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Wandel im Publikationswesen?

Seit geraumer Zeit stöhnen die Universitätsbibliotheken über exorbitant steigende Kosten für wissenschaftliche Fachzeitschriften. Diesen Trend nutzen Projekte, die wissenschaftliches Wissen für den Benutzer kostenfrei online stellen. Finanziert werden diese Zeitschriften über Autorenbeiträge, die oft von den jeweiligen Forschungseinrichtungen getragen werden.

In den wissenschaftlichen Bibliotheken wurde längst die „Zeitschriftenkrise“ ausgerufen. Die Archive des Wissens geben schon jetzt den Löwenanteil ihrer Budgets für wissenschaftliche Zeitschriften aus. Trotzdem steigen die jährlichen Kosten für die Zeitschriften weiter stark an. In einem offenen Brief der Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für die Erwerbung und Bestandsentwicklung heißt es deshalb auch, „bei wissenschaftlichen Zeitschriften mit den von Ihnen geforderten Preisen sind Bibliotheken nicht nur zahlungsunwillig, sie sind in Kürze zahlungsunfähig.“ Stagnierende oder sinkende Bibliotheksbudgets und stark steigende Zeitschriftenpreisen zwingen die wissenschaftliche Community zum Nachdenken über Alternativen. Eine Möglichkeit, die in diesem Kontext immer wieder genannt wird, ist ein Paradigmenwechsel in Richtung „Open Access“.

Offener Zugang zu wissenschaftlichem Wissen

In der „Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ haben sich auf Initiative der deutschen Max-Planck-Gesellschaft zahlreiche Forschungsorganisationen zum Prinzip des offenen Zugangs bekannt. Auch der Genfer „UNO-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft“ hat sich im letzten Jahr in seiner Abschlusserklärung für die Unterstützung des freien Zugangs zu wissenschaftlichem Wissen ausgesprochen. Das britische Parlament befasst sich derzeit mit der Problematik und hat Vertreter von Verlagen und von „offenen“ Systemen zu Anhörungen geladen. Zum Boykott „überteuerter“ Verlage hat „Create Change“, eine Initiative amerikanischer Bibliotheken, unlängst aufgerufen. „Alle diese Initiativen haben aber nur dann einen Sinn, wenn den Worten auch Taten folgen“, so Dr. Heinz Hauffe von der Innsbrucker Universitätsbibliothek.

Open Access-Zeitschriften

Die Idee einer Public Library of Science (PLoS) entstand aus eben einer solchen Initiative. Knapp 30.000 Wissenschaftler aus über 170 Ländern hatten eine Erklärung unterzeichnet, in der die großen Fachverlage zur Freigabe der Publikationen ein halbes Jahr nach Veröffentlichung in den Fachzeitschriften auffordert wurden. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und einer millionenschweren Spende des Intel-Gründers Gordon Moore beginnt PLoS nun mit der Herausgabe eigener, freier Zeitschriften. Im vergangenen Herbst wurde PLoS Biology ins Leben gerufen, im Herbst dieses Jahres soll PLoS Medicine folgen. Ein ähnliches Projekt ist das britische BioMed Central, das bereits über 100 Zeitschriften mit Begutachtungsverfahren in seinem Repertoire hat. Diese Projekte finanzieren sich alle über Artikelarbeitsgebühren, die dann ermäßigt werden oder entfallen, wenn die jeweilige Forschungsinstitution Mitglied ist. Die Beiträge sind online kostenlos zugänglich und die Autorinnen und Autoren behalten ihr Copyright. BioMed Central wirbt darüber hinaus mit kurzen Begutachtungsverfahren von durchschnittlich sechs Wochen. Die Impact-Faktoren dieser Zeitschriften sind meist noch recht niedrig. Die liegt aber vor allem auch daran, dass diese Faktoren über drei Jahre errechnet werden und die meisten Zeitschriften erst sehr kurz auf dem Markt sind.

BioMed Central zählt inzwischen die Universitäten von Harvard, Princeton, Cornell, das NIH, die Max-Planck-Gesellschaft sowie sämtliche Universitäten in Großbritannien und Finnland zu seinen Kunden. In Österreich nutzen die Universität Wien und das IMP dieses Service. An der Medizinischen Universität Innsbruck wird eine solche Mitgliedschaft noch geprüft.

Heiße Debatten

Auch die etablierten Zeitschriften haben die Zeichen der Zeit erkannt. So läuft auf der Homepage von Nature seit März eine heiße Debatte über diese Frage. Dabei stellt etwa James Pringle vom ISI fest, dass Open Access-Zeitschriften die gleichen Impactfaktoren erreichen können wie andere Journals. Autoren sollten daher nicht davor zurückschrecken in solchen Zeitschriften zu publizieren, so Pringle. John Haynes vom britischen Institute of Physics geht nach den Erfahrungen mit eigenen Open Access-Zeitschriften davon aus, dass die beiden Publikationssysteme in Zukunft friedlich nebeneinander koexistieren werden, da jedes für sich spezielle Bedürfnisse abdecke. Inwieweit dies den Universitätsbibliotheken aus der finanziellen Bedrängnis helfen wird, bleibt dann allerdings abzuwarten.