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Erfolgsgeschichte Bruneck-Studie:
Vom Projekt zum wertvollen Erkenntnispool für Herzinfarkt und Schlaganfall

Innsbruck, 14.07.2011: Seit 1990 werden 1.000 Einwohner der Stadt Bruneck in Südtirol im 5-Jahres-Rhythmus untersucht, um Ursachen und Risikofaktoren von Herzinfarkt und Schlaganfall zu erforschen. Das von ao.Univ.-Prof. Johann Willeit von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie und Prof. Friedrich Oberhollenzer vom Krankenhaus Bruneck initiierte Projekt liefert seither zahlreiche essentielle Daten für neue Erkenntnisse und Therapiekonzepte. Das Zusammenspiel von jahrzehntelanger Datenerhebung auf Basis einer nahezu unveränderten Probandengruppe, optimaler Kooperation und hohem wissenschaftlichen Output macht die Bruneck-Studie weltweit einzigartig.

Die Identifizierung neuer Risikofaktoren für arteriosklerotische Veränderungen und deren Manifestation und Vorhersagbarkeit sind die zentralen Ziele der epidemiologischen, prospektiv angelegten Bruneck-Studie. Neben den klassischen, aus der bedeutenden Framingham-Studie (USA) zum medizinischen Standardwissen zählenden Parametern wie Cholesterin-Spiegel, Blutdruck und Blutzucker, soll die Bestimmung neuer Einflußfaktoren konsequenterweise zur Entwicklung präventiver Therapiestrategien bei Herzinfarkt und Schlaganfall - die als Folge arterieller Erkrankungen die häufigsten Todesursachen in den Industrienationen darstellen - führen. Weitere Forschungsfragen fokussieren auf die Schwerpunkte Diabetes, Ernährung, Osteoporose, Arthrose und Erkrankungen des Nervensystems (u.a. Parkinson, Restless Leg Syndrome, Migräne), sowie auf die Entstehung maligner Tumoren.

Positive Bilanz und vielversprechendes Potential

Die Bilanz aus über 20 Jahren Untersuchung, Analyse und wissenschaftlicher Auswertung - für letztere ist im Besonderen ao.Univ.-Prof. Stefan Kiechl von der Univ.-Klinik für Neurologie verantwortlich - läßt sich quantitativ wie qualitativ eindrucksvoll belegen. So finden sich über 120 auf Bruneck-Daten basierende wissenschaftliche Arbeiten als weltweit vielbeachtete Publikationen in hochrangigen Wissenschaftsmagazinen wieder. „Die Erkenntnis, dass Arteriosklerose eine entzündliche Erkrankung ist (maßgebliche Rolle des Hitzeschockproteins HSP60), eine epidemiologische Arbeit zum Eisenstoffwechsel und die damit zusammenhängende Initiierung einer großen Interventionsstudie in den USA, die Entdeckung, dass das Erreichen einer kritischen Telomerlänge eine wichtige Rolle sowohl bei fortgeschrittenen arteriosklerotischen Veränderungen der Gefäßwand als auch bei der Tumorentstehung spielt, sowie der nachgewiesene Zusammenhang von Knochenstoffwechsel und Artherosklerose können exemplarisch als hervorragende Leistungen der Bruneck-Studie genannt werden“, sind sich die wissenschaftlichen Leiter der Studie, Johann Willeit und Stefan Kiechl, einig. Und das, obwohl bislang nur ein Teil des gesamten Datenbestandes auswertet wurden. Vor allem für die Bereiche Tumorentstehung und Osteoporose birgt die Studie noch großes Forschungspotential. Erst kürzlich wurde auf Basis der Bruneckdaten nachgewiesen, dass die Zellalterung zum Entstehen maligner Tumoren beiträgt und damit eine entscheidende Rolle in der Sterblichkeit von TumorpatientInnen spielt oder dass ein für den Knochenbau wichtiges Protein Einfluss auf die Stabilität von Gefäßablagerungen hat und damit ein Risikofaktor für akute Gefäßerkrankungen ist.

