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Forschungschwerpunkt Genetik, Epigenetik und Genomik an der Medizinischen Universität Innsbruck

ForscherInnen der Medizinischen Universität Innsbruck identifizieren Gendefekt für seltene angeborene Hauterkrankung

  • Krankheitsauslösende Genmutation gefunden
  • Gezielte Diagnostik für angeborene Verhornungsstörung nun möglich
  • Neue biologische Einblicke unterstützen Therapieentwicklung

Für die Entstehung einer angeborenen Ichthyose ist die durch eine Mutation im Gen CERS3 verursachte Deaktivierung des Enzyms Ceramid-Synthase 3 (CerS3) verantwortlich. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team der Innsbrucker Sektion für Humangenetik. Die Aufklärung der Ursache für diese schwere Form der Verhornungsstörung der Haut ermöglicht nun eine gezielte Diagnose und gibt Hoffnung für die Entwicklung kausaler Therapien.

Innsbruck, 02.05. 2013: Trockene, raue Haut mit einer großflächigen Schuppung und gelegentlicher Juckreiz sind meist Zeichen für eine Form der Ichthyose. Die Symptome resultieren aus einer gestörten Barrierefunktion der obersten Hautschicht, der Hornhaut, deren Zellen gemeinsam mit dazwischen eingelagerten Fetten eine wasserabweisende Schicht zum Schutz vor Austrocknung und dem Eindringen von Keimen bilden. Im Rahmen der Ichthyose ist die natürliche Balance zwischen Abstoßung und Neubildung kleinster Hautschuppen gestört. Die Haut Betroffener entwickelt große Hautschuppen und eine verdickte Hornhaut. Ist ein Kind bereits von Geburt an von dieser Hautfunktionsstörung betroffen, sprechen MedizinerInnen von einer kongenitalen (angeborenen) Ichthyose, die aufgrund stark erhöhter Infektionsgefahr lebensbedrohlich sein kann und sofort durch wärmeregulierende Maßnahmen (Brutkasten) behandelt werden muss. Mit einer Häufigkeit von etwa 1:200.000 in Mitteleuropa zählt die kongenitale Ichthyose zu den seltenen Krankheiten.

Fehlendes genetisches Bindeglied gefunden

Das Krankheitsbild der kongenitalen Ichthyose kann durch Veränderungen in unter­schiedlichen Genen verursacht werden. Mit der Identifikation des krankheitsauslösenden Enzyms Ceramid-Synthase 3 durch die Forschungsgruppe Dermatogenetik um Priv.-Doz. Dr. Hans Christian Hennies von der Sektion für Humangenetik (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Johannes Zschocke) der Medizinischen Universität Innsbruck ist nun ein entscheidendes genetisches Bindeglied gefunden. „Auf der Grundlage genetischer Analysen an einer Familie aus Deutschland mit gehäuftem Auftreten der kongenitalen Ichthyose konnten wir nachweisen, dass das Enzym Ceramid-Synthase 3 (CerS3) eine entscheidende Rolle in der Ausbildung der Barrierefunktion der Haut inne hat. Wir können außerdem darstellen, dass vor allem die langkettigen Ceramide am Aufbau der Hornhaut maßgeblich beteiligt sind“, erklärt Priv.-Doz. Hennies. Grundsätzlich handelt es sich bei den meisten Ichthyosen um erblich bedingte Verhornungsstörungen. „Ist CerS3 durch eine Mutation in dem Gen CERS3 deaktiviert, wird der Prozess des Hornhaut-Aufbaus gestört und es entwickelt sich eine angeborene Ichthyose. Diese Form der kongenitalen Ichthyose kann nun anhand eines spezifischen genetischen Tests eindeutig nachgewiesen werden“, erklärt die Erstautorin der Forschungsarbeit, Dr.in Katja Martina Eckl, Leiterin des Projekts Translationale Haut­forschung.

Zielführende genetische Analysemethoden

Für die Identifikation des krankheitsauslösenden Gens bedienten sich die ForscherInnen um Dr. Hennies der Kopplungsanalyse und der Exom-Sequenzierung. Im Rahmen von Kopplungsanalysen werden verschiedene genetische Marker in der betroffenen Familie verglichen, um eine chromosomale Region zu identifizieren, in der sich die krankheitsverursachende Genveränderung befindet. Der Nachweis krankheitsauslösender Mutationen in der Kandidatenregion gelang schließlich mit der Methode der Exom-Sequenzierung, welche sämtliche für die Herstellung von Proteinen notwendigen Abschnitte der mehr als 20.000 Gene (Exom) im Erbgut untersucht. Auf diesem Weg konnte der kausale Zusammenhang zwischen der Mutation in CERS3 und dem vorliegenden Krankheitsbild hergestellt werden.

