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Abwasseranalysen der Gerichtsmedizin Innsbruck: Cannabis wird am häufigsten konsumiert, Kokainkonsum steigt weiter

  • Drogenrückstände in den Abwässern von vier österreichischen und einer Südtiroler Kläranlage (insgesamt 70 Gemeinden) untersucht
  • Erstmals auch Daten zum THC-Konsum (Wirkstoff in Cannabis) erhoben
  • Cannabis und Kokain sind die gängigsten Drogen

Das Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck (GMI) ist Teil des europaweiten Netzwerkes SCORE, das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht jährlich die Mengen einzelner verbotener Substanzen in den Abwässern europäischer Städte untersucht. Im Jahr 2018 wurden europaweit die Abwässer von 97 Kläranlagen in 84 Städten bzw. Regionen analysiert, darunter auch die Abwässer von vier österreichischen und einer Südtiroler Kläranlage. Seit heute liegen die Ergebnisse vor.

Innsbruck, am 14.3.2019: In dem von der Gerichtsmedizin Innsbruck organisierten Teil der SCORE 2018 Studie wurde der Drogenkonsum in den fünf Kläranlagen Innsbruck, Hall-Wattens, Hofsteig, Millstättersee und Bozen untersucht. Das Abwasser der fünf Kläranlagen stammte von insgesamt 70 Gemeinden mit rund 514.000 EinwohnerInnen. Die Studie ist die umfangreichste ihrer Art in Österreich und liefert erstmals auch Daten zu THC, dem Wirkstoff in Cannabis, sowie für Südtirol.

GMI: Kompetenzzentrum für Drogen- und Abwasseranalytik
Federführend für die Untersuchungen zeichnet Herbert Oberacher, Leiter des forensisch-toxikologischen Forschungslabors an der von Richard Scheithauer geführten Innsbrucker Gerichtsmedizin. Aufgrund der vorhandenen Expertise und Qualität darf das Innsbrucker Labor als einzige Einrichtung Österreichs am SCORE-Programm teilnehmen. „Besonders stolz sind wir auf den Umstand, dass die Ergebnisse unserer chemischen Analysen von der Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) in Lissabon für den europäischen Drogenbericht verwertet werden“, berichtet Oberacher. Mit hochmodernen und entsprechend nachweisempfindlichen Analyseverfahren kann die Zusammensetzung von Abwässern im GMI-Labor exakt entschlüsselt werden. Im Fokus standen die verbotenen Substanzen Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff in Cannabis), Kokain, Amphetamin (Wirkstoff in Speed), 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, Wirkstoff in Ecstacy) und Methamphetamin (Wirkstoff in Crystal Meth). Mit den vorliegenden Ergebnissen ist es somit möglich, den Drogenkonsum von zumindest 4% der österreichischen, 31% der Tiroler, 18% der Vorarlberger, 10% der Kärntner und 30% der Südtiroler Bevölkerung abzubilden.  

Regionale Unterschiede
„Das wichtigste Ergebnis der Studie vorweg: In jeder Kläranlage konnten wir Drogenrückstände nachweisen. Unterschiede gibt es bei der Pro-Kopf-Menge sowohl auf Ebene der untersuchten Substanzen als auch auf Ebene der einzelnen Kläranlagen“, berichtet Oberacher.
Die Abwasseranalysen ergaben, dass insgesamt ca. 6 bis 15 Gramm Drogen pro Tag pro 1000 EinwohnerInnen konsumiert werden. Über 90% dieser Menge entfällt in Österreichs Abwässern auf THC und 4 bis 8% auf Kokain. Im Bozner Abwasser war der relative Anteil von Kokain höher (82% THC und 18% Kokain). Amphetamin, MDMA und Methamphetamin machten in allen Abwässern zusammen weniger als 1% der nachgewiesenen Drogenmengen aus. „Die Abwasserdaten lassen mutmaßen, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung regelmäßig Drogen konsumiert“, schließt Oberacher aus den vorliegenden Ergebnissen.
Eine auf Basis der Abwasserdaten erfolgte Schätzung ergibt einen Schwarzmarktwert der konsumierten Drogen von 10 bis 100 Millionen Euro pro Region bzw. ein österreichweites Umsatzvolumen von weit über einer Milliarde Euro pro Jahr.
Im Rahmen der SCORE Studie wurde die Ergebnisse aus Österreich und Südtirol mit jenen von weiteren 79 Städten bzw. Regionen verglichen. Dabei zeigte sich, dass die untersuchten Abwässer bei allen analysierten Substanzen lediglich Plätze im Mittelfeld einnahmen. „Bezogen auf die von uns untersuchten Abwässer waren die höchsten Pro-Kopf-Mengen an Drogen im Innsbrucker Abwasser zu beobachten. Nur bei Kokain lag das Bozner Abwasser vorne“, so Oberacher.

Langzeit-Monitoring belegt Verdoppelung des Kokainkonsums
Neben der beschriebenen geographischen Auflösung zeichnet sich die Abwasseranalyse auch durch eine hohe zeitliche Auflösung aus. Übliche Praxis ist die Analyse von tagesspezifischen Proben. Auf diese Weise lassen sich Unterschiede im Konsumverhalten im Wochenverlauf erkennen. So sind etwa am Wochenende höhere Kokain-, MDMA- und Amphetaminmengen im Abwasser zu finden als unter der Woche. Die Abwasseranalyse ermöglicht aber auch die Durchführung eines Langzeit-Monitorings. So wurde in den letzten drei Jahren das Innsbrucker Abwasser an mehr als 200 Tagen auf Drogenrückstände hin untersucht. „Innerhalb von zwei Jahren hat sich die im Innsbrucker Abwasser nachweisbare Menge an Kokain in etwa verdoppelt“, zeigt Oberacher einen weiteren wichtigen Sachverhalt auf.

Mehrwert für Drogenpolitik
Durch ein kontinuierliches Monitoring von Drogenwirkstoffen im Abwasser lassen sich einfach, kostengünstig, schnell, zeitnah und mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung Trends und Entwicklungen am Drogenmarkt erkennen. Die erhobenen Daten sollen den staatlichen Behörden und den politisch Verantwortlichen Entscheidungshilfen liefern, um geeignete Maßnahmen für eine nachhaltige Drogenpolitik ausarbeiten und umsetzen zu können. „Die Erfahrungen, die wir über die letzten Jahre mit dem Abwasser-basierten Drogenmonitoring gesammelt haben, zeigen, welch großes Potenzial in der Methode steckt. Daher hoffen wir auf die notwendige politische Unterstützung, um das Monitoring in Zukunft auf noch mehr österreichische Regionen ausdehnen zu dürfen“, schließt Oberacher.

Aktuelle Ergebnisse im Detail: http://www.emcdda.europa.eu/activities/wastewater-analysis  

 

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck

Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 2.000 MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.

Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das BachelorstudiumMolekulare Medizin“ an. Seit dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

PR & Medien

Pressebild und Graphik zum Herunterladen: (Copyright: MUI)


Herbert Oberacher leitet das forensisch-toxikologische Forschungslabor an der Innsbrucker Gerichtsmedizin.

Die Infografik zeigt die einzelnen Regionen inkl. Gemeinden, deren Abwässer von der GMI im Rahmen der SCORE-Studie analysiert wurden.

Für Rückfragen:

Assoz. Prof. Dr. Herbert Oberacher
Institut für Gerichtliche Medizin
Medizinische Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 9003 70639
E-Mail: Herbert.Oberacher@i-med.ac.at

Medienkontakt:

Doris Heidegger
Öffentlichkeitsarbeit
Medizinische Universität Innsbruck
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 70083,
Mobil: +43 676 8716 72083
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at

 

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Herbert Oberacher leitet das forensisch-toxikologische Forschungslabor an der Innsbrucker Gerichtsmedizin.

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