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Eine gemeinsame Sprache finden

Zur Förderung des internationalen und interdisziplinären Austauschs hat die Internationale Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit der Sektion für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck ein Stipendienprogramm für ausgewiesene Experten aus allen Disziplinen gestartet. Die russische Linguistin Prof. Victoria Pogosian war die erste Stipendiatin, die in Innsbruck einen Monat lang an einer erweiterten Sicht der Welt arbeitete.

Im Herbst letzten Jahres wurde in Innsbruck das neue Zentrum der Internationalen Akademie der Wissenschaften eröffnet. Es ist Sitz des von Prof. Walter Kofler geleiteten Präsidiums der Sektion Gesundheit und Ökologie und bietet Wissenschaftlern aus aller Welt die Möglichkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit. Gemeinsam mit der Sektion für Sozialmedizin der Medizinischen Universität hat die Internationale Akademie nun ein Stipendienprogramm initiiert. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit der internationalen Gäste aus unterschiedlichen Fachdisziplinen soll die Begründung einer erweiterten Weltsicht stehen. Von Prof. Kofler wurde dazu eine neue Größe in die wissenschaftliche Betrachtungsweise eingeführt: die Kapazität, mit Informationen umzugehen. Dies soll es erlauben, die althergebrachten Disziplinengrenzen zu überwinden und eine gemeinsame Sprache für die Wissenschaften zu finden.

Wissenschaft ist eine kommunikative Angelegenheit

Prof. Victoria Pogosian von der Herzen Universität in St. Petersburg verbrachte vor kurzem als erste Stipendiatin einen Monat in Innsbruck. Als Leiterin der Sprachausbildung für das Lehrpersonal in Russland und gelernte Linguistin zeigte sie großes Interesse an der Arbeit von Prof. Kofler. „Die ganzheitliche Sicht der Welt und des Menschen verlangt eine Zusammenführung der Wissenschaftsdisziplinen“, so Prof. Pogosian. „Dies ist eine Frage von Kommunikation, wie überhaupt Wissenschaft eigentlich eine kommunikative Angelegenheit ist.“ Als Sprachwissenschaftlerin interessiert sie sich daher für die von den Wissenschaftlern verwendeten Begrifflichkeiten. Gemeinsam mit Prof. Kofler bemüht sich Prof. Pogosian, die Möglichkeiten eines gemeinsamen Begriffsystems auszuloten. Im Zentrum steht dabei der evolutionäre Prozess, der allen Disziplinen gemeinsam ist, inhaltlich aber sehr unterschiedlich gedeutet wird. Neben dieser gemeinsamen Sprache der Wissenschaften möchte Prof. Kofler einen „Evolutionsbaum der Begriffe“ entwickeln. Dabei geht es darum, mit Symbolbegriffen den evolutionären Prozess zu beschreiben.

Die Fähigkeit zu Organisieren

Diese sehr allgemeintheoretische Suche nach neuen ontologischen Grundlagen für die Wissenschaft hat durchaus aktuelle und direkte Bedeutung für die Medizin. Wie Prof. Kofler schon in früheren Arbeiten zeigen konnte, verändert die begriffliche Wahrnehmung von medizinischen Phänomenen auch deren Diagnose. Einer seiner Doktoranden stellte zum Beispiel vor kurzem in seiner Doktorarbeit die provokante These auf, dass die Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen grundlegend überdacht werden müssten. Die Auflistung negativer Einflussfaktoren berücksichtige nicht die in einer Regulation notwendigen positiven Effekte. Die Fähigkeit zu Organisieren, die jedem Akteur – egal auf welcher evolutionären Stufe – zugeschrieben wird, wird eben dabei vernachlässigt.

Im Rahmen der Internationalen Akademie wird die Arbeit an dem neuen begrifflichen System weitergehen. Schon im Herbst wird ein Astrophysiker als Stipendiat seine wissenschaftliche Perspektive über den evolutionären Prozess in die Diskussion einbringen. Unterstützt wird das Stipendienprogramm auch von ASEA-Uninet und dem Eurasia-Pacific-UNINET.