Krankheitsbildes. ExpertInnen aus Österreich, Deutschland und England diskutierten in Innsbruck vor Kurzem neue Forschungserkenntnisse und kontroversielle Fragen.

Am 21. Juni fand zum sechsten Mal das Symposium „Kontroversielle Fragen zur Bipolaren Störung“ in Innsbruck statt. „Die Idee das Symposium so zu benennen, gründet auf der Tatsache, dass im Forschungsgebiet bipolare Störungen leider noch große Bereiche diagnostischer und therapeutischer Unsicherheiten zu finden sind“, erklärt ao.Univ.-Prof. Dr. Armand Hausmann (Univ.-Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Sozialpsychiatrie), der die Veranstaltung 2008 iniitiert hat. Seit zwei Jahren wird der Innsbrucker Psychiater von dem international bekannten Bipolar-Forscher, Prof. Dr. Heinz Grunze aus Newcastle, bei der Organisation unterstützt. Die Bipolare Störung gehört zu den Affektstörungen und äußert sich bei den Betroffenen in episodischen, schwierig kontrollierbaren Stimmungsschwankungen, die über das normale Maß hinausgehen und ein geregeltes Leben auch für die soziale Umwelt erheblich beeinträchtigen. Das vom Departement für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Innsbruck und dem „Institute of Neuroscience“ der Newcastle University organisierte Symposium fand in Kooperation mit der „Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie“ (ÖGPP) sowie der Tiroler Landeskrankenanstalten Gesellschaft (TILAK) im MZA in Innsbruck statt. Der Vizerektor für Forschung der Medizinischen Universität Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. Günther Sperk, der Direktor des Innsbrucker Departements Psychiatrie und Psychotherapie, Univ.-Prof. Dr. W. Wolfgang Fleischhacker, eröffneten das Symposium.

Renommierte ReferentInnen – kontroverse Diskussion
Einer der renommiertesten Forscher im Bereich Bipolare Störungen, der Schweizer Psychiater Prof. Jules Angst aus Zürich, referierte gleich zu Beginn der Veranstaltung über die diagnostischen Unsicherheiten anhand der anhaltenden Diskussion um das sogenannte bipolare Spektrum. Schon Kraepelin, der Begründer der beschreibenden Psychiatrie, war Verfechter eines Kontinuums dieser Affektstörung, ausgehend von Stimmungsschwankungen als Persönlichkeitszüge bis hin zu manifesten depressiven und manischen Episoden. Über die letzten Jahre, beginnend mit dem von der American Psychiatric Association im Jahr 1980 herausgegebenen Sammelband psychiatrischer Diagnose (DSM 3) wurden, um die Reliabilität psychiatrischer Diagnose zu erhöhen, abgrenzbare Kategorien geschaffen, die im Schnitt deutlich höherschwelliger angesetzt sind. Wissenschaftliche Arbeiten der letzten gründen auf diesen Kategorien, während das „bipolare Spektrum“ derzeit eine Sammlung von Erkenntnissen unterschiedlicher Grade an Wissenschaftlichkeit enthält. Prof. Angst versuchte in seinem Vortrag die im bipolaren Spektrum enthaltene wissenschaftliche Evidenz darzustellen, um diese besser von kolportierter, aber nie überprüfter Evidenz, abgrenzen zu können.
Die Frage nach wissenschaftlicher Evidenz stellt sich nochmals drastischer in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Martin Fuchs von der Innsbrucker Universitätsklinik für Allgemeine und Sozialpsychiatrie widmete sich daher der bestehenden Unsicherheit bei der nosologischen Zuordnung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und der bipolaren Störung im Kindes- und Jugendalter. Der spannenden Frage, ab wann eine medikamentöse Therapie bei Kindern erlaubt ist, ging Michael Kölch aus Berlin nach. Moritz Mühlbacher aus Salzburg erläuterte die neue Gluatamathypothese in Zusammenhang mit bipolaren Störungen. Gluatamat ist ein spezieller Neurotransmitter, der seine Wirkung durch die Aktivierung sogenannter NMDA Rezeptoren (N-Methyl-D-Aspartat) erzielt. Die Gluatamathypothese macht einen Mangel an Glutamat bzw. eine Unterfunktion von NMDA Rezeptoren für die Entstehung der Schizophrenie verantwortlich. Mit dem Glycin-Transporter-Blocker Bitopertin wird die These in der Therapie der Schizophrenie bereits wirksam eingesetzt. Der Haller Primar Josef Marksteiner referierte zum Thema Bipolare Störungen im Alter. Den geplanten Vortrag von Heinz Grunze, der leider verhindert war, wurde von Prof. Hausmann übernommen. Er beschäftigte sich mit den klinischen und diagnostischen Unterschieden zwischen den beiden Erkrankungstypen Bipolar I und II anhand rezenter Forschungsergebnisse einer in Großbritannien durchgeführten Studie. Primar Christian Haring aus Hall i. Tirol berichte aus dem EU-Projekt MONARCA und setzte sich mit der Frage auseinander, ob sich der technische Aufwand der durch elektronische Erfassung und Evaluation der Symptome einer bipolaren Störung entsteht, lohnt. Auf dem Hintergrund der derzeit kontroversiellen Diskussion über die fragliche Wirksamkeit von Antidepressiva bei „bipolarer Depression“, erweitert Thomas Baghai aus Regensburg diese Thematik mit der Frage ob insgesamt biologische Interventionen bei uni- und bipolaren Depressionen gleich gut wirksam sind.

Weiterführende Links:
Programm Bipolarsymposium 2013: http://www.bipolarsymposium.at/index.php?option=com_content&view=article&id=8&Itemid=5
Univ.-Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Sozialpsychiatrie: https://www.i-med.ac.at/psychiatry/allgemeine_psychiatrie/

(B. Hoffmann, A. Hausmann)

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