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Junge Forscher ausgezeichnet

Neue Strategien gegen Morbus Alzheimer, die Schleusenwärter für Kalzium-Ionen und die Reifung dentritischer Zellen beschäftigen die drei jungen WissenschaftlerInnen, die am Freitag an der Medizinischen Universität Innsbruck mit den Preisen der Sanofi-aventis-Stiftung zur Förderung der medizinischen Forschung in Österreich ausgezeichnet wurden.

„Solche Preise sind für uns sehr wichtig, weil sie eine der wenigen Möglichkeiten sind, Anerkennung zu zeigen“, betonte Rektor Prof. Hans Grunicke beim Festakt zur Verleihung der Preise. „Anerkennung ist wichtig, weil sie die Motivation stimuliert, und diese ist für gute Grundlagenforschung unabdingbar“, so Grunicke weiter, der deutlich machte, dass das Klima für Grundlagenforschung derzeit nicht sehr günstig sei. Die Universitäten werden von der Politik zur Anwendungsorientierung gedrängt, und jeder einzelne Forscher ist angehalten, die ökonomische Verwertung seiner Ergebnisse ständig vor Augen zu haben. „Die hehre Idee des Erkenntnisgewinns wurde von Profitstreben abgelöst. In dieser Zangenbewegung kann der Grundlagenforschung die Luft ausgehen“, so Prof. Grunicke. Es müsse daher immer wieder klar gemacht werden, wie wichtig die Grundlagenforschung für die Universitäten, die Wirtschaft und die Gesellschaft sei. Dr. Hubert Dreßler, General Manager der Sanofi-Aventis-Gruppe in Österreich, schloss sich den Worten Grunickes an und zeigte sich stolz über die lange Tradition dieses Preise, der in den letzten 38 Jahren auch so manche Namensänderungen gut überstanden hat. Die Preisträger und deren Arbeiten wurden dann von Prof. Günther Sperk vorgestellt.

Die PreisträgerInnen:

Dr. Nicole C. Kaneider (geb. 1975 in Innsbruck) hat in Innsbruck und Freiburg Medizin studiert und an der Universitätsklinik für Innere Medizin ihre Facharztausbildung absolviert. Seit Jänner 2004 forscht sie mit einem Erwin Schrödinger Stipendium im Hemostasis Thrombosis Laboratory am New England Medical Center der Tufts Universität Boston. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Neuroimmunologie und der Zusammenhang von Sepsis und Gerinnung.

Neue Strategien gegen Morbus Alzheimer: Die Ansammlung von Amyloid-Beta-Protein und entzündliche Prozesse sind offenbar wesentliche Mechanismen für die Entstehung der Alzheimer-Demenz. Dr. Nicole Kaneider wurde für eine Arbeit über die mögliche Wirkung des neuen Transplantationsmedikaments FTY720 gegen diese Krankheit ausgezeichnet. „Die Ansammlung von entzündungsfördernden mononukleären Immunzellen in den Plaques aus Amyloid-Beta ist ein wesentliches Merkmal der Immunreaktion und kann den Abbau von Nervenzellen bei der Alzheimer-Krankheit in Gang setzen bzw. vorantreiben“, so die Preisträgerin, die zeigen konnte, dass FTY720 offenbar selbst ein „Lockmittel“ für die Immunzellen darstellt. „Dadurch wird die Migration von Monozyten gegen Beta-Amyloid in zweifacher Weise gehemmt, die Monozyten bleiben somit im Blutgefäß." Einerseits blockiere FTY720 die Anlockung der Immunzellen durch Entzündungs-Botenstoffe, andererseits werde an der Oberfläche der Abwehrzellen die Expression der für die Aktivierung notwendigen Rezeptoren für Sphingosin-1-Phosphat verändert. „Unsere Daten eröffnen eine völlig neue Perspektive in der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für neurodegenerative Erkrankungen“, so Kaneider. Gleichzeitig werde das Verständnis der Wirkungsmechanismen von FTY720 um seinen offenbar starken antientzündlichen Effekt erweitert. In diesem Zusammenhang gäbe es auch bereits einen Patentantrag.

Dr. Gerald Obermair (geb. 1976 in Salzburg) studierte an der Universität Salzburg und der Bowling Green State University Zoologie. Seit zwei Jahren forscht er im Labor von Prof. Bernhard Flucher am Department für Physiologie und Medizinische Physik der Medizinischen Universität Innsbruck, seit diesem Jahr mit einem eigenen FWF-Projekt.

Schleusenwärter für Kalzium-Ionen: Das Team um Dr. Gerald Obermair hat die Funktion einer Untereinheit eines Kalzium-Kanals im Muskel aufgeklärt. „Spannungsaktivierte Kalzium-Kanäle für Kalzium-Ionen sind wichtige Signalproteine. Die Kanäle bestehen aus einer Einheit, die in der Zellmembran eine Pore bildet, durch die die Kalzium-Ionen strömen können. Dazu kommen noch andere Untereinheiten. Jenes Protein, das man Alpha2-Delta-1 nennt, spielt im Skelettmuskel eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Öffnungsgeschwindigkeit von Kalzium-Kanälen“, erklärt Gerald Obermair. Die genaue Funktion dieser Kalzium-Kanal-Untereinheit in Gewebezellen war bisher im Detail nicht bekannt. Zur Beschreibung nutzten die Forscher die so genannte RNA-Interferenz um jenes Gen weitgehend auszuschalten, das für die Bildung der Untereinheit zuständig ist. Für die Zukunft wichtig: Die RNA-Interferenz eignet sich für Studien an spezialisierten Gewebezellen. Diese Studien sind vermehrt notwendig, weil Erkenntnisse aus herkömmlichen Modellen nur teilweise auf Gewebezellen übertragen werden können. Zweitens sollte das Modell auch helfen, die Rolle dieses Bestandteils der Kalzium-Kanäle im Herzmuskel und im Nervensystem genauer zu untersuchen. Dies kann auch helfen, die Entstehung von Epilepsie und Nervenschmerzen besser zu verstehen.

Dr. Reinhold Ramoner (geb. 1969) studierte an der Universität Innsbruck Mikrobiologie und arbeitet seit seiner Diplomarbeit im Labor für Immunologie und Immuntherapie der Universitätsklinik für Urologie, seit 2001 als Postdoktorand. Reinhold Ramoner ist auch im Rahmen des kompetenzzentrums medizin tirol (kmt) tätig.

Wie dentritische Zellen reifen: Dendritische Zellen durchlaufen einen Ausreifungsprozess bevor sie ihre Wächterfunktion übernehmen können. Das Team um Dr. Reinhold Ramoner hat in einer der ersten derartigen Studien die Rolle eines bestimmten Enzyms bei der Ausreifung der Dendritischen Zellen untersucht. „Sekretorische Phospholipase A2 ist eine Familie von Enzymen, die von Zellen in ihre Umgebung abgegeben werden und in hohen Konzentrationen in Entzündungsherden vorkommen“, erklärt Dr. Ramoner. Deshalb ist es verständlich, wenn bei Asthma, septischem Schock oder Autoimmunerkrankungen erhöhte Konzentrationen an sPLA2 gemessen werden. Die Forscher untersuchten deshalb die Wirkung des Enzyms auf die Dendritischen Zellen. Dazu verwendeten sie sPLA2 aus dem Gift von Bienen und inkubierten damit unreife Dendritische Zellen. "Wir konnten zeigen, dass humane Dendritische Zellen, die sich aus Monozyten entwickelt haben, selbst keine sPLA2-Aktivität aufweisen. Sie reagieren aber auf sPLA2 sowie auf Immunbotenstoffe wie TNF-alpha und Interleukin-1beta“, so Ramoner. Die Forschungsergebnisse könnten für aktuelle Projekte Bedeutung haben: International wird versucht, auf der Basis von mit Tumorantigenen beladenen Dendritischen Zellen zum Beispiel wirksame Krebsvakzine zu entwickeln. Hier könnte sPLA2 einerseits die Reifung der Dendritischen Zellen verbessern helfen, andererseits dazu verwendet werden, die Effektivität eines Impfstoffes zu optimieren.

Unterstützung für Jungforscher

Den Medizinischen Universitäten von Innsbruck, Graz und Wien wird seit 1964 jährlich ein namhafter Betrag zur Verfügung gestellt. Diese Summe wird nach der Zahl der Medizinischen Institute und nach der Zahl der Kliniken an den einzelnen Universitäten verteilt. Auf Innsbruck entfiel heuer ein Preisgeld von 10.800 Euro. Dieses wurde den drei Preisträgern zu gleichen Teilen zugesprochen. Beworben hatten sich 16 Forscher bzw. Forschungsgruppen um die Preise. Bestimmt wurden die Preisträger von einem Kuratorium aus Professoren an der Universität.