Entwicklung innovativer Therapieoptionen

Die in der angesehenen dermatologischen Fachzeitschrift Journal of Investigative Dermatology veröffentlichten Ergebnisse bieten mit dem einhergehenden besseren biologischen Verständnis über die Funktion der langkettigen Ceramide auch neue Ansatzpunkte für die Entwicklung kausaler Therapiekonzepte. Die Therapie der Ichthyose-Formen beinhaltet bislang ausschließlich symptomatische Maßnahmen in Form von Bädern, Cremes und Salben. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Deaktivierung von CerS3 bereits sehr früh in den Prozess der Differenzierung der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) eingreift. Auf der Basis geeigneter Hautmodelle könnten  ursächliche Behandlungsstrategien entwickelt werden, vorstellbar ist die Modulierung des Ceramid-Stoffwechsels“, betont Dr. Hennies, der seit Ende letzten Jahres an der von Univ.-Prof. Johannes Zschocke geleiteten Sektion für Humangenetik in Innsbruck tätig ist. Als Koordinator im EU-Projekt ERAnet will der Kölner Biochemiker In-vitro- und In-vivo-Modelle für seltene angeborene Hautkrankheiten nutzen, um so die Therapiesituation seltener Hauterkrankungen zu verbessern. Bereits seit einigen Jahren ist Dr.in Eckl in der Forschungsgruppe damit erfolgreich, dreidimensionale Zell-Modelle der menschlichen Haut zu etablieren. In Innsbruck profitiert dieses Vorhaben vor allem auch durch die gute Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Matthias Schmuth, dem Leiter der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie, dessen Forschungsinteresse im Besonderen auf epidermaler Biologie liegt.

 

Pressebilder mit Bildunterschriften

Zur freien Verwendung – Copyright Medizinische Universität Innsbruck

eckl_hennies_small Die StudienautorInnen Dr.in Katja Martina Eckl und Priv.-Doz. Dr. Hans Christian Hennies von der Sektion für Humangenetik (Bild: MUI)
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v.l. Priv.-Doz. Dr. Hans Christian Hennies mit seinem Forschungsteam, v.l.: Mag.a Silvia Lechner, Dr.in Katja Martina Eckl, Roswitha Plank MSc, Dulce Maria de Lima Cunha MSc. (Bild: MUI)

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Vollautomatisches Mikroskop (Bild: Eckl/ZFD/CCG).

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Dreidimensionale Zell-Modelle der menschlichen Haut (Bild: Eckl/ZFD/CCG).

NGS_sequenzer_small  Innenleben einer Next-Generation-Sequenzier-Maschine (Bild: Eckl/ZFD/CCG) 


Für Rückfragen:

Priv.-Doz. Dr.rer.nat Hans-Christian Hennies
Sektion für Humangenetik
Tel.: +43 512 9003 70552
E-Mail: Hans-Christian.Hennies@i-med.ac.at

 

Medienkontakt:

Medizinische Universität Innsbruck
Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
Mag.a Doris Heidegger
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Tel.: +43 512 9003 70081
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at

 

Weiterführende Links:

Impaired Epidermal Ceramide Synthesis Causes Autosomal Recessive Congenital Ichthyosis and Reveals the Importance of Ceramide acyl Chain Length. Eckl KM, Tidhar R, Thiele H, Oji V, Hausser I, Brodesser S, Preil ML, Onal-Akan A, Stock F, Müller D, Becker K, Casper R, Nürnberg G, Altmüller J, Nürnberg P, Traupe H, Futerman AH, Hennies HC.
J Invest Dermatol. 2013 Apr 2. doi: 10.1038/jid.2013.153. [Epub ahead of print]
http://dx.doi.org/10.1038/jid.2013.153

 

Sektion für Humangenetik
https://www.i-med.ac.at/humgen

 

Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie
https://www.i-med.ac.at/patienten/ukl_dermatologie.html

 

Europäisches Netzwerk für seltene kongenitale Hautkrankheiten
http://www.e-rare.eu/financed-projects/skindev

 

Netzwerk für Ichthyosen und verwandte Verhornungsstörungen (NIRK)
http://www.netzwerk-ichthyose.de

 

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck
Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.400* MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. Neu im Studienplan seit Herbst 2011 ist das Bachelor-Studium der Molekularen Medizin. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Die Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.
*vollzeitäquivalent