Innovative Forschungsansätze für neue Therapien

Ein besonderer Schwerpunkt der laufenden Analysen liegt auf der Erforschung von microRNAs, also von Botenstoffen, die als bedeutende Regulatoren der Genübersetzung (Translation) nach der Genüberschreibung (Transkription) fungieren. „Wir haben hier eine Art hormonelles System vor uns, das von Zellen freigesetzt und von anderen wieder aufgenommen wird. Diese Überschreibung läßt sich als Profil darstellen, das sich je nach Krankheit verändert und somit als Marker für Krankheitsentstehung und -veränderung dient“, erklärt Prof. Kiechl ein innovatives Forschungsfeld, das im Besonderen bei Verschlusserkrankungen und Stoffwechselvorgängen therapierelevant werden kann. microRNAs lassen sich ganz einfach injizieren: Was im Mausmodell bereits erfolgreich getestet wurde, könnte schon bald auch beim Menschen zum therapeutischen Einsatz kommen. Das Forschungsinteresse des Bruneck-Teams liegt weiters auf der Entschlüsselung von Prädiktoren im Rahmen des Seneszenzprogramms, im Zusammenhang mit Ernährungsgewohnheiten und mit der Entstehung von Diabetes Typ II.
Auf der Suche nach neuen Risikofaktoren stützen sich die ForscherInnen der Bruneck-Studie nicht nur auf bewährte PatientInnendaten, sondern bemühen sich um eine Erweiterung des Datenregisters. So wird etwa neben der für arterielle Erkrankungen relevanten Gefäßwandstärke auch das Plaques-Ausmaß und in der Folge die Plaque-Entwicklung gemessen. „Zur Frage, wann und warum Plaques aufbrechen, gibt es nur sehr wenige Untersuchungen. Unsere Plaque-Messungen erweisen sich als probates Mittel für die Entwicklung separater Risikoprofile“, so Willeit, der gemeinsam mit Stefan Kiechl und dem Bruneck-Team einen „Tirol Score“ zur Bewertung des individuellen Risikoprofils entwickeln will.

Konstante Alleinstellungsmerkmale: Studiendesign, Studiendauer und optimale Zusammenarbeit

Auch wenn die Bruneck-Studie als Langzeitbeobachtung angelegt war, konnte man anfangs nicht ahnen, dass aus dem von Prof. Willeit und Prof. Oberhollenzer initiierten Projekt eine derart große und profitable Untersuchung werden würde. „Mit der Auswahl der Stichprobe, die durch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (500 Frauen zu 500 Männern) in der Altersgruppe von 40 bis 79 Jahren (heute 60 bis 100 Jahre alt) abgebildet wird, und den entsprechenden Daten aus umfassenden Untersuchungsprotokollen (Basis- und Nachfolgeuntersuchungen) zu Blutwerten, Knochendichte, Halsschlagader, Bauchaorta und Beinarterien mittels Ultraschall, EKG sowie Angaben zu Anamnese und Ernährungsgewohnheiten konnten wir eine valide Grundlage für die Auswertung schaffen“, so Prof. Willeit, der an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie die Arbeitsgruppe für zerebrovaskuläre Erkrankungen leitet. Gemeinsam mit Univ.-Prof. Stefan Kiechl, Prof. Friedrich Oberhollenzer und den Brunecker Primarii Dr.in Agnes Mayr, Dr. Siegfried Weger und Dr. Arno Gasperi, sowie über 30 weiteren Partnern weltweit schreibt Prof. Willeit seit über 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte in Sachen Zusammenarbeit und wissenschaftlichem Output, deren Nutzen sich vor allem für die Bevölkerung niederschlägt: Das Wissen um Risiko- und Einflussfaktoren und deren Vermeidung zählt noch immer zu den effizientesten Maßnahmen gegen arteriosklerotische Veränderungen. Auch an der Brunecker Studienpopulation läßt sich die mit den regelmäßigen Untersuchungen verbundene Aufklärung als positiver Trend messen: Die deutliche Verringerung vermeidbarer Gefäßrisikofaktoren, wie Rauchen und Übergewicht und die verbesserte Kontrolle von Risikoparametern und damit einhergehende Lebensstiländerung resultieren etwa in einer rückläufigen (20 bis 40 Prozent) Inzidenz von Herzkreislauferkrankungen.

Ein Pressebild finden Sie in unserem Medienservice unter http://www.i-med.ac.at/pr/pressebilder/

Bildrechte: Medizinische Universität Innsbruck

Bildtitel: v.l.: ao.Univ.-Prof. Stefan Kiechl und Univ.-Prof. Johann Willeit sind die wissenschaftlichen Leiter der erfolgreichen Bruneck-Studie.

Weiterführende Links:

Publikationsliste zur Bruneckstudie
http://www.i-med.ac.at/public-relations/news/Publications_from_the_Bruneck_Studyx.pdf

Arbeitsgruppe zerebrovaskuläre Erkrankungen
http://www.i-med.ac.at/neurologie/forschung/zerebrovask.html

Univ.-Klinik für Neurologie
http://www.i-med.ac.at/neurologie/

Gesundheitsbezirk Bruneck
http://www.as-brunico.it/de/1741_abt_br.asp

Für medizinische Rückfragen:

Univ.-Prof. Dr. Johann Willeit
Univ. Klinik für Neurologie
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstrasse 35, A-6020 Innsbruck
Tel.: +43 512 504-23903
Fax: +43 512 504-23987
e-mail: johann.willeit@i-med.ac.at

ao.Univ.-Prof. Dr. Stefan Kiechl
Universitätsklinik für Neurologie
Tel.: +43 512 504 26274
e-mail: Stefan.Kiechl@i-med.ac.at


Medienkontakt:
Mag.a Doris Heidegger
Medizinische Universität Innsbruck
Öffentlichkeitsarbeit (Leitung Mag. Amelie Döbele)
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Communication, Public Relations & Media
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