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Neues zur Immunologie bei HIV-Infektionen

Gemeinsam mit Forschern des National Cancer Institute in den USA konnte Prof. Dietmar Fuchs von der Sektion für Biologische Chemie am Biozentrum Innsbruck mit mehreren Untersuchungen die Erkenntnis untermauern, dass eine Reihe von Symptomen, die im Verlauf der HIV-Infektion auftreten, tatsächlich eher aufgrund immunologischer Phänomene entstehen, als dass HIV oder spezielle Bausteine des Virus direkt dafür verantwortlich sind.

Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich Prof. Dietmar Fuchs mit immunologischen Untersuchungen bei Patienten mit HIV-Infektion und AIDS. Ein Großteil dieser Arbeiten wurde unter der Schirmherrschaft des Ludwig-Boltzmann-Instituts für AIDS-Forschung in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit dem von Prof. Manfred Dierich geleiteten Department für Hygiene und Sozialmedizin durchgeführt. Die Projekte beschäftigen sich mit der Immunpathogenese und mit Risikokriterien für den Verlauf der HIV-Infektion sowie mit der Überwachung der Therapie. So wurden unter anderem die grundlegenden Studien über die Bedeutung der Neopterinbestimmung für die Prognosebeurteilung von HIV-Infizierten hier durchgeführt. Mitte der 1980er-Jahre wurde festgestellt, dass bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem unerwartete Immunaktivierungsphänomene auftreten. Dies eröffnete weltweit neue Perspektiven für das Verständnis der Entstehung und Entwicklung der HIV-Infektion. Auch in Innsbruck folgte eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen, die gemeinsam mit den klinischen Abteilungen und mit in- und ausländischen Institutionen durchgeführt wurden. Dabei wurden verschiedene Aspekte der angeborenen Immunität, die Rolle proinflammatorischer Zytokine, sowie der Tryptophan- und Neopterinstoffwechsel untersucht. So konnten die Forscher um Prof. Fuchs unter anderem zeigen, dass Immunaktivierungsvorgänge über das durch Interferon-gamma induzierte Enzym Indolamin (2,3)-Dioxygenase (IDO) zur Entstehung von Immundefizienz, Anämie und neuropsychiatrischen Veränderungen wie Depression führen können.

Neue immunologische Phänomene beobachtet

Derzeit beschäftigt sich die Arbeitsgruppe am Biozentrum vor allem mit der Bedeutung der dendritischen Zellen und dabei dem durch IDO vermittelten Tryptophanabbau für die HIV-Infektion und die Entstehung der Immundefizienz. In Zusammenarbeit mit dem langjährigen Kooperationspartner Prof. Gene Shearer an der Experimental Immunology Branch am National Cancer Institute in Bethesda, Maryland, wurde kürzlich nachgewiesen, dass HIV-1 über die Induktion des Tryptophan-Abbaus durch IDO die Vermehrung von T-Lymphozyten effektiv hemmen kann. Gleichzeitig wurde im Tiermodel der HIV-Infektion, dem mit SIV infizierten Rhesus-Makaken, gezeigt, dass die Blockade von CTLA-4 zu einer Verminderung der IDO-Aktivität und damit auch der HIV-Vermehrung führt. Die Forscher berichteten darüber im Frühjahr in der Zeitschrift Blood. Weiterführende Arbeiten zeigen jetzt bei Rhesus-Makaken mit progressiver SIV Infektion, dass die Virusmenge in Milz und Darm mit der Expression von Markern für so genannte regulatorische T-Zellen korreliert, einer Subklasse von immunsuppressiven T-Zellen, die durch die Expression von CTLA-4 und dem Transkriptionsfaktor FoxP3 charakterisiert sind. In der Kooperation mit Prof. Shearer wurde gezeigt, dass die Expression von FoxP3 and CTLA-4 mRNA in Leukozyten der Milz, in Lymphknoten und Schleimhaut von chronisch mit SIV infizierten Makaken mit der Zahl der Viren im Blut korreliert. Die Expression von IDO, die durch die regulatorischen T-Zellen ausgelöst wird, war in den verschiedenen Geweben ebenfalls erhöht. Die im Plasma gemessene Enzymaktivität reflektierte den Virämiegrad. „Tatsächlich scheint das vermehrte Auftreten von regulatorischen T-Zellen und IDO im lymphatischen Gewebe von SIV-infizierten Makaken das Ergebnis einer verstärkten Gewebsentzündung zu sein, die die Virusvermehrung in der chronischen Phase der SIV Infektion verstärkt“, so Prof. Fuchs zu den jüngst im Journal of Virology veröffentlichten Ergebnissen.

Einblick in immunbiologische Abläufe bei Infektionen

„Diese neuen Befunde untermauern die Ansicht, dass eine Reihe von Symptomen, die im Verlauf der HIV-Infektion auftreten, tatsächlich eher aufgrund immunologischer Phänomene entsteht, als dass HIV oder spezielle Bausteine des Virus direkt dafür verantwortlich sind“, so Prof. Fuchs. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse rund um die HIV-Infektion ermöglichen auch ein besseres Verständnis für die immunbiologischen Abläufe bei anderen Infektionen und bei anderen chronischen Erkrankungen wie malignen Tumoren, Autoimmunitätssyndromen aber auch kardiovaskulären und neurodegenerativen Erkrankungen. Die enge Korrelation zwischen den Veränderungen des Stoffwechsels, die durch das aktivierte Immunsystem hervorgerufen werden, und dem Verlauf der verschiedenen Erkrankungen weisen auf eine generelle Beteiligung von IDO bei der Entstehung von Immundefizienzsyndromen hin. Denn auch unabhängig von einer HIV-Infektion ist dort der durch IDO gesteigerte Tryptophanabbau nachweisbar. So wie der Tryptophanabbau scheint auch die Neopterinbildung ein Ausdruck der antiviralen und antitumoralen Aktivität des Immunsystems zu sein.