search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

Tiroler "Bantu Siderose"

Traditionell wird Bier im südlichen Afrika in Stahlgefäßen gebraut und hat deshalb einen hohen Eisengehalt. Dies wurde bislang als Ursache für die Entwicklung von Eisenablagerungen in der Leber angesehen („Bantu Siderose“). In einer Tiroler Familie haben Innsbrucker Forscher eine ähnliche Form eines erblichen Eisenüberladungssyndroms beobachtet und einen genetischen Defekt im Ferroportin-Gen identifiziert.

Für den menschlichen Organismus ist Eisen ein lebenswichtiges Element, das unter anderem für die Bildung des Hämoglobins notwendig ist. Mit einem Zuviel an Eisen kann der Körper aber nur schlecht umgehen. Die Eisenüberladung des Gewebes kann bis zu einem Organversagen führen. Als Ursachen für derartige Überladungen wurden in der Vergangenheit sowohl umweltbedingte Gründe, als auch genetische Faktoren identifiziert. So sind bei Bantu sprechenden Schwarzafrikanern im südlichen Afrika histologische Hinweise für eine Eisenüberladung im Körper besonders häufig beobachtet worden, weshalb die Erkrankung auch als „Bantu-Siderose“ in die Literatur eingegangen ist. Ursache dafür ist der häufige Genuss von traditionell in Stahlfässern gebrautem Bier, das in Südafrika besonders beliebt und für seinen hohen Eisengehalt bekannt ist. Die häufigste Form der genetisch bedingten Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose wird mit Mutationen im HFE-Gen assoziiert. Jeder zehnte Europäer ist heterozygoter Anlageträger für Mutationen im Hämochromatosegen. Obwohl Homozygotie für Mutationen im HFE-Gen mit einer Hämochromatose assoziiert sein kann, entwickeln nur weniger als 25% der homozygoten Hämochromatose-Genträger eine Lebererkrankung. Das Auftreten der Hämochromatose wird durch Umweltfaktoren wie Eisenaufnahme, Alkoholkonsum oder Bluttransfusionen beeinflusst.

Eine Tiroler Familie betroffen

Das Verständnis von Eisenstoffwechselstörungen hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Seit der Entdeckung des HFE-Gens vor beinahe zehn Jahren ist zunehmend klar geworden, dass die klassische Hämochromatose eine polygenetische Erkrankung ist, deren Wirksamwerden durch Nahrung und Umwelt bestimmt wird. Bei Patienten mit Bantu-Siderose sind im Gegensatz dazu Polymorphismen im Ferroportin-1-Gen identifiziert worden. Vor mehr als fünfzehn Jahren wurde bei einer Tiroler Familie eine „Bantu Siderose“ histologisch diagnostiziert. Jetzt ist es der Arbeitsgruppe von Prof. Wolfgang Vogel, Leiter der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie gelungen, bei dieser Familie einen genetischen Defekt im Ferroportin-Gen zu identifizieren, der ursächlich mit der Eisenüberladung in Verbindung steht. Biochemische Untersuchungen haben weiters gezeigt, dass Mutationen im Ferroportin-1-Gen mit deutlich erhöhten Hepcidin-Spiegeln assoziiert sind. „Diese Beobachtung ist von besonderem Interesse, weil Hepcidin als zentraler Regulator des Eisenhaushaltes seine Funktion am Produkt des Ferroportin-Gens ausübt“, erklärt Dr. Heinz Zoller, der während eines zweijährigen Forschungsaufenthaltes als Wellcome Trust International Fellow an der University of Cambridge diese Arbeit vorangetrieben hat. „Die Tiroler ‚Bantu Siderose’ kann also als ‚Eisenhormonresistenz’ verstanden werden.“ Denn das Hepcidin reguliert normalerweise die Eisenaufnahme aus dem Darm. Bei dieser Mutation im Ferroportin-Gen kann es aber nicht wirken und es kommt zu einer unregulierten Eisenaufnahme aus der Nahrung. Überschüssiges Eisen wird in den Kupffer-Zellen der Leber, in der Milz und im Knochenmark gespeichert.

Untersuchungen gehen weiter

Eine klinisch-biochemische Studie über diesen Mechanismus der Eisenüberladung bei der Tiroler ‚Bantu Siderose’ sowie eine detaillierte Beschreibung der klinischen, biochemischen und histologischen Veränderungen hat die Arbeitsgruppe nun in der renommierten Fachzeitschrift Hepatology publiziert. Warum es bei dieser Form der Eisenüberladung nicht wie bei der klassischen Hämochromatose zu einer Lebererkrankung kommt, ist weiterhin unklar und soll in einer derzeit laufenden Untersuchung im Hepatologischen Labor weiter untersucht werden.