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Die Kopplung von Membrandepolarisation und Kontraktion im Skelettmuskel ist das zentrale Forschungsgebiet Manfred Grabner und Anamika Dayal. Foto: MUI.

Evolutionäres Relikt: Der Kalziumeinstrom im Skelettmuskel hat keine Funktion mehr

Seit fast einem halben Jahrhundert beschäftigt ForscherInnen die Frage, welche Funktion der Kalziumeinstrom durch den spannungsabhängigen Kalziumkanal des Skelettmuskels für die Muskelkontraktion hat. An der Sektion für Biochemische Pharmakologie ist es jetzt mit einem neuen Tiermodell gelungen, das Rätsel zu lösen: Es scheint sich bestätigen, dass der Kalziumkanal im Säugermuskel zwar weiterhin Kalzium leitet, es sich dabei aber um ein evolutionäres Relikt handelt.

Die Kopplung von Membrandepolarisation und Kontraktion im Skelettmuskel ist das zentrale Forschungsgebiet von ao.Univ.-Prof. Dr. Manfred Grabner und Dr.in Anamika Dayal von der Sektion für Biochemische Pharmakologie. In ihrer neuesten wissenschaftlichen Arbeit geben die beiden WissenschafterInnen Einblick in ein bisher nicht geklärtes Phänomen: Bekannt war, dass für die Kontraktion von Herz und Skelettmuskel zwei Kalziumkanäle miteinander agieren. Der DHPR Kanal misst die Membranspannung und aktiviert daraufhin den intrazellulären RyR Kanal, worauf es zur Muskelkontraktion kommt. Diese Kanalinteraktion zur Einleitung einer Muskelkontraktion ist im Herzen (und auch in den Muskeln niederer Tiere) streng abhängig vom DHPR Kalziumeinstrom, nicht aber im Skelettmuskel der Wirbeltiere, da dort das Signal der elektrischen Erregung durch direkten molekularen Kontakt an den RyR weitergegeben wird. Diese Tatsache ist bereits seit langem bekannt, allerdings ebenso lange fragen sich ForscherInnen, welche Funktion der DHPR Einstrom im Skelettmuskel noch hat. „Es gab zahlreiche Vermutungen dazu“, erklärt Laborleiter Manfred Grabner, „bisher gab es aber kein Tiermodell, mit dem es möglich war, den Kalziumeinstrom im Skelettmuskel auszuschalten, um weitere Informationen über die Funktionen zu erhalten“. „Wir haben aber in Knochenfischen mit nicht-leitendem DHPR eine Mutation gefunden, die wir in eine Knock-in-Maus übertragen konnten“, erklärt Anamika Dayal, die als Postdoc im Labor von Manfred Grabner forscht.

Erkenntnis auch wichtig für die Medizin
Die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit, die in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Werner Melzer vom Institut für angewandte Physiologie der Universität Ulm entstanden sind, sind kürzlich im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht worden. Sie dürften weites Interesse finden, denn diese Forschungsergebnisse zeigen auf, dass der Kalziumeinstrom im Skelettmuskel keinerlei Rolle für Vitalität und Muskelfunktion spielt. „Wir konnten zeigen, dass es sich dabei um ein rein evolutionäres Relikt handelt“, sagt Grabner. Die Erkenntnis ist auch insofern von Bedeutung, da damit geklärt ist, dass der Kalziumeinstrom kein potentielles Target für die Entwicklung von Therapien bei Muskelerkrankungen ist. „Aus medizinischer Sicht wichtig ist unsere Erkenntnis ebenfalls, denn wir konnten aufzeigen, dass die bei Herzkrankheiten verwendeten Kalziumkanalblocker keine Auswirkungen auf die Funktion des Skelettmuskels haben können“, ergänzt Anamika Dayal.

Publikation:

AutorInnen: Anamika Dayal, Kai Schrötter, Yuan Pan, Karl Föhr, Werner Melzer & Manfred Grabner
The Ca2+ influx through the mammalian skeletal muscle dihydropyridine receptor is irrelevant for muscle performance
Nature Communications 8, Article number: 475 (2017)

 

(B. Hoffmann-Ammann)

 

Weitere Informationen:

- Sektion für Biochemische Pharmakologie

- Grabner-Lab

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