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Risikoabschätzung mit Predictomics

Anfang September starteten Physiologen und Nephrologen der Medizinischen Universität Innsbruck unter Leitung von Prof. Walter Pfaller ein EU-Projekt zur Risikoabschätzung der toxischen Langzeitwirkung von Medikamenten und Chemikalien. Ziel des Projekts ist die Etablierung von Zellkultursystemen humanen Ursprungs für Leber und Niere, die Tierexperimente ersetzen können.

Die Entwicklungszeit neuer Pharmaka kann beträchtlich verkürzt werden, wenn für den Menschen schädliche Nebenwirkungen schon frühzeitig im Entwicklungsprozess erkannt werden. Akute Toxizität kann im Rahmen der präklinischen Prüfung von neuen Medikamenten relativ sicher und schnell identifiziert werden. Die Vorhersage von Langzeitfolgen hingegen ist äußerst schwierig und basiert bis heute ausschließlich auf Tierversuchen. Diese sind jedoch sehr kostenintensiv, zeitaufwendig, ethisch oft fragwürdig und häufig nicht relevant für den menschlichen Organismus. In dem Projekt „Predictomics“ untersuchen die Wissenschaftler nun die Wirkungen und Nebenwirkungen bestimmter Pharmaka und Chemikalien auf Leber und Niere im Labor. Dabei sollen die physiologischen Verhältnisse der beiden Organe bestmöglich simuliert werden. Erreicht wird dies mit Hilfe von Co-Kulturen humaner Leber- und Nierenzelltypen, Stammzell-Technologien und der Verwendung von Perfusions- und dreidimensionalen Zellkultursystemen. Die durch bestimmte Wirkstoffe verursachten Veränderungen sollen am Modell von Leber und Niere durch eine Kombination toxiko-genomischer, toxiko-proteomischer und cytomischer Methoden erreicht werden. In der Folge soll eine Screening-Plattform entwickelt werden, die eindeutige Voraussagen über die Entstehung chronischer Leber- und Nierenerkrankungen ermöglicht.

Integrativer Ansatz

Das besondere an dem Projekt ist die erstmalige Integration der drei wesentlichen Funktionsebenen von Zellen: des Genoms, des Proteoms als Expressionsprodukt und des daraus resultierenden Funktionsphenotyps der entsprechenden Zelle. Nur mit Hilfe eines derartigen Ansatzes werden sich solche Systeme zur Vorhersage chronischer Toxizität beim Menschen in Zukunft einsetzen lassen. Eine erfolgreiche Entwicklung würde das Risiko für die Entstehung von chronischen Erkrankungen von Leber und Niere durch lange dauernde toxische Nebenwirkungen abschätzbar machen. Die EU-weite Offensive dient langfristig auch dazu die derzeit von Behörden vorgeschriebenen Tierexperimente zu ersetzen. Die Behandlung chronischer Erkrankungen der Leber und der Niere verursacht überdies erhebliche Kosten in den Gesundheitssystemen aller EU-Länder.

Internationale Zusammenarbeit

Koordiniert wird das Projekt von Prof. José Castell von der Universität Valencia und Prof. Walter Pfaller vom Institut für Physiologie sowie Prof. Gert Mayer von der Abteilung für Nephrologie der Uniklinik für Innere Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Das Projekt „Predictomics“ wurde als einziges STREP(special targeted research)-Projekt im Rahmen der 1. Ausschreibung des 6. EU-Rahmenprogramms zum Thema “Lifesciences – Advanced Genomics and its applications for health” genehmigt und finanziert. In dem Projekt arbeiten 14 Forschungsgruppen aus Universitäten und Industrieunternehmen in 8 europäischen Ländern mit.

MyPoint stellt in einer losen Folge die im 6. EU-Rahmenprogramm anlaufenden Forschungsprojekte an der Medizinischen Universität Innsbruck vor. Bereits im Mai wurde über ein EU-Netzwerk gegen Herzkrankheiten berichtet.