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Musiker:innendystonie

An der Dystonie-Ambulanz der Univ.-Klinik für Neurologie finden Sie Ansprechpartner:innen mit Erfahrung in der klinischen Diagnostik von neurologischen Bewegungsstörungen, wie sie sich auch bei Musizierenden zeigen können. Die Spannbreite möglicher Therapieverfahren umfasst neben der Injektionsbehandlung mit BotulinumNeuroToxin und der Therapie mit anticholinerger Medikation auch die Möglichkeit der Modifikation von Bewegungsabläufen zur Veränderung der sensomotorischen Verarbeitung. Ebenso fließen Präventionsmaßnahmen wie die Schulung der Selbstwahrnehmung, das Nützen von regelmäßigen Pausen und ein angepasstes Stressmanagement in die Beratung mit ein.

Was ist eine Musikerdystonie?

Eine Musikerdystonie ist durch den dauerhaften Verlust der Kontrolle über hoch qualifizierte Bewegungen beim Spielen eines Musikinstruments gekennzeichnet. Dystonien sind eine seltene Gruppe neurologischer Bewegungsstörungen, die zu Muskelanspannungen und Fehlhaltungen führen, die willentlich nicht kontrollierbar sind. Die Musikerdystonie fällt unter die sogenannten aufgabenspezifischen fokalen Dystonien. Musikerdystonien sind in der Regel schmerzlos. Sie treten bei 1-2 % aller professionellen Musiker meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf und können zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Instrumentalspiels führen. Häufig sind Geiger:innen und Bläser:innen sowie Pianist:innen und auch Gitarrist:innen betroffen.

„Apollos Fluch“ oder die Musikerdystonie

Robert Schumann, 1839

"Im Jünglingsalter bemerkte Robert Schumann zuerst, dass der Zeigefinger und der Mittelfinger auffallend weniger Kraft und Gelenkigkeit, als die übrigen besaßen. Die längere Zeit fortgesetzte Anwendung einer Maschine ("Cigarrenmechanik"), mittels welcher die genannten Finger stark nach dem Handrücken gehalten wurden, hatte zur Folge, dass die selben von nun an in einen lähmungsartigen Zustand verfielen, in dem Maße dass sie erstens nur schwaches Gefühl besaßen und zweitens rücksichtlich der Bewegung dem Willen nicht mehr unterworfen waren". Schumann selbst schrieb dazu am 14. Juni 1832 in sein Tagebuch: "Der Dritte Finger ist vollkommen steif." Robert Schumann litt vermutlich an einer fokalen Dystonie.

Reich W. Schumann. Aus Kunst und Leben. [Translation to Castilian by A. Batistessa.] Buenos Aires: Recordi Americana, 1957.

Ursachen einer Musikerdystonie?

Es wird angenommen, dass einer Musikerdystonie eine multifaktorielle Genese zugrunde liegt. Sowohl eine genetische Prädisposition als auch exogene Trigger-Faktoren wirken vermutlich zusammen.
Musikerdystonien dürften demnach auf einer fehlgeleiteten dynamischen Anpassung des Gehirns (Plastizität) durch stetig wiederholte Bewegungsabläufe, also auf einer Störung der Bewegungsprogramme im Gehirn beruhen. Als „dynamisches Stereotyp“ wird eine zunächst vorübergehende Verschlechterung der Feinmotorik bezeichnet. Dieses stellt vermutlich eine Vorform der Musikerdystonie dar.
Neben der chronischen Repetition hochkomplexer Bewegungsmuster am Instrument und der Notwendigkeit eines technischen und künstlerischen Höchstleistungsniveaus, können eine körperlich belastende Bau- und Spielweise der Instrumente, das Arbeitsumfeld sowie psychische Belastungen aufgrund des Leistungs- und Konkurrenzdrucks exogene Trigger-Faktoren für eine Musikerdystonie darstellen. Das „dynamische Stereotyp“ wird häufig durch psychologische Stressoren oder Müdigkeit ausgelöst.