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Neues Transportprotein für Vitamin E

Ein Team der Sektion für Genetische Epidemiologie des Departments für Medizinische Genetik, Molekulare und Klinische Pharmakologie der Medizinischen Universität arbeitet seit längerem an der Charakterisierung eines Bindungsproteins für das Vitamin E. Ihre jüngsten Ergebnisse eröffnen viel versprechenden Perspektiven für Diagnose und Therapie zahlreicher Erkrankungen.

Das Vitamin E-Bindungsprotein Afamin wurde erstmals 1994 als viertes Mitglied der Albumin-Genfamilie beschrieben. Es kommt im Blutplasma und in extravaskulären Körperflüssigkeiten wie Gehirn-, Samen- und Follikelflüssigkeit vor. Wie die drei ersten Mitglieder der Albumin-Genfamilie übernimmt auch das Afamin wichtige Transportfunktionen im menschlichen Organismus. Das Innsbrucker Team um Prof. Hans Dieplinger konnte zeigen, dass Afamin die Vitamin E-Isoform mit der höchsten biologischen Aktivität, Alpha-Tocopherol, in vivo bindet. Alpha-Tocopherol erfüllt mehrere Funktionen, deren meistbeachtete bisher die als Antioxidans in verschiedensten Geweben ist. Erst kürzlich wurde seine Eigenschaft als Modulator zellulärer Regelkreise wie Adhäsion, Proliferation und Apoptose beschrieben. Ein Mangel an diesem Vitamin führt zu chronischen Erkrankungen wie Arteriosklerose, koronare Herzerkrankung, Immunschwäche, verschiedene Krebserkrankungen und neurologischen Störungen, die eine starke oxidative Stresskomponente besitzen. Die Behandlung dieser Krankheitsbilder mittels Vitamin E-Substitution ergab allerdings kontroversielle Resultate.

Eine Zufallsentdeckung

Die Arbeitsgruppe um Prof. Hans Dieplinger entdeckte das Afamin eher zufällig. „Wir haben vor 15 Jahren begonnen, an einem anderen Protein zu arbeiten und landeten eigentlich unbeabsichtigt beim Afamin, das damals noch unbekannt war“, erzählt Hans Dieplinger. Eine amerikanische Gruppe kam den Innsbrucker Forschern dann bei der Publikation der Erstbeschreibung des Afamin zuvor. Es gelang ihnen aber nicht, dem Protein eine Funktion zuzuordnen. „Wir hatten den Vorteil, dass wir von der funktionellen Seite kamen und nach einem Bindungsprotein für das Vitamin E suchten. Damit hatten wir hier einen entscheidenden Vorteil“, betont Prof. Dieplinger. Nach der exakten biochemischen Charakterisierung haben sich die Innsbrucker Forscher in den letzten Jahren verstärkt der biologischen und medizinischen Bedeutung des Afamin zugewandt. So wurde in Zellkulturen untersucht, inwiefern das Protein aufgrund seines Vitamin E Bindungspotentials das Nervensystem vor Schädigung durch Radikale schützt. Seit kurzem überprüfen die Wissenschaftler ihre These in Kooperation mit dem Institut für Humangenetik in Göttingen am Tiermodell. Die viel versprechenden Ergebnisse sollen in Kürze veröffentlicht werden. Afamin könnte so als therapeutische Alternative für neurodegenerative Erkrankungen etabliert werden. In den vergangenen Jahren ebenfalls gezeigt werden konnte, dass das Protein bei der Fertilität eine entscheidende Rolle spielt. Hier steht der Einsatz des Afamin als diagnostischer Marker in der Follikelflüssigkeit im Raum.

Anwendungsnahe Forschung

In einer umfassenden Darstellung haben Prof. Dieplinger und seine Kollegen diese Erkenntnisse nun im Journal of Proteome Research veröffentlicht. Das obige Bild zeigt das räumliche Molekülmodell von Afamin, das aus dieser Publikation stammt (mit Erlaubnis der American Chemical Society, Copyright 2005). Ihre Forschungen gehen aber noch weiter. So wird derzeit untersucht, ob das Afamin auch ein möglicher Marker für bestimmte Karzinome sein könnte, da erste Untersuchungen einen entsprechenden Zusammenhang nahe legen. Dazu trägt das Spin-off Unternehmen Vitateq, ein Partner des Kompetenzzentrums Medizin Tirol (KMT), entscheidend bei. Gemeinsam mit einem weiteren universitätsnahen Unternehmen, Biocrates Life Sciences, wird abgeklärt, ob das Afamin noch andere Funktionen erfüllt. „Es ist kaum vorstellbar, dass ein so komplexes Protein nur für den Vitamin E Transport zuständig ist. Möglich wäre zum Beispiel, dass weitere hydrophobe Liganden an Afamin gebunden werden“, so Prof. Dieplinger abschließend.