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„Der FWF ist der Sensor der österreichischen Forschung.“

Der Wissenschaftsfonds FWF ist Österreichs einzige Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung. Seit einem Jahr steht Prof. Georg Wick vom Institut für Pathophysiologie dem Wissenschaftsfonds als Präsident vor. Die MyPoint-Redaktion sprach mit ihm über den FWF, die Reform der österreichischen Forschungsförderung und die Zukunft der Medizinischen Universität.

MyPoint: Herr Prof. Wick, Sie leiten nun seit über einem Jahr Österreichs wichtigste Förderungseinrichtung für Grundlagenforschung. Wie sind Sie mit der Arbeit des Wissenschaftsfonds zufrieden?

Prof. Wick: Die Arbeit des Fonds basiert auf fünf grundlegenden Prinzipien, die ich gerne als die „Edelsteine“ des FWF bezeichne. Dies sind die Autonomie, die Gleichbehandlung aller wissenschaftlichen Disziplinen, die Qualität als einziges Kriterium für die Mittelzuteilung, ein Begutachtungsverfahren ausschließlich mit ausländischen Gutachtern – was einzigartig in Europa ist – sowie ein konsequenter Bottom-up-Ansatz. Das unlängst durchgeführte Evaluierungsverfahren hat uns bestätigt, dass wir in unserem Kerngeschäft sehr gute Arbeit leisten. Mit unserem großen Stipendiensystem finanzieren wir derzeit rund 2.000 wissenschaftliche Stellen in Österreich. Um die von mir genannten „Edelsteine“ beneiden uns viele.

Es sind beim FWF aber auch Veränderungen nötig. Die Stärken in der Forschung müssen gestärkt werden, und Schwächen sind zu beheben. Dafür haben wir zum Beispiel im Rahmen der Spezialforschungsbereiche mit der FWF-Forschungsprofessur ein Instrument entwickelt, mit dem gezielt Schwachstellen behoben werden können. Wird in einem bestimmten Bereich ein Defizit erkannt, dann wollen wir mit befristeten Professuren aushelfen. Wichtig ist dabei, dass diese nicht einfach in die Landschaft gestellt werden, sondern im Einvernehmen mit den Universitäten eng an die Spezialforschungsbereiche angebunden werden.

MyPoint: Die österreichische Forschungspolitik hat sich in den letzten Jahren verstärkt um die anwendungsorientierte Forschung bemüht. Sehen Sie dadurch die Förderung der Grundlagenforschung in Gefahr?

Prof. Wick: Der österreichischen Regierung ist es gelungen, Wissenschaft und Forschung in Österreich zu einem Markenartikel zu machen. Das muss man anerkennen! Auch hat die Regierung mehr Geld in die Forschung investiert als bisher. Dass dieses Geld in Form von Sondermitteln vor allem in angewandte Forschung und zuwenig in die Grundlagenforschung geflossen ist, mag daran liegen, dass den Bürgern anwendungsorientierte Forschung leichter zu verkaufen ist.

Wir müssen also Verständnis dafür schaffen, dass die Anwendungen von morgen auf den Erkenntnissen von heute basieren. Die Industrie investiert in die Gegenwart, die Politik sollte aber in die Zukunft investieren. Der FWF ist der Sensor der österreichischen Forschung. Seine Aufgabe ist es, die gescheitesten Köpfe zu identifizieren und ihnen die Möglichkeit zu bieten, erkenntnisorientiert aber für mögliche Anwendungen offen zu forschen. Wie wichtig dabei die Rolle des Fonds ist, zeigt ein Blick auf die Statistik. Die ForscherInnen an unserem Institut konnten z.B. von 1997 bis 2002 auf 2.393 Zitierungen verweisen, nur 752 – also ein knappes Drittel davon – bezogen sich auf Ergebnisse, die nicht mit Unterstützung des FWF entstanden.

MyPoint: Wie sieht ihre persönliche Bilanz nach einem Jahr Präsidentschaft aus? Welche Ziele möchten Sie in Ihrer Funktion noch verwirklichen?

Prof. Wick: Ein paar gute Sachen sind mir schon gelungen. So ist die Erhaltung der Autonomie ganz entscheidend für die unabhängige Arbeit des Fonds. Mit beträchtlichen Vorgriffen konnten wir im letzten Jahr das höchste Vergabebudget (100 Mio. Euro) in der Geschichte des FWF für die Grundlagenforschung einsetzen. Allerdings konnten wir nur 26% der beantragten Fördersumme und damit nur die super-exzellente Forschung fördern. Viele gute Projekte bleiben auf der Strecke. Hier geht sehr viel Know-how verloren. Deshalb streben wir ein Förderbudget von 130 Mio. Euro an.

Wir haben zahlreiche neue Programmideen entwickelt, wie die schon erwähnte FWF-Forschungsprofessur oder „Translational Research“, wodurch die Lücke zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung weiter geschlossen werden soll. Mir schwebt weiters ein Programm „Meitner-Junior“ vor, das vor allem jungen Forschern aus Osteuropa und vom Balkan die Möglichkeit zur Forschung in Österreich bieten soll. Wir sollten in diesen Ländern unbedingt Flagge zeigen.

Nach meiner Idee sollten dem Fonds auch Mittel für Strukturmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Damit könnten z.B. jene Geräte finanziert werden, die durch Projektförderungen nicht abgedeckt sind. Darüber hinaus sind die Overhead-Kosten ein wichtiges Thema. Erfolgreiche FWF-Antragsteller sollten von den Universitäten nicht als finanzielle Last empfunden werden.

MyPoint: Nach intensiven Versuchen die Universität Innsbruck als Einheit zu erhalten, ist die Trennung nun doch Realität geworden. Wie sehen Sie diese Entwicklung und welche Perspektiven hat die Medizinische Universität?

Prof. Wick: Es waren vor allem zwei Aspekte, die zur Trennung der Universität Innsbruck geführt haben: zum einen finanzielle Gründe, zum anderen aber auch eine gewisse Entfremdung zwischen Hauptuniversität und Medizin. Veränderung muss sein, dagegen wehre ich mich nicht. Ich finde es nur schade, wenn Jahrhunderte alte Traditionen durch momentane Fehlentwicklungen zerstört werden. Jetzt ist es so, und wir müssen zu neuen Ufern aufbrechen.

Über die Zukunft mache ich mir keine Sorgen, denn wir sind sehr gut. Innsbruck bietet außerdem eine enorme Lebensqualität, von der schönen Natur bis zum kulturellen Angebot. Zudem verfügen wir quasi über einen Campus, was die Zusammenarbeit sehr erleichtert. Auch die Fördermittel sind vorhanden. Tirol ist hier wirklich vorbildlich, sowohl was die Förderung der Universitäten als auch der außeruniversitären Forschungseinrichtungen angeht. Es ist alles da, es liegt also sicher nicht an den strukturellen Bedingungen.

MyPoint: Was ihre Struktur angeht hat die Universität nun die Chance quasi von Null zu beginnen. Welche Grundüberlegungen sollten diesen Prozess leiten?

Prof. Wick: Bei der Reorganisation sollte sehr vorsichtig vorgegangen werden. In der letzten Zeit haben wir schon sehr viel verändert. Der neue Studienplan stellt vieles auf den Kopf. Nun bekommen wir eine Einteilung in Divisions und Arbeitsgruppen. Hier sollte meines Erachtens eine qualitätsbezogene Ressourcenverteilung ansetzen. Unsere größte Chance ist jetzt die Förderung junger Arbeitsgruppen. Hier hätte der Rektor die Möglichkeit, ganz spezifisch zu fördern.