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Frauenkarrieren: Helga Fritsch oder die lebendige Anatomie

Die Gesprächsreihe "Frauen.Karriere.Medizin" - ein Angebot der von Vizerektorin Prof.in Margarethe Hochleitner geleiteten Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung im Zusammenhang mit dem Helene Wastl Medizin Mentoring-Programm - bot Anfang November einen sehr persönlichen Blick auf die Direktorin des Departments für Anatomie, Histologie und Embryologie. O.Univ.-Prof.in Helga Fritsch erzählte über ihren "Weg in die Anatomie Innsbruck".

Ziel der Ende letzten Jahres eingeführten Gesprächsreihe ist es, das Selbstbewusstsein von Frauen in der Medizin durch erfolgreiche Vorbilder, den Austausch von Erfahrungen und Wissen und den Aufbau frauenspezifischer Beziehungssysteme zu stärken. Organisatorin Mag.a Claudia Beyer von der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung unterstreicht die Zielrichtung der informellen Vorlesungsreihe: „Nachwuchswissenschafterinnen, Studentinnen und Interessierte sollen Motivation und Bestärkung für eigene Karrieren in der Medizin gewinnen“. An Motivationskraft fehlt es Prof.in Helga Fritsch, Leiterin des Departments für Anatomie, Histologie und Embryologie jedenfalls nicht.

Temperamentvoller Pragmatismus

Dort, wo Helga Fritsch heute steht – an der Spitze eines Departments – ist sie mit Kraft und Zielstrebigkeit hingekommen. „Ich wußte schon immer, was ich wollte“, blickt sie auf die Schulzeit im Siegburger Mädchengymnasium zurück, die als prägend und stabilisierend in Erinnerung bleibt. 1957 in einem kleinen Ort zwischen Köln und Bonn als Tochter eines Unternehmers geboren und aufgewachsen, war der temperamentvollen Rheinländerin die Medizin zwar nicht in die Wiege gelegt, doch stetig gute Schulnoten, manuelles Geschick und ihr Interesse für die Morphologie haben Helga Fritsch zum Medizin-Studium bewogen. „Dass die Anatomie mein Fachgebiet geworden ist hat auch einen praktischen Grund: Mit 13 Dioptrien ist die Ausübung operativer Fächer ganz einfach nicht möglich“, begründet Fritsch ihren Schritt zur theoretischen Medizin, die sie nach dem Studium an die Anatomie Bonn und ab 1989 nach Lübeck führte, wo sie 1991 habilitierte. Dass in die Lübecker Zeit auch die Familiengründung fiel, tat ihrem Karriereweg keinen Abbruch. Im Abstand von nur einem Jahr wurde Helga Fritsch Mutter von zwei Töchtern und fand ihre ganz individuelle Lösung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Die Kinderversorgung war geregelt, bevor die erste Tochter geboren wurde, dadurch hatte ich nie ein schlechtes Gewissen, wenn ich zur Arbeit ging. Schon frühzeitig Verantwortung abzugeben und loslassen zu können, kann die Beziehung zwischen Mutter und Kind sehr befruchten“, erzählte Fritsch.

Der Anatomie Leben eingehaucht

Der Ruf an das Department für Anatomie, Histologie und Embryologie an der Medizinischen Universität Innsbruck kam für Helga Fritsch - „nach einem Hearing ohne Dias“ - dann doch überraschend und ereilte sie im Urlaub. Flexibilität und Entscheidungskraft bewies sie, wie schon 1989, als sie nach Lübeck ging, auch diesmal. Ein langes Telefonat mit der besten Freundin war zwar ebenso nötig wie die Verschiebung des Dienstantritts vom 1. auf den 16. Feber 1998 - schließlich hatte die zweitgeborene Tochter erst mit Vollendung des dritten Lebensjahres an diesem Tag einen Kindergartenplatz, doch bereut hat die passionierte Anatomin, die den Blick „immer nach vorne“ richtet, diesen Schritt nie. Obgleich die Nachfolgerin von Prof. Werner Platzer vom ersten Eindruck der Anatomie Innsbruck enttäuscht war: Ein dunkles, oft leeres Gebäude ohne Lebendigkeit, in dem sich vieles um Lehre und Leichenwesen drehte. Mit der Übernahme des Lehrstuhls und des Departments durch Helga Fritsch, die von 2003 bis 2005 auch Vizerektorin für Lehre und Studienangelegenheiten im Gründungsrektorat der Medizinischen Universität Innsbruck war, wurde der Anatomie und dem dazu gehörigen Gebäude aber neues Leben eingehaucht. Der Aufbau eines Labors im Jahr 2000, die Einrichtung wissenschaftlicher Gruppen, die Errichtung einer weiteren Professur mit Schwerpunkt Neuroanatomie für Lars Klimaschewski, die stetige Modernisierung des Anatomie-Gebäudes unter Erhaltung der denkmalgeschützten Substanz und die Eröffnung des Lernstudios Anatomie sind nur einige Aktionen, die die dynamische Handschrift von Helga Fritsch tragen. „Innsbruck ist mittlerweile eine der größten Ausbildungsstätten für postpromotionelle Weiterbildung mit Operationstraining am Präparat“, ist Fritsch, deren wissenschaftliches Wirken sich auf die klinische und funktionelle Anatomie der Organsysteme am Beckenboden konzentriert, auf den vollzogenen Ausbau von Forschung und Lehre stolz. Als Höhepunkt in der Geschichte des noch jungen Departments darf außerdem die Tagung der Anatomischen Gesellschaft im März dieses Jahres gelten, zu der sie als Kongress-Organisatorin eine exklusive Auswahl internationaler und lokaler Expertinnen und Experten nach Innsbruck holen konnte.

Frauen, die an diesem Abend Bestärkung und Motivation für ihre eigenen Karrieren und Lebensmuster gesucht hatten, wurden nicht enttäuscht, denn, so ist Helga Fritsch überzeugt: „Es gibt immer eine Lösung